Bericht des Aufsichtsrates über das Geschäftsjahr 2021/22

      Das abgelaufene Geschäftsjahr war – wie auch schon das vorangegangene – über den gesamten Zeitraum durch die wirtschaftlichen und so­zialen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie geprägt. Zusätzliche Herausforderungen brachten im letzten Quartal die dramatischen Ereignisse im Zuge der russischen Invasion in die Ukraine, wobei die wirtschaftlichen Auswirkungen in diesem Zeitraum im Schatten der humanitären Dimen­sionen standen. Nähere Ausführungen zu beiden Ereignissen sowie zu den weiteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen finden sich im Bericht des Vorstandes, sodass an dieser Stelle auf eine detailliertere Darstellung verzichtet wird.

      Im Geschäftsjahr 2021/22 hat der Aufsichtsrat die ihm nach Gesetz und Satzung zukommenden Aufgaben im Rahmen von vier Plenarsitzungen, drei Sitzungen des Prüfungsausschusses und vier Sitzungen des Präsidialausschusses wahrge­nommen. In den Plenar- und Prüfungs­ausschuss­sitzungen hat der Vorstand über den Gang der Geschäfte und die Lage der Gesellschaft einschließlich der finanziellen Gebarung schriftlich und mündlich umfassend Auskunft gegeben.

      In seinen Sitzungen befasste sich der Aufsichtsrat neben den laufenden Berichten über die aktuelle geschäftliche und finanzielle Situation der Unternehmensgruppe vor allem mit den die Zukunft bestimmenden Themen Nachhaltigkeit und Inno­vationen sowie Digitalisierung und Informationstechnologie. Den Schwerpunkt bildeten dabei mögliche Zukunftsszenarien für eine CO2-reduzierte Stahlerzeugung an den Standorten in Linz und Donawitz. In diesem Zusammenhang hat der Aufsichtsrat in seiner Sitzung im März 2022 als einen ersten Schritt zur Dekarbonisierung der Stahlerzeugung eine wichtige Entscheidung für den Umstieg des voestalpine-Konzerns von der kohlebasierten Hochofentechnologie auf die mit Strom aus nachhaltigen Quellen betriebene Elektrolichtbogenofen-Technologie getroffen. Der Konzern startet noch im Sommer 2022 mit der Freimachung des notwendigen Baugeländes sowie mit infrastrukturellen Umbauarbeiten an beiden Stahlstandorten. Die dafür veranschlagten Investitionskosten belaufen sich in der ersten Phase auf einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag. Noch im laufenden Geschäftsjahr 2022/23 hat der Aufsichtsrat final über die Investition in die elektrizitätsbasierte Technologie als Teilersatz für die aktuelle, hochofenbasierte Erzeugungsroute zu entscheiden. Der Bau der neuen Anlagen wird 2024 starten. Anfang 2027 soll jeweils ein Elektrolichtbogenofen in Linz und Donawitz in Betrieb gehen. Die Gesamt­investitionskosten betragen aus heutiger Sicht rund 1 Mrd. EUR. Durch diese Technologieumstellung können die CO2-Emissionen des voestalpine-Konzerns um rund 30 % – und damit erstmals signifikant – gesenkt werden. Dies entspricht einer Einsparung von 3 bis 4 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr und somit rund 5 % der jährlichen CO2-Emissionen Österreichs. Langfristig strebt das Unternehmen eine CO2-neutrale Stahlproduktion vornehmlich auf Basis grünen Wasserstoffs an und forscht bereits in einem fortgeschrittenen Stadium an vielversprechenden Breakthrough-Technologien.

      Zudem hat sich der Aufsichtsrat im Geschäftsjahr 2021/22 – wie auch im Geschäftsjahr zuvor – mit strategischen Optionen für die Direktreduktionsanlage zur Erzeugung von Eisenschwamm (Hot Briquetted Iron – HBI) in Texas/USA auseinandergesetzt und in seiner Sitzung am 22. März 2022 einen mehrheitlichen Verkauf des Unternehmens genehmigt. Auf dieser Basis hat der Vorstand am 14. April 2022 mit ArcelorMittal einen Vertrag zur Abgabe von 80 % der Anteile an voestalpine Texas Holding LLC unterzeichnet. Teil der verbleibenden voestalpine-Beteiligung im Ausmaß von 20 % ist eine Vereinbarung zur langfristigen Lieferabsicherung von jährlich 420.000 Tonnen des in Corpus Christi produzierten HBI. Diese Versorgung ist die Basis für die oben beschriebenen ersten Schritte zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion in Linz und Donawitz. Zudem reduziert die Partnerschaft das Spotmarktrisiko für die von der voestalpine nicht benötigten Mengen. Die Produktionskapazität des HBI-Werkes in Texas beträgt rund 2 Mio. Tonnen pro Jahr. Von der Rechtswirksamkeit („Closing“) der Transaktion ist Ende Juni 2022 auszugehen.

      Der Präsidialausschuss befasste sich neben dem Thema der Vorstands- und Aufsichts­ratsvergütung auch mit einer Änderung der Vergütungspolitik für die Mitglieder des Aufsichtsrates, welche der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 8. Juni 2021 und die Hauptversammlung am 7. Juli 2021 beschlossen haben.

      Der Prüfungsausschuss befasste sich insbesondere mit der Vorbereitung und Prüfung des Konzern- und Einzelabschlusses der voestalpine, der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers sowie mit Themen – aber auch der Weiterentwicklung – des Internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und der Internen Revision.

      In der Sitzung des Aufsichtsrates am 22. März 2022 hat Dr. Joachim Lemppenau seine Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrates mit Ende März 2022 zurückgelegt und der Aufsichtsrat in der Folge Dr. Wolfgang Eder mit Wirkung zum 1. April 2022 zu seinem neuen Vorsitzenden gewählt. Dr. Lemppenau wird bis zum Ende seiner aktuellen Funktionsperiode – das heißt bis zur Hauptversammlung 2024 – weiterhin dem Aufsichts­gremium als Mitglied zur Verfügung stehen. Zu Details der Zusammensetzung und Arbeitsweise des Aufsichtsrates und seiner Ausschüsse wird auf den Konsolidierten Corporate Governance-Bericht 2021/22 verwiesen.

      Der Jahresabschluss und der Konzernabschluss zum 31. März 2022 wurden von dem in der Hauptversammlung am 7. Juli 2021 gewählten Abschlussprüfer, der Deloitte Audit Wirtschafts­prüfungs-GmbH, Wien, geprüft. Die Abschluss­prüferin nahm an allen drei Sitzungen des Prüfungsausschusses teil und stand für Fragen und Diskussionen zur Verfügung.

      Die Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt und ergeben, dass der Jahresabschluss sowie der gemäß § 245a UGB nach International Financial Reporting Standards (IFRS) aufgestellte Konzernabschluss den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Die Abschlussprüferin hat sowohl für den Jahresabschluss als auch für den Konzernabschluss einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt und bestätigt, dass der Lagebericht im Einklang mit dem Jahresabschluss und der Konzernlagebericht im Einklang mit dem Konzern­abschluss stehen.

      Nach vorhergehender Befassung des Prüfungsausschusses hat der Aufsichtsrat am 2. Juni 2022 den Jahresabschluss zum 31. März 2022 geprüft und gebilligt. Der Jahresabschluss ist damit gemäß § 96 Abs. 4 Aktiengesetz festgestellt. Der Aufsichtsrat hat zudem nach vorheriger Be­fassung des Prüfungsausschusses den Lagebericht sowie den Konzernabschluss samt Konzernlagebericht, den Konsolidierten Corporate Governance-Bericht und den Konsolidierten nicht finan­ziellen Bericht (Corporate Responsibility Report) jeweils des Geschäftsjahres 2021/22 geprüft und genehmigt. Die Prüfungen durch den Aufsichtsrat haben zu keinen Beanstandungen geführt.

      Der Konsolidierte Corporate Governance-Bericht 2021/22 wurde ebenfalls von der Deloitte Audit Wirtschaftsprüfungs-GmbH, Wien, im Rahmen der jährlich durchgeführten externen Evaluierung der Einhaltung des Corporate Governance-Kodex durch die voestalpine AG geprüft. Bei dieser Prüfung wurden keine Sachverhalte bekannt, die zu der Annahme veranlassen, dass der Konsoli­dierte Corporate Governance-Bericht der Gesellschaft in wesentlichen Belangen nicht mit dem Cor­porate Governance-Kodex übereinstimmt. Die Prüfung der Einhaltung der den Wirtschaftsprüfer betreffenden C-Regeln des Kodex (Regeln 77 bis 83) erfolgte durch die Rechtsanwaltskanzlei WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG. Diese Prüfung hat die Einhaltung dieser Regeln bestätigt.

      Der Konsolidierte nicht finanzielle Bericht 2021/22 wurde von der Deloitte Audit Wirtschaftsprüfungs-GmbH, Wien, geprüft. Auf Basis der Prüfungshandlungen sind ebenfalls keine Sachverhalte bekannt geworden, die zu der Annahme veranlassen, dass der Bericht der voestalpine AG in wesentlichen Belangen nicht mit den gesetzlichen Vorschriften sowie den GRI-Standards übereinstimmt.

      Festgestellt wird, dass das Geschäftsjahr 2021/22 mit einem Bilanzgewinn von 215,0 Mio. EUR schließt; es wird vorgeschlagen, eine Dividende von 1,20 EUR je dividendenberechtigter Aktie an die Aktionäre auszuschütten und den verbleibenden Betrag auf neue Rechnung vorzutragen.

      Der Dank des Aufsichtsrates gilt einmal mehr den rund 50.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des voestalpine-Konzerns weltweit für ihren Einsatz und ihre Loyalität in schwierigen Zeiten; er gilt dem Vorstand und der Führungsmannschaft für Entschlossenheit und Konsequenz in ihrem Handeln unter herausfordernden Bedingungen sowie last, but not least unseren Aktionärinnen und Aktionären dafür, dass sie auch in wirtschaftlich unruhigen Zeiten dem Unternehmen die Treue gehalten haben und halten.

      Der Aufsichtsrat

      Dr. Wolfgang Eder e. h.
      (Vorsitzender)

      Linz, am 2. Juni 2022

      IFRS (‘International Financial Reporting Standards’)
      Rechnungslegungsnormen, die eine international vergleichbare Bilanzierung und Publizität gewährleisten sollen.