Umwelt

      Umweltaufwendungen

      Dem konzernweiten Trend folgten im Ausnahmegeschäftsjahr 2020/21 auch die Umwelt­investitionen, indem sie von 35,0 Mio. EUR auf 15,3 Mio. EUR sanken. Dennoch hat die voestalpine auch im abgelaufenen Geschäftsjahr an ihren weltweiten Standorten eine Vielzahl relevanter Umweltschutzvorhaben zur Umsetzung gebracht. Zudem wurden auch die im Bereich „Klimaschutz“ darge­stellten Investitionen in Forschungs- und Entwicklungsprojekte konsequent vorangetrieben. Die laufenden Betriebsaufwendungen mit Umweltbezug blieben auf hohem Niveau: Nach dem Rekordwert im Vorjahr von 314,5 Mio. EUR liegen sie für das Geschäftsjahr 2020/21 immer noch bei 300,1 Mio. EUR, was vor allem auf die deut­liche Preissteigerung bei EU-Emissionshandelszertifikaten zurückzuführen ist.

      Entwicklung der Umweltaufwendungen

      Mio. EUR

      Entwicklung der Umweltaufwendungen (Balkendiagramm)
      1 Erstmals wurde im Geschäftsjahr 2015/16 zusätzlich zu den emissionsintensiven österreichischen Konzernstandorten auch eine Reihe weiterer, vorwiegend internationaler Produktionsgesellschaften erfasst.

      CO2-Zertifikate

      Rund 60 % der Umweltaufwendungen gehen in die Luftreinhaltung. Die ergebniswirksame Belastung durch den EU-Emissionshandel lag im Geschäftsjahr 2020/21 bei 76,7 Mio. EUR (Vorjahr: 90,0 Mio. EUR). Der Rückgang ist im Wesentlichen auf den gesunkenen Zukaufsbedarf an CO2-Zerti­fikaten aufgrund der reduzierten Produktion und den damit einhergehenden geringeren CO2-Emissionen zurückzuführen. Letztere sanken in den österreichischen Produktionsgesellschaften, ­denen der weitaus überwiegende Teil der emis­sions-handels­relevanten CO2-Emissionen zuzurechnen ist, von 12 Mio. Tonnen im Kalenderjahr 2019 auf 11 Mio. Tonnen in 2020. Gleichzeitig ist der Preis für CO2-Zertifikate an der Börse im ­Verlauf des Berichtsjahres empfindlich angestiegen, weshalb sich der Rückgang des Zukaufsbedarfes an CO2-Zertifikaten nicht direkt proportional in der Ver­minderung der Ergebnisbelastung widerspiegelt.

      Wie im Schnitt der Vorjahre belief sich der Zukaufsbedarf von CO2-Zertifikaten in der Berichtspe­riode auf knapp ein Drittel der gesamten CO2-Emis­sionen und ergibt sich aus dem Gesamtbedarf abzüglich der zugeteilten Gratiszertifikate.

      Betriebliche Umwelt­schwerpunkte und -Massnahmen

      Der Fokus der umgesetzten Vorhaben lag konsequenterweise in den Bereichen CO2-Emissionen, Energieeffizienz einschließlich Abwärmenutzung und Ausbau erneuerbarer Eigenenergie­erzeugung.

      In der Steel Division standen Maßnahmen zur ­weiteren Verbesserung der Ressourceneffizienz im Vordergrund. Sie verringern nachhaltig den Einsatz fossiler Brennstoffe, den Bedarf an elektri­scher Energie sowie Wasser zur Kühlung von Aggregaten. Zudem wurden zur verbesserten Quanti­fizierung von Emissionen in der Kokerei über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende, wiederkehrende Emissionsmessungen geplant und durchgeführt.

      Die Arbeiten beim Altlastensanierungsprojekt auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr erfolgreich weitergeführt. Kontaminierter Boden wurde im östlichen Bereich der Altlast entfernt. Der Betrieb des ­„Funnel & Gate-Systems“ erlaubte es, die Schadstoffverfrachtung über das Grundwasser für einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren beinahe gänzlich zu unterbinden. Zur weiteren Schadstoffentfrachtung innerhalb der bebauten Flächen betreibt die voestalpine seit mehreren Jahren eine Bodenluftabsaugung und eine Phasenschöpfung.

      Weitere Mittel dienten der Aufrechthaltung und Instandhaltung bestehender Umweltanlagen. Da­runter fallen etwa Bagger und ähnliche Ge­räte im Betrieb der Deponie sowie neue Ladesta­tionen für den Ausbau der werksinternen E-Mobilität.

      Der Fokus der High Performance Metals Division liegt auf Energieeffizienz. Neben der flächendeckenden Implementierung zertifizierter Energiemanagementsysteme nach ISO 50001 in allen Produktionsgesellschaften wurden im Geschäftsjahr 2020/21 Optimierungen der Verbrennungstechnik, neue effiziente Beleuchtungssysteme, diverse Verbesserungen der Anlagensteuerung sowie zahlreiche Prozessinnovationen in der Produktion umgesetzt. Diese Maßnahmen erzielen kumuliert eine nachhaltige Einsparung von 85 GWh oder rund 2,4 Mio. EUR.

