Marktumfeld und Geschäftsverlauf

      Deutlich verbessert gegenüber dem Vorjahr präsentierte sich das Marktumfeld der High Performance Metals Division im Geschäftsjahr 2021/22. Den markantesten Aufwärtstrend zeigte das Produktsegment Sonderwerkstoffe: Mit der Öl- und Gasindustrie sowie dem Luftfahrtsektor beliefert es fokussiert jene beiden Industriesegmente, die massiv von der COVID-19-Pandemie getroffen waren und in der Folge am stärksten von der anschließenden Erholung profitierten. Ebenfalls eine sehr gute Entwicklung nahm das Produktsegment Werkzeugstahl mit den Hauptkundensegmenten Automobil- und Konsumgüterindustrie. Die deutlich gestiegenen Rohstoffkosten bei Schrott und Legierungselementen konnten in Form des Legierungspreisanhängers in ein höheres Preisniveau umgesetzt werden. Volatil entwickelten sich die Legierungen schließlich im 4. Geschäftsquartal 2021/22. Insbesondere beim wichtigsten Einsatzmaterial Nickel traten ab Anfang März 2022 als unmittelbare Auswirkung des Ukraine-Krieges erratische Preisbewegungen auf. Die Verteuerung der Energiekosten wiederum hatte sich bereits im Herbst 2021 abgebildet, als die Preise für Strom und Erdgas in Zentral- und Mitteleuropa signifikant angestiegen waren. Die anwachsende Unsicherheit bei der Gasversorgung in Europa mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges führte im 4. Geschäftsquartal zu weiteren Preisausschlägen. Vor diesem Hintergrund waren die Edelstahl­werke in Deutschland und Österreich in einem deutlich höheren Ausmaß mit steigenden Energiekosten belastet als jene in Schweden oder Brasilien. Die Weitergabe der stark gestiegenen Strom- und Erdgaspreise in Regionen außerhalb Europas, wo Mitbewerber nicht mit vergleichbaren Preisan­stiegen konfrontiert waren, gestaltete sich demzufolge deutlich schwieriger als im europäischen Binnenmarkt.

      Werkzeugstahl

      Das wirtschaftliche Umfeld in der Automobilindus­trie bewegte sich im Geschäftsjahr 2021/22 auf gutem Niveau. Die erhöhte Variantenvielfalt im Zuge der Entwicklung dualer Modellserien – für Fahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungs­motoren ebenso wie für die Elektromobilität – wirkte sich positiv auf die Nachfrage nach Werkzeugstahl aus. Besonders spürbar war die Belebung in Europa. Aber auch in Nord- und Südamerika sowie in China wies die Nachfrage nach Werkzeugstahl für die Automobilindustrie ein kräftiges Wachstum aus. Der zweite große Treiber für die Nachfrage nach Werkzeugstahl, die Konsum­güterindustrie, fand ebenfalls sehr günstige Marktbedingungen vor. Von einer allgemeinen Belebung der Wirtschaft hat der Konsumsektor in Asien profitiert, dem für die High Performance Metals Division besondere Bedeutung zukommt. In Brasilien wiederum entwickelten sich die Auftragseingänge im allgemeinen Maschinenbau besonders günstig.

      Sonderwerkstoffe

      Im Produktsegment Sonderwerkstoffe verzeichnete die High Performance Metals Division im Geschäftsjahr 2021/22 eine signifikante Aufwärtstendenz. Kontinuierlich steigende Ölpreise, die sich Anfang März 2022 mit dem Ukraine-Krieg einem Allzeithoch näherten, stimulierten die Investitionen des Öl- und Gassektors. In diesem Umfeld wurde die Talsohle bei den Geschäfts­aktivitäten bereits zu Beginn des Berichtsjahres überwunden. Im Bereich Offshore, in dem besondere Anforderungen an die verwendeten Ma­terialien gestellt werden, kamen ebenfalls vermehrt Neuprojekte zustande. Mit ihrem qualitativ hoch­wertigen Produktspektrum konnte die High Performance Metals Division umfassend von der dynamischen Entwicklung profitieren. Zunehmend neue Anwendungsfelder ergeben sich im Hinblick auf vielfältige Transformationen in Industrie­zweigen mit hohen Treibhausgasemissionen, darunter etwa für Hochleistungswerkstoffe in den Bereichen „Carbon Capture“ und „Geothermie“. In der Betrachtung nach Regionen konnte die Division in Nordamerika das Geschäftsvolumen im Öl- und Gassektor deutlich steigern. Nach­teilig wirkten sich die 2018 eingeführten Zölle von 25 % (Section 232) für Stahlimporte in die USA aus. Erleichterung brachte ein neues Abkommen mit 1. Jänner 2022: Eine bestimmte Quote an Stahllieferungen – gestaffelt nach Produktkategorie und Herkunftsland – kann nunmehr zollfrei von Europa in die USA ausgeführt werden.

      Die Luftfahrtindustrie verzeichnete nach dem vorjährigen Einbruch angesichts der COVID-19-Pandemie im Berichtsjahr einen kontinuierlichen Aufwärtstrend. Der regionale Flugverkehr er­reichte zum Teil bereits wieder das Vorkrisenniveau und steigerte damit sukzessive den Bedarf an Kurzstreckenflugzeugen. Eine Erholung des Überseeflugverkehrs auf Vorkrisenniveau ist frühestens in einigen Jahren absehbar, womit sich die Nachfrage nach Großraumflugzeugen deutlich verzögert entwickeln wird. In Europa stabilisierten sich die Wertschöpfungsketten mit erhöhten Bauraten von Flugzeugen für Kurz- und Mittelstrecken im Verlauf des Geschäftsjahres wieder. Auch in den USA zogen die Auftragseingänge aus der Luftfahrtindustrie wieder an.

      High Performance Metals Production

      Die Auslastung der Produktionswerke des Geschäftsbereiches High Performance Metals Production ist mit der anziehenden Nachfrage im Geschäftsjahr 2021/22 deutlich gestiegen. Trotz teilweiser Engpässe auf der Versorgungsseite infolge gestörter internationaler Lieferketten konnten die umfangreichen Auftragsvolumina zeitgerecht abgearbeitet werden. Allerdings erzwangen die extrem hohen Energiekosten bei voestalpine Edelstahl Deutschland am Standort Wetzlar zu Ende des Geschäftsjahres teilweise Unterbrech­ungen der Produktion. Bei voestalpine BÖHLER Edelstahl wurde der Bau des neuen Edelstahl­werkes in Kapfenberg, Österreich, plangemäß weiter­geführt. Die Inbetriebnahme ist unverändert für Sommer 2022 vorgesehen.

      Additive Manufacturing (3D-Druck)

      Der Ausbau des strategischen Zukunftsfeldes Additive Manufacturing fand im Geschäftsjahr 2021/22 seine Fortsetzung. Aktuell verfügt die Division über zwei Forschungsanlagen sowie zwei Produktionsanlagen für die Pulverherstellung in Österreich und Schweden. Dazu kommen sieben Value Added Services-Standorte in Europa, Nordamerika und Asien zur Erzeugung von additiv gefertigten Bauteilen. Die Vernetzung der lokalen additiven Fertigungszentren mit der eigenen Pulverherstellung dient der Absicherung der Technologieführerschaft über die gesamte Prozesskette.

      Value Added Services

      Die Strategie der Differenzierung über ein breites Serviceportfolio der High Performance Metals Division wurde in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut. Insbesondere angesichts der massiven Marktverwerfungen durch COVID-19 im Vorjahr wirkte der global aufgestellte Geschäftsbereich Value Added Services deutlich stabilisierend auf die Ergebnisentwicklung. Im Geschäftsjahr 2021/22 legten die Bearbeitungs- und Vertriebszentren neuerlich eine ausgezeichnete Performance an den Tag und trugen maßgeblich zur soliden Entwicklung der Division bei. Verantwortlich dafür war nicht zuletzt die hohe Nachfrage nach Werkzeugstahl und nach Serviceleistungen wie mechanischer Bearbeitung, Wärmebehandlung und Oberflächenbeschichtung.