Rohstoffe

      Hatte bereits in den Vorjahren eine sehr volatile Entwicklung die Preise der maßgeblichen Rohstoffe für die Stahlerzeugung geprägt, so brachte das Geschäftsjahr 2021/22 zum Teil erratische Preisausschläge an den internationalen Spotmärkten. Der Trend einer zueinander gegenläufigen Entwicklung wesentlicher Einsatzstoffe in der Stahlindustrie hat sich im Berichtsjahr 2021/22 ebenfalls verstärkt: Ein Ergebnis daraus, dass die Rohstoffpreise nicht nur nachfrageseitig beeinflusst wurden, sondern insbesondere auch beträchtlichen Schwankungen auf der Angebotsseite ausgesetzt waren. So beschränkten im Geschäftsjahr 2021/22 unter anderem heftige Regenfälle – im Jänner 2022 in Brasilien bzw. im März 2022 an der Ostküste Australiens – sowie die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie den Abbau und die Logistik. Im 4. Geschäftsquartal reduzierte der Ausbruch des Ukraine-Krieges die globale Verfügbarkeit bedeutender Einsatzmaterialien für die Stahlproduktion: Stammt doch ein erheblicher Anteil von Eisenerz, Kokskohle sowie bestimmter Legierungsarten aus den Krisengebieten in der Ukraine und Russland. Beige­tragen zu den hohen Rohstoffkosten an den internationalen Spotmärkten im Geschäftsjahr 2021/22 haben zudem signifikant gestiegene Transport- und Logistikkosten als unmittelbare Konsequenz von COVID-19. Auch bei den Energiepreisen kam der Entwicklung in Russland und der Ukraine eine bestimmende Rolle zu. Bereits im Herbst 2021 ist der Preis für Erdgas in Europa angesichts verringerter Gaslieferungen in die Höhe geschnellt. Der Beginn des Ukraine-Krieges hat diese Dynamik noch deutlich verstärkt. Die Preissteigerungen bei Erdgas wirkten sich in der Folge unmittelbar auf die Entwicklung des Strompreises aus.

      Eisenerz

      Mit etwa 165 USD (CFR China) je Tonne stand der Spotmarktpreis zu Beginn des Geschäftsjahres 2021/22 historisch betrachtet bereits auf einem hohen Niveau. In China, dem mit Abstand mengenstärksten Stahlproduzenten, unterstützten Infrastrukturmaßnahmen sowie der Immobilien­sektor die Nachfrage nach Eisenerz. Der Ausbau der Kapazitäten in Australien, dem weltweit bedeutendsten Produzenten von Eisenerz, hat sich nach Jahren umfangreicher Expansion in den vergangenen Jahren abgeflacht. Zusätzlich sind nach dem Dammbruch einer Eisenerzmine im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais im Jänner 2019 bis dato noch nicht alle Kapazitäten auf den Markt zurückgekommen. Angesichts robuster Erholungstendenzen der globalen Stahl­industrie, insbesondere aber einer Rekordstahlproduktion von China in der 1. Kalenderjahreshälfte 2021, ist das globale Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage bei Eisenerz aus den Fugen geraten. Der Höhenflug der Preise an den Spotmärkten hielt bis Juli 2021 ungebremst an und erreichte ein Rekordniveau von 220 USD je Tonne. Damit wurde historisch zum ersten Mal die 200-Dollar-Marke beim Preis für Eisenerz überschritten. In den folgenden Monaten ist der Preis jedoch um fast 60 % auf etwa 90 USD je Tonne eingebrochen. Der Auslöser dafür waren politisch moti­vierte Maßnahmen der chinesischen Regierung, einer Überhitzung der Rohstoffmärkte entgegenzuwirken bzw. Lenkungseffekte zur Ein­dämmung der Luftverunreinigung zu setzen. Die Drosselung chinesischer Infrastrukturprojekte führte sehr rasch zu einem Rückgang der Stahlproduktion und zu einem entsprechend rückläufigen Bedarf nach Eisenerz. Erst der Aufbau von Eisenerzvorräten im Vorfeld von „Chinese New Year“ bzw. den Olympischen Winterspielen gegen Ende des Kalenderjahres 2021 führte zu einer Trend­umkehr bei den Preisen. Widrige Wetterbedingungen in Brasilien im Jänner 2022 trugen ebenfalls dazu bei, dass sich die Preise verfestigten. Auch in der Folge blieb das Preisniveau im Lichte des Ukraine-Krieges und des damit ein­geschränkten Eisenerzangebots hoch. Gegen Ende des Geschäftsjahres 2021/22 notierte der Preis für Eisenerz schließlich bei rund 150 USD je Tonne.

      Kokskohle

      Wie bereits in den vergangenen Jahren be­stimmte auch im Geschäftsjahr 2021/22 die Entwicklung der Angebotsseite maßgeblich die Preisbewegungen von Kokskohle an den internationalen Spotmärkten. Dabei gestaltete sich der Preisverlauf für die metallurgische Kohle gänzlich anders als bei Eisenerz. So bewegte sich der Preis für hochwertige Kokskohle zu Beginn des Geschäftsjahres mit etwa 115 USD je Tonne (FOB Australien) trotz einer dynamischen Entwicklung des chinesischen Stahlsektors auf einem sehr niedrigen Niveau. Erste Anzeichen eines Preisauftriebs zeichneten sich bereits ab Juni 2021 ab, wobei sich der Trend über den Sommer signifikant verstärkte. Per Ende September 2021, also just mit der beginnenden Abschwächung der Stahlnachfrage in China, lag der Kokskohlepreis mit knapp über 400 USD je Tonne auf einem Allzeithoch. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Bereits in den vergangenen Jahren wurde in China der Kohleabbau aus Gründen des Umweltschutzes zurückgefahren. Im 1. Halbjahr 2021/22 führten dann Überschwemmungen und Unfälle in Kohlebergwerken im Zusammenspiel mit COVID-19-bedingten Grenzschließungen zur Mongolei, dem mittlerweile wichtigsten Importeur von metallurgischer Kohle für China, zu einem Angebotsschock. Aufgrund der politischen Spannungen zwischen Australien und China haben sich die internationalen Warenströme bei metallurgischer Kohle neu ausgerichtet. Während sich China neben der Mongolei international nunmehr verstärkt an amerikanische Kohleminen wendet, decken zahlreiche asiatische und europäische Stahlproduzenten ihren Kohlebedarf vermehrt aus den großen australischen Bergbauminen. Auch im 2. Halbjahr 2021/22 verharrten die Zukaufskosten für Kokskohle auf sehr hohem Niveau, ehe der Preis Mitte März 2022 als Folge des Ukraine-Krieges schließlich auf 660 USD je Tonne kletterte. Neben dem erschwerten Zugang zu russischer Kohle führten heftige Regenfälle an der Ostküste Australiens zu einer weiteren Verknappung des Angebots in einer bereits angespannten Versorgungslage. Gegen Ende des Geschäftsjahres 2021/22 fiel der Preis für Kokskohle wieder etwas und notierte schließlich bei zirka 560 USD je Tonne.

      Stahlschrott

      Hochqualitativer Schrott wird in der hochofenbasierten Stahlerzeugung ergänzend zu Roheisen eingesetzt bzw. bildet bei der Stahlproduktion mittels Elektrolichtbogenöfen die Hauptrohstoffbasis. Während die Stahlindustrie in Europa mit Beginn des Kalenderjahres 2021 ihre Kapazitäten wieder hochgefahren hat, verharrten die Produktionszahlen der europäischen Autoindustrie – einem Hauptlieferanten von hochqualitativem Stahlschrott – infolge der Lieferkettenprobleme auf niedrigem Niveau. Vor diesem Hintergrund verteuerte sich Stahlschrott im 4. Quartal des vergangenen Geschäftsjahres markant. Zu Beginn des Geschäftsjahres 2021/22 hielt dieser Trend an. Allerdings zeigte sich die Volatilität bei der Preisentwicklung von Stahlschrott im Berichtsjahr zunächst deutlich weniger ausgeprägt als bei Eisenerz und Kokskohle. Im Detail lag der Schrottpreis (CFR Türkei) im April 2021 bei etwa 430 USD je Tonne, erhöhte sich in der Folge bis Juli 2021 auf rund 470 USD je Tonne und blieb bis zum Ende des Kalenderjahres 2021 in einer Band­breite zwischen etwa 440 und 500 USD je Tonne. Erst mit Ausbruch des Ukraine-Krieges kam es angesichts von Befürchtungen vor einer Unterversorgung zu Preisausschlägen nach oben. Mit Ende des Geschäftsjahres 2021/22 notierte der Preis für Stahlschrott bei etwa 660 USD je Tonne.

      Legierungen

      Legierungen bilden einen wesentlichen Kostenfaktor in der High Performance Metals Division. Sie finden darüber hinaus im Stahlwerk als Er­gänzung zu Roheisen und Schrott Verwendung für die Herstellung von höchstqualitativen Stahlsorten. Der Preis von Nickel an der London Metal Exchange (LME) hat in den ersten drei Quartalen 2021/22 – bei etwas geringerer Volatilität als in den vergangenen Jahren – um etwa ein Drittel zugelegt: von etwa 16.000 USD auf zirka 20.900 USD je Tonne. Im 4. Quartal 2021/22 und insbesondere mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges kam es bei der für die High Performance Metals Division bedeutendsten Legierungsart nicht nur zu massiven Preissprüngen, sondern auch zu mehrtägigen Handelsunterbrechungen. Angesichts der Invasion in der Ukraine befeuerten im Raum stehende Sanktionen gegenüber Russland, einem der weltweit größten Nickelproduzenten, die Preisentwicklung an der Londoner Warenbörse. Befürchtungen im Hinblick auf Lieferengpässe führten Anfang März zu einem Höchstwert bei Tagesschlusskursen von knapp unter 43.000 USD. Erst die darauf folgende, mehrtägige Aussetzung des Handels beruhigte die Märkte etwas. Der Preis von Nickel fiel in der Folge wieder leicht und kam zum Ende des Geschäftsjahres schließlich bei knapp unter 33.400 USD zu liegen. Auch bei anderen Legierungen wie bei Ferro-Vanadium und Ferro-Titan wirkte sich der Ukraine-Krieg negativ auf die Versorgung aus und trug zu erratischen Preisausschlägen im 4. Geschäftsquartal bei. Verteuert hat sich die Gewinnung von Ferro-Chrome, einem in der Herstellung sehr energieintensiven Element, mit den signifikant gestiegenen Energiekosten in der 2. Hälfte des Geschäftsjahres 2021/22.

      Energien

      Als Folge des Ukraine-Krieges hat der Erdgaspreis in Europa einen historischen Höchststand erreicht und erstmals die Marke von 200 EUR pro MWh (Spotmarkt THE Settlement, Deutschland) überschritten. Die Sorge vor verringerten Erdgaslieferungen oder sogar einem im Raum stehenden Lieferstopp führte zu bisher nicht gekannten Rekordhochs. Erste stärkere Zuwächse bei den europäischen Erdgaspreisen waren jedoch bereits im vorangegangenen Sommer zu verzeichnen. Dazu geführt hatte das Anziehen der wirtschaftlichen Aktivitäten bei gleichzeitig reduziertem Gasliefervolumen und steigenden Kosten bei CO2-Zertifikaten. Die Drosselung bei den Gaslieferungen aus Russland geht auf die Auseinandersetzungen über die Inbetriebnahme der Pipeline „Nord Stream 2“ zurück. Vor diesem Hintergrund wurden gegen Ende des Kalenderjahres 2021 bereits Spitzenwerte von über 175 EUR pro MWh erreicht. Zum Vergleich lag der Erdgaspreis zu Beginn des Geschäftsjahres 2021/22 noch bei unter 25 EUR je MWh. De facto im Gleichklang mit der Entwicklung von Erdgas verteuerte sich auch elektrische Energie an den europäischen Strombörsen. Da sich der Strompreis an den Grenzkosten für die teuerste Erzeugungsvariante orientiert, bestimmte im Berichtsjahr 2021/22 der Preisverlauf für Erdgas maßgeblich den Preis für elektrische Energie. Während zu Beginn des Geschäftsjahres der Zukaufspreis für Strom etwa 50 EUR pro MWh (Spotmarkt EXAA AT Base) betrug, vervielfachte sich der Preis mit Ende des 3. Quartals 2021/22 auf etwa 270 EUR pro MWh. Gegen Ende des Geschäftsjahres lag das Preis­niveau nur knapp unter 300 EUR pro MWh.

      Volatilität
      Intensität der Kursschwankungen von Aktien und Devisen bzw. der Preisänderungen von Massengütern im Vergleich zur Marktentwicklung.