Umwelt

      Umweltinvestitionen und -aufwendungen

      Der voestalpine-Konzern steigerte im Geschäftsjahr 2021/22 sowohl die Investitionen als auch die laufenden Aufwendungen für umweltbezo­gene Projekte und Aktivitäten markant. Die Inves­titionen in den Umweltschutz stiegen im Vorjahresvergleich von 15,3 Mio. EUR auf 26,7 Mio. EUR (+75 %). Diese Entwicklung beinhaltet Nachholeffekte gegenüber dem pandemiegeprägten Geschäftsjahr 2020/21 mit dem Fokus auf Klimaschutzprojekte zur Verringerung der CO2-Emis­sionen und auf Energiemaßnahmen. Die laufenden Betriebsaufwendungen mit Umweltbezug stiegen von 300,1 Mio. EUR auf 437,5 Mio. EUR (+46 %).

      Entwicklung der Umweltaufwendungen

      Mio. EUR

      Entwicklung der Umweltaufwendungen (Balkendiagramm)
      1 Erstmals wurde im Geschäftsjahr 2015/16 zusätzlich zu den emissionsintensiven österreichischen Konzernstandorten auch eine Reihe weiterer, vorwiegend internationaler Produktionsgesellschaften erfasst.

      EU-Emissionshandel/CO2-Zertifikate

      Die gestiegenen Aufwendungen sind zu einem erheblichen Teil auf den signifikant höheren Preis für Emissionshandelszertifikate zurückzuführen. Die ergebniswirksame Belastung durch den Zertifikatehandel lag 2021/22 bei 235,0 Mio. EUR (Vorjahr: 76,7 Mio. EUR), wovon auf die Steel Divi­sion 164,4 Mio. EUR entfielen.

      Der Zukaufsbedarf der voestalpine ergibt sich aus dem Gesamtbedarf an Zertifikaten im Ausmaß der verifizierten Emissionen abzüglich der zugeteilten Freizertifikate. Im Geschäftsjahr 2021/22 war wie bereits im Schnitt der Vorjahre rund ein Drittel der Emissionen über Zukäufe zu bedecken.

      „greentec steel“: Der voestalpine-Plan zur Klimaneutralität

      Mit „greentec steel“ hat die voestalpine einen ambitionierten Stufenplan in Richtung Klimaneutralität entwickelt. Dessen Vorbereitung und erste Schritte in der Umsetzung stehen aktuell im Mittel­punkt des Umweltengagements des Konzerns.

      Das Konzept sieht im ersten Schritt den sukzessiven Umstieg von der kohlebasierten Hochofenroute auf eine grünstrombetriebene Elektrolichtbogenofen-Technologie vor. Bereits Anfang 2027 kann – vorbehaltlich der wirtschaftlichen Darstellbarkeit – je ein Elektrolichtbogenofen an den öster­reichischen Standorten Linz und Donawitz in Betrieb genommen werden. Die geplante Produktionskapazität wird rund 2,5 Mio. Tonnen jährlich betragen, wovon 1,6 Mio. Tonnen auf Linz und 900.000 Tonnen auf Donawitz entfallen.

      Der Aufsichtsrat der voestalpine AG hat im März 2022 die ersten Umsetzungsschritte im Volumen eines dreistelligen Millionenbetrages genehmigt. Die Freimachung der notwendigen Baufelder und die infrastrukturellen Vorbereitungsarbeiten können somit beginnen. Im Frühjahr 2023 wird über die finale Investitionsfreigabe für die beiden Elektrolichtbogenöfen entschieden, was die Option auf einen Baubeginn 2024 eröffnet. Eine Voraussetzung dafür bildet die Inbetriebnahme einer 220-kV-Stromleitung in Linz bis Ende 2026.

      Allein dieser erste Schritt in der Umstellung auf eine Elektroofenroute lässt eine Reduktion der CO2-Emissionen der voestalpine in Österreich um rund 30 % bis 2030 erwarten. Das entspricht einer Einsparung von rund 3 bis 4 Mio. Tonnen pro Jahr oder fast 5 % des gesamten aktuellen CO2-Ausstoßes in Österreich. Das Konzept „greentec steel“ wurde zur Investitionsförderung beim EU-ETS-Innovationsfonds eingereicht und bildet die Basis für die langfristige Wasserstoff­metallurgie.

      Über die Weiterentwicklung bei „grünem Wasserstoff“ strebt die voestalpine bis 2050 eine CO2-neutrale Stahlproduktion an. Eine Reihe umfangreicher Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit industriellen und wissenschaftlichen Partnern widmet sich dieser Technologie. Dazu zählen neben anderen die Wasserstoffpilotanlage „H2FUTURE“ am Standort Linz, zu der die Planung eines Folge­projekts im Rahmen von HCMA (Hydrogen and Carbon Management Austria) vorliegt; die Versuchsanlage in Donawitz („SuSteel“) zur nach­haltigen Stahlherstellung in einem Prozessschritt aus Eisenerz mithilfe von Wasserstoffplasma und das ebenfalls dort betriebene Projekt „Hyfor“ zur Reduktion von ultrafeinen Eisenerzen mittels Wasserstoff.

      Die volle Realisierbarkeit derart umfassender Konzepte der Transformation beruht auf kritischen Voraussetzungen: einer gesicherten und stabilen Versorgung mit Ökostrom und grünem Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen. Dazu ausreichendem Investitionsspielraum für die Unternehmen mit entsprechender Unterstützung durch Transformationsvehikel. Die konkreten politischen Entscheidungen sowohl auf EU als auch auf nationaler Ebene stehen zum Zeitpunkt der Bericht­erstellung noch aus.

      Betriebliche Massnahmen

      Parallel zur Vorbereitung der grundlegenden Umstellung in der Technologie setzte die voestalpine im Geschäftsjahr 2021/22 weitere, sofort wirk­same Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes und der Ressourceneffizienz.

      Die bereits in Angriff genommene konzernweite Errichtung von Photovoltaikanlagen auf einer Fläche von rund 310.000 m2 mit einer Leistung von knapp 61 MWp (Megawatt Peak) setzt neue Maßstäbe hinsichtlich Stromleistung und Flächenwidmung in der nachhaltigen Eigenenergieversorgung. Weitere PV-Anlagen sind in Vorbereitung.

      Auf der Produktseite liegt die wesentliche Herausforderung aktuell darin, den steigenden Bedarf der Kunden nach „grünem“ Stahl auch mit bestehender Technologie bestmöglich zu begleiten. Dazu dienen Optimierungen der Fahrweise und der eingesetzten Energie. So liefert die Steel Divi­sion in Linz seit Ende 2021 den ersten CO2-reduzierten Stahl aus. Dieser basiert neben dem Einsatz von Ökostrom auf einem innovativen Rohstoffmix, der durch Anpassungen der Reduktionsmittel und des Möllers sowie durch die Maximierung des Schrottanteils erreicht wird. Im Ergebnis steht für die „greentec steel“-Edition ein um rund 10 % reduzierter CO2-Fußabdruck. Das Konzept wird schrittweise auf weitere Produktgruppen der Steel Division ausgeweitet.

      Am schwedischen Standort Hagfors der High Performance Metals Division lief Ende 2021 der erste klimaneutral produzierte Werkzeugstahl vom Band. Ermöglicht hat diese Innovation eine eigens entwickelte, aufwändige Technologie: LNG („Liquefied Natural Gas“) wird durch fossilfreies LBG („Liquefied Bio Gas“) ersetzt, zudem wird der gesamte werksinterne Transport mit Ökostrom oder fossilfreiem Diesel (HVO100) betrieben. Diese Form der Herstellung reduziert die CO2-Emissionen um bis zu 90 %. Da derzeit noch ein nicht eliminierbarer Kohlenstoff in Metallschrott und Graphit verbleibt, setzte die voestalpine zusätzlich die Goldstandard-Klimakompensation ge­mäß den UN-Nachhaltigkeitszielen ein. Der Standort Hagfors plant bis 2030 die vollständige Klimaneutralität, bis 2035 auch für die gesamte Wertschöpfungskette.

      Die Metal Engineering Division hat eine Reihe von Maßnahmen zur weiteren Senkung des Energieverbrauchs gesetzt. So wurden am energie­intensivsten Standort Donawitz, Österreich, Opti­mierungen im Gichtgasnetz vorgenommen. Damit erhöhten sich der Verwertungsgrad des anfallenden Gichtgases im eigenen Kraftwerk und die Eigenstromerzeugung am Standort um rund 7.000 MWh.

      Verbesserungen im Abwärmenetz ermöglichten eine weitere Steigerung des Kraftwerkswirkungsgrades. Eine Optimierung der Brennstoffvorwärmung erlaubte es, die Eigenstromerzeugung um zusätzliche knapp 4.000 MWh pro Jahr auszubauen.

      Am Standort Kindberg, Österreich, ist für die Wärmeauskopplung die Errichtung eines neuen Drehherdofenkamins in Vorbereitung. Damit werden künftig bis zu 15 GWh in das geplante Fernwärmekraftwerk, das die Stadt Kindberg versorgt, eingespeist.

      Darüber hinaus sind an österreichischen und internationalen Standorten der Division eine Vielzahl von Maßnahmen zur weiteren Optimierung des Materialeinsatzes, der Wasserkreisläufe und der Luftreinhaltung gesetzt worden. Zudem werden – wie auch beispielsweise in Linz – die Lade­infrastruktur für E-Mobilität, die Umstellung werks­internen Verkehrs auf elektrische Fahrzeuge und Stapler, die thermische Sanierung von Produk­tionshallen und die Umrüstung auf energiesparende LED-Beleuchtung vorangetrieben.

      Die Metal Forming Division, die unter anderem innovative Produkte für Photovoltaikanlagen herstellt, verfolgt das Ziel einer klimaneutralen Produktion bis 2035. Die niederösterreichischen Standorte Kematen und Böhlerwerk decken den Bedarf an elektrischer Energie mit eigenen Wasserkraftwerken an der Ybbs sowie mit zertifiziertem Ökostrom. Neue PV-Anlagen haben den Anteil an Eigenstrom weiter erhöht. Zudem wird gemeinsam mit einem industriellen Partner ein umfassendes Energie-Reduktionsprojekt durchgeführt. Dieses beinhaltet die Verringerung des Energieeinsatzes von Strom und Erdgas. Dazu dienen etwa der Austausch von Antrieben und Motoren gegen solche mit höheren Wirkungsgraden, die Installation von Wärmepumpen zur Energierückgewinnung und die Nutzung von Fernwärme für die Beheizung von Betriebs- und Bürogebäuden.

      Product Sustainability

      Bei der Bewertung der Nachhaltigkeit von Produkten („Product Sustainability“) liegt der Schwerpunkt der voestalpine derzeit auf ökologischen Aspekten im Sinne der Analyse der Umweltauswirkungen von Produkten und deren Verbesserung.

      Umweltproduktdeklarationen („Environmental Product Declarations“, EPD) sind für die voest­alpine ein wesentliches Werkzeug, um die Umweltauswirkungen von Produkten auf Basis einer Lebenszyklusbetrachtung zu ermitteln und zu kommunizieren. EPD basieren auf den interna­tionalen Normen EN 15804 und ISO 14025 und werden von unabhängigen Dritten geprüft und verifiziert. Die voestalpine hat Umweltprodukt­deklarationen für verschiedene Produkte (beispielsweise warmgewalztes Stahlband und feuer­verzinktes Stahlband) im Deklarationsprogramm des Instituts Bauen und Umwelt e.V. (IBU) gelistet und veröffentlicht. EPDs für diverse weitere Produkte werden derzeit vorbereitet.

      Die voestalpine arbeitet intensiv daran, aus dem bestehenden Konzept zur Transformation messbare Zielsetzungen gemäß dem letzten Stand der Klimawissenschaften abzuleiten. Zur Nachweisführung hinsichtlich solcher Science Based Targets werden aktuell verschiedene Optionen geprüft.

      Im Geschäftsjahr 2021/22 vollzogen die Produktionsgesellschaften der Steel Division überdies die Zertifizierung als nachhaltig produzierender Stahlstandort. Zugrunde liegt ein Nachhaltigkeitskonzept, das getragen ist von den drei Säulen Umwelt („Environment“), Soziales („Social“) und Unternehmensführung („Governance“). Voraussetzung für die Zuerkennung der Zertifizierung ist die Erfüllung der strengen Responsible-Steel-Standards.