Rohstoffe

      Divergierende Trends bestimmten die Preise der wichtigsten Rohstoffe für die Stahlproduktion im Geschäftsjahr 2020/21. Dahinter standen vor ­allem die Entwicklungen in China, dem weltweit mit Abstand mengenstärksten Stahlproduzenten. Als relevant für die Preisentwicklung der Einsatzmaterialien erwiesen sich vorrangig zwei Um­stände: Zum einen hatten die COVID-19-Neu­infektionen in China schon im Frühjahr 2020 wieder einen sehr niedrigen Stand erreicht. In der Folge wurden dort die wirtschaftlichen Aktivitäten bereits wieder hochgefahren, als weltweit so gut wie alle anderen Regionen umfassende Lockdowns und zum Teil ein Herunterfahren der Industrieproduktion sahen. Zum anderen wurden in China auf staatlicher Seite Infrastruktur­maßnahmen ergriffen, die die Stahlproduktion ankurbelten und so den Bedarf nach Rohstoffen erhöhten. Da die chinesische Stahlindustrie großteils auf die Hochofentechnologie setzt, trieb das in erster ­Linie die Nachfrage nach Eisenerz und Koks­kohle an, während Stahlschrott in dieser Produktionsroute nur ergänzend Verwendung findet.

      Innerhalb des voestalpine-Konzerns bilden Eisenerz und Kokskohle bzw. Koks die wesentlichen Einsatzmaterialien für die Steel Division und die Metal Engineering Division. Die metallurgischen Prozesse finden dort unter Verwendung der Hochofentechnologie statt, recycelter Stahlschrott und Legierungen werden im Stahlwerk ergänzend zu Roheisen verarbeitet. In der High Performance Metals Division wiederum kommen vorwiegend hochqualitativer recycelter Stahlschrott sowie verschiedene Legierungselemente im Bereich der Elektrolicht­bogentechnologie zum Einsatz.

      Eisenerz

      Während Australien und Brasilien die weltweit größten Erzminen betreiben, ist China der wichtigste Abnehmer für diesen Rohstoff. Die rege Nachfrage aus China sowie Beschränkungen der weltweiten Seefracht haben die Eisenerzpreise im Verlauf des Geschäftsjahres nach oben getrieben. Von bereits hohem Niveau ist die chinesische Stahlproduktion im Kalenderjahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um weitere 5 % gestiegen. Zu Beginn des Geschäftsjahres lag der Spotmarktpreis (CFR China, 62 % Eisengehalt) noch knapp über 80 USD je Tonne und somit unter dem Durchschnittsniveau von etwa 95 USD des vergangenen Geschäftsjahres. Bereits mit Anfang Juni 2020 erreichte der Eisenerzpreis ein Niveau von etwa 100 USD je Tonne und bewegte sich von Mitte August bis Ende November in einer Bandbreite von ca. 115 bis 130 USD je Tonne. Ab Anfang ­Dezember 2020 entwickelte sich der Preis für Eisen­erz wieder signifikant volatiler und ver­teuerte sich bis Ende des Kalenderjahres auf etwa 165 USD je Tonne. Der steigende Trend hielt über den Jahreswechsel hinaus an und markierte Anfang März mit ca. 175 USD je Tonne den Höchststand im Berichtsjahr. Dieser Wert wurde in den letzten Jahren nicht entfernt erreicht und nähert sich dem All-Time-High vom Februar 2011 mit ca. 185 USD je Tonne. Der steile Preisanstieg in den Winter­monaten ist nicht allein die Konsequenz des chine­sischen Wachstums der Stahlproduk­tion. Er ist auch auf eingeschränkte Kapazitäten von Eisenerzminen in Australien und Brasilien aufgrund ­ungünstiger Wetterverhältnisse zurückzuführen. Darüber hinaus erhöhen die chinesischen Stahlstandorte traditionell ihre Vorratslager bei den wichtigsten Rohstoffen im Vorfeld von „Chinese New Year“, was die Nachfrage zusätzlich ankurbelt. Mit Ende des Geschäftsjahres 2020/21 notierte der Wert für eine Tonne Eisenerz bei etwa 165 USD.

      Kokskohle & KOKS

      Gänzlich anders zeigt sich der Preisverlauf im Geschäftsjahr 2020/21 bei Kokskohle. Diese bildet das Ausgangsmaterial für metallurgischen Koks, der im Hochofen eingesetzt wird und als Energiequelle, aber auch als Reduktionsmittel dient, indem er dem Eisenerz Sauerstoff entzieht.

      Dass sich der Preistrend bei Kokskohle zum Teil gegenläufig gegenüber Eisenerz verhielt, hat vielfältige Gründe. Zum einen weist China bei der metallurgischen Kohle einen höheren Grad der Selbstversorgung auf als bei Eisenerz. Vor allem aber hat der öffentlich ausgetragene Disput auf der politischen Ebene – anders als bei Eisenerz – zu Importbeschränkungen bei der Einfuhr von australischer Kohle nach China geführt. Als Konsequenz daraus verteuerte sich zwar der Preis für die heimische chinesische Kokskohle, an den internationalen Märkten entwickelte sich der Preis zunächst jedoch rückläufig. Bewegte sich der Preis für hochwertige Kokskohle im voran­gegangenen Geschäftsjahr im Durchschnitt bei etwa 165 USD je Tonne (FOB Australien), lag er zu Beginn des Geschäftsjahres 2020/21 mit ca. 150 USD je ­Tonne etwas darunter. Gegen Ende des Kalenderjahres 2020 fiel der internationale Kokskohlepreis auf knapp über 100 USD je Tonne. Erst mit dem ­neuen Kalenderjahr setzte eine Trendumkehr ein, da es ab Herbst 2020 auch in anderen globalen Regionen zu einer zunehmenden Erholung der Stahlproduktion kam. Nachdem China als Absatzmarkt weggefallen ist, wich Australien als der weltweit größte Produzent von Kokskohle verstärkt auf andere Regionen aus. Kurzfristig stieg der Preis auf etwa 155 USD je Tonne, schwächte sich in der Folge aber wieder etwas ab und notierte mit Ende des Geschäftsjahres 2020/21 schließlich bei etwa 115 USD je Tonne.

      Stahlschrott

      Mit dem Ausbau der chinesischen Dominanz hat sich der Anteil der hochofenbasierten Stahlproduktion im Vergleich zur Elektrolichtbogentechnologie im Geschäftsjahr 2020/21 global markant erhöht. Damit haben sich auch die Preisrelationen bei den wichtigsten Einsatzstoffen verschoben. Während sich Eisenerz bereits in den ersten Monaten des aktuellen Geschäftsjahres 2020/21 signifikant ver­teuerte, bewegte sich der Preis von hochqualitativem Stahlschrott vergleichsweise nur moderat nach oben. So lag der Schrottpreis (Sorte E