      Einen weiteren Schwerpunkt setzt die Division im Hinblick auf Kreislaufwirtschaft. Zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Sicherung der Versorgung mit Schlüsselrohstoffen sind strate­gische Projekte in Umsetzung. Dazu zählen die Rückgewinnung von Legierungselementen aus Nebenprodukten der Produktion, die Schließung von Materialkreisläufen mit Kunden, die Erschließung von alternativen (sekundären) Rohstoff­quellen und die Substitution von primären Rohstoffen durch sekundäre Rohstoffe.

      Die Investitionen der Metal Engineering Division flossen vor allem in ambitionierte Maßnahmen zur Einsparung und zur Erhöhung der Eigenerzeugung von Energie. So wurde in Donawitz zum Ende des Geschäftsjahres 2020/21 die Umstellung des Kraftwerksblocks 01 auf modifizierten Gleitdruckbetrieb abgeschlossen, was den Fremdstrom­bezug um rund 6.000 MWh pro Jahr verringert. Weitere mehr als 9.000 MWh an zusätzlicher Eigen­stromerzeugung werden jährlich durch kombinierte Einzelmaßnahmen im Kraftwerk erzielt. Die Optimierung der Tiegelgas­verwertung, die mit Beginn des neuen Geschäftsjahres in Betrieb geht, ermöglicht eine zusätzliche Steigerung der elektrischen Eigenerzeugung im Kraftwerk um jährlich rund 5.700 MWh.

      Maßnahmen zur signifikanten Energieeinsparung bzw. CO2-Verringerung wurden auch bei der Sinter­anlage und anderen Aggregaten der Stahlproduk­tion umgesetzt sowie in anderen Geschäftsbereichen wie der Schienen- oder der Drahtfertigung. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Optimierung von Kühlwasser- und Abwärme­kreisläufen.

      In der Metal Forming Division wird zur Erwärmung bzw. Wärmebehandlung von Stahlbändern und -teilen zunehmend auf Induktion anstelle von Gas­brennern gesetzt. Der Einsatz von elektrischer Ener­gie aus eigenen Wasserkraftwerken und Photovol­taikanlagen spart damit nachhaltig CO2 ein. So verzeichnete der Standort Böhlerwerk, Niederösterreich, im Jahr 2020 einen neuen Höchstwert an Eigenstromerzeugung: Bereits 87 % der am Standort benötigten elektrischen Energie wurden aus den drei unternehmenseigenen Wasserkraftwerken am Fluss Ybbs gedeckt. Weiters wurden im Vorjahr rund 500 MWh an unterschiedlichen Energieformen durch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz eingespart. Davon entfielen alleine 260 MWh auf Strom sowie 20.500 m3 auf Erdgas im Äquivalent von insgesamt mehr als 40 Tonnen CO2.

      Wo es um die Nutzung erneuerbarer Energien geht, leistet Stahl einen wachsenden Beitrag. Exemplarisch stand dafür an mehreren europäischen Standorten der Division die Produkt­entwick­lung für Photovoltaikanlagen. Im anspruchsvollen Automobilleichtbau hat die voestalpine zudem eine Umweltproduktdeklaration für die in­novative phs®-Technologie zur Fertigung presshärtender Bauteile für die Karosserie erstellt.

      Energie- und klimapolitischer Rahmen

      Mit dem Ende 2019 initiierten „Green Deal“ der EU-Kommission werden die bis 2030 geltenden Ziele zur Emissionssenkung deutlich erhöht. Im April 2021 einigten sich Kommission, Rat und ­Parlament auf eine Verschärfung von bisher 40 % auf 55 % (jeweils gegenüber 1990). Welche höheren Vorgaben sich daraus konkret für die dem Emissionshandel unterliegenden Sektoren wie der Stahlindustrie ergeben, wird derzeit in den europäischen Richtlinien und Verordnungen zu den einzelnen Rechtsmaterien festgelegt. Aktuell liegt der Zielwert gemäß EU-ETS bei minus 43 % gegenüber 2005.

      Die österreichische Bundesregierung sieht ihrerseits die Klimaneutralität bereits bis spätestens 2040 und damit um ein Jahrzehnt früher als das Paris-Abkommen und die EU vor. Auch auf natio­naler Ebene sind die dafür erforderlichen gesetzlichen Weichenstellungen noch im Gange.

      Dekarbonisierungskonzept der voestalpine

      Die voestalpine verfolgt einen umfassenden Plan zur Dekarbonisierung ihrer Stahlproduktion. Dieser sieht vorerst Elektrifizierung aus erneuerbarer Energie und langfristig den Umstieg auf Wasserstoffmetallurgie vor.

      Der erste Meilenstein ermöglicht es, bis 2030 den prozessbedingten CO2-Ausstoß um rund 30 % dauerhaft zu senken. Das entspricht etwa 3 bis 4 Mio. Tonnen weniger Emissionen pro Jahr. Das Projekt „greentec steel“ markiert den schrittweisen Umstieg von der kohlebasierten Hochofen- auf eine grünstrombasierte Elektrolichtbogentechnologie. Dabei sind neben Schrott auch flüssiges Roheisen und CO2-reduzierter Eisenschwamm (HBI) die wichtigsten Einsatzstoffe. Die innovative Herausforderung liegt darin, mit diesem Verfahren die gleichen höchstwertigen Qualitäten zu erzeugen wie mit der bestehenden Hochofen-/LD-Stahlwerksroute.

      Investitions- und höhere Betriebskosten aufgrund hoher Preise für grünen Strom können nicht von den Unternehmen alleine getragen werden. Die ausreichende Bereitstellung budgetärer Mittel für nationale und europäische Mechanismen in der Kofinanzierung ist – neben der Verfügbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit grüner Energien – Grundvoraussetzung für das Erreichen der ambitionierten Klimaziele.

      Das Hybridkonzept „greentec steel“ bildet die Basis für die wasserstoffbasierte Transformation bis 2050. Indem erneuerbarer Strom und grüner Wasserstoff die Kohle als Reduktionsmittel von Eisenerz vollständig ersetzen, soll bis 2050 – vorbehaltlich der wirtschaftlichen Darstellbarkeit – CO2-neutral produziert werden.

      Um die langfristig wasserstoffbasierte Stahlerzeugung technologisch zu ermöglichen, arbeitet die voestalpine derzeit mit industriellen und wissenschaftlichen Partnern intensiv an Forschungs- und Demonstrationsprojekten. Neben dem bis Ende 2021 am Standort Linz laufenden EU-Leucht­turmprojekt „H2FUTURE“ zur Erzeugung grünen Wasser­stoffs laufen in Donawitz mit „Sustainable Steel“ (SuSteel) und „Hydrogen-based Fine Ore Reduction“ (Hyfor) zwei grundlegende Projekte zur Wasser­stoffmetallurgie.

      Circular Economy und Product Sustainability

      Die Umstellung des Wirtschaftssystems auf eine Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) erfordert eine Betrachtung der gesamten Wertschöpfung, das heißt aller Phasen des Lebenszyklus. Circular Economy kommt auf Prozess- und Produktebene in vielen Bereichen der voestalpine seit Langem zur Umsetzung und zur Weiterentwicklung. Neben dem wesentlichen Beitrag des Werkstoffs Stahl an sich zählen dazu:

      • die Entwicklung und Schließung von Stoff- und Materialkreisläufen zur Steigerung der Res­sourcen- und Materialeffizienz in den Her­stell- prozessen,
      • der Ausbau von Wertstoffkreisläufen für Produkte und Sekundärrohstoffe in den verschiedenen Lieferketten,
      • der Aufbau so genannter industrieller Symbiosen wie beispielsweise der Nutzung von Nebenprodukten aus der Stahlherstellung als Sekundärrohstoffe zur Herstellung von Produkten in anderen Industriesektoren,
      • die kontinuierliche Förderung von Entwicklungen zur effizienten Nutzung von alternativen bzw. sekundären Rohstoffquellen.

      Ein Schwerpunkt liegt aktuell bei der Ermittlung der ökologischen Auswirkungen von Produkten (Product Sustainability) mittels Lebenszyklus­analyse (LCA, Life Cycle Assessment). In Umweltprodukt­deklarationen (Environmental Product Declarations, EPD) werden Umweltauswirkungen von Produkten auf Basis einer Lebenszyklus­betrachtung ermittelt. EPD basieren auf den inter­nationalen Normen EN15804 und ISO14025 und werden von unabhängigen Dritten geprüft und verifiziert. Der voestalpine-Konzern hat Umweltprodukt­deklarationen etwa für feuerverzinktes Stahlband, Elektroband, colofer®, Grobbleche und Schienen im Rahmen des Deklarationsprogramms des Instituts „Bauen und Umwelt e.V.“ (IBU) gelistet und veröffentlicht. Weitere EPDs sind in Entwicklung.

      Als Teil verschiedener Liefer- und Wertschöpfungsketten führt die voestalpine zu Dekarbonisierung und Produktnachhaltigkeit den regelmäßigen ­Dialog mit Kunden. Diese stammen aus unterschiedlichen Sektoren wie beispielswiese der Auto­mobilindustrie, Elektroindustrie, Öl und Gas oder ­beteiligen sich als weitere Stakeholder aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft.

      Die voestalpine veröffentlicht Informationen zu Treibhausgasemissionen und Wasserverbrauch im Rahmen des „Carbon Disclosure Projects“ (CDP) und beteiligt sich an branchen­übergreifenden Initiativen wie „Responsible Steel“.

      Umweltmanagementsysteme

      Von den rund 130 im internen Umweltdaten­management erfassten Konzerngesellschaften weltweit – darunter alle größeren, umweltsen­siblen Betriebsstandorte – verfügen mittlerweile bereits 70 % über ein Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS. Weitere 8 % weisen andere Zertifizierungen wie Energiemanagement nach ISO 50001 aus.