Der Aufsichtsrat hat im Geschäftsjahr 2021/22 die ihm nach Gesetz und Satzung zukommenden Aufgaben im Rahmen von vier Plenarsitzungen, drei Sitzungen des Prüfungsausschusses und vier Sitzungen des Präsidialausschusses wahrgenommen.
In den Plenar- und Prüfungsausschusssitzungen hat der Vorstand über den Gang der Geschäfte und die Lage der Gesellschaft einschließlich der finanziellen Gebarung schriftlich und mündlich umfassend Auskunft gegeben.
In seinen Sitzungen befasste sich der Aufsichtsrat neben den laufenden Berichten über die aktuelle geschäftliche und finanzielle Situation der Unternehmensgruppe vor allem mit den die Zukunft bestimmenden Themen Nachhaltigkeit und Innovationen sowie Digitalisierung und Informationstechnologie. Den Schwerpunkt bildeten dabei mögliche Zukunftsszenarien für eine CO2-reduzierte Stahlerzeugung an den Standorten in Linz und Donawitz. In diesem Zusammenhang hat der Aufsichtsrat in seiner Sitzung im März 2022 als einen ersten Schritt zur Dekarbonisierung der Stahlerzeugung eine wichtige Entscheidung für den Umstieg des voestalpine-Konzerns von der kohlebasierten Hochofentechnologie auf die mit Strom aus nachhaltigen Quellen betriebene Elektrolichtbogenofen-Technologie getroffen. Der Konzern startet noch im Sommer 2022 mit der Freimachung des notwendigen Baugeländes sowie mit infrastrukturellen Umbauarbeiten an beiden Stahlstandorten. Die dafür veranschlagten Investitionskosten belaufen sich in der ersten Phase auf einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag. Noch im laufenden Geschäftsjahr hat der Aufsichtsrat final über die Investition in die elektrizitätsbasierte Technologie als Teilersatz für die aktuelle hochofenbasierte Erzeugungsroute zu entscheiden. Der Bau der neuen Anlagen wird 2024 starten. Anfang 2027 soll jeweils ein Elektrolichtbogenofen in Linz und Donawitz in Betrieb gehen. Die Gesamtinvestitionskosten betragen aus heutiger Sicht rund 1 Mrd. EUR. Durch diese Technologieumstellung können die CO2-Emissionen des voestalpine-Konzerns um rund 30 % – und damit erstmals signifikant – gesenkt werden. Dies entspricht einer Einsparung von 3 bis 4 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr und somit rund 5 % der jährlichen CO2-Emissionen Österreichs. Langfristig strebt das Unternehmen eine CO2-neutrale Stahlproduktion vornehmlich auf Basis grünen Wasserstoffs an und forscht bereits in einem fortgeschrittenen Stadium an vielversprechenden Breakthrough-Technologien.
Zudem hat sich der Aufsichtsrat im Geschäftsjahr 2021/22 – wie auch im Geschäftsjahr zuvor – mit strategischen Optionen für die Direktreduktionsanlage zur Erzeugung von Eisenschwamm (Hot Briquetted Iron – HBI) in Texas, USA, auseinandergesetzt und in seiner Sitzung am 22. März 2022 einen mehrheitlichen Verkauf des Unternehmens genehmigt. Auf dieser Basis hat der Vorstand am 14. April 2022 mit ArcelorMittal einen Vertrag zur Abgabe von 80 % der Anteile an voestalpine Texas Holding LLC unterzeichnet. Teil der verbleibenden voestalpine-Beteiligung im Ausmaß von 20 % ist eine Vereinbarung zur langfristigen Lieferabsicherung von jährlich 420.000 Tonnen des in Corpus Christi produzierten HBI. Diese Versorgung ist die Basis für die zuvor beschriebenen ersten Schritte zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion in Linz und Donawitz. Zudem reduziert die Partnerschaft das Spotmarktrisiko für die von der voestalpine nicht benötigten Mengen. Die Produktionskapazität des HBI-Werkes in Texas, USA, beträgt rund 2 Mio. Tonnen pro Jahr. Von der Rechtswirksamkeit („Closing“) der Transaktion ist Ende Juni 2022 auszugehen.
Der Präsidialausschuss befasste sich neben dem Thema der Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung auch mit einer Änderung der Vergütungspolitik für die Mitglieder des Aufsichtsrates, welche der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 8. Juni 2021 und die Hauptversammlung am 7. Juli 2021 beschlossen haben.
Der Prüfungsausschuss befasste sich insbesondere mit der Vorbereitung und Prüfung des Konzern- und Einzelabschlusses der voestalpine, der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers sowie mit Themen – aber auch der Weiterentwicklung – des Internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und der Internen Revision.
Der Abschlussprüfer, die Deloitte Audit Wirtschaftsprüfungs GmbH, hat an allen drei Prüfungsausschusssitzungen im Geschäftsjahr 2021/22 teilgenommen und stand für Fragen und Diskussionen zur Verfügung.
In der Sitzung des Aufsichtsrates am 22. März 2022 hat Dr. Joachim Lemppenau seine Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrates mit Ende März 2022 zurückgelegt und der Aufsichtsrat in der Folge Dr. Wolfgang Eder mit Wirkung zum 1. April 2022 zu seinem neuen Vorsitzenden gewählt. Dr. Lemppenau wird bis zum Ende seiner aktuellen Funktionsperiode – das heißt bis zur Hauptversammlung 2024 – weiterhin dem Aufsichtsgremium als Mitglied zur Verfügung stehen.
In der Sitzung am 22. März 2022 führte der Aufsichtsrat zudem die gemäß Regel 36 des Corporate Governance-Kodex vorgesehene Selbstevaluierung durch und behandelte ohne Beisein des Vorstandes anhand einer Frageliste die generelle Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, Qualität und Umfang der dem Aufsichtsrat zur Verfügung gestellten Unterlagen sowie organisatorische Fragen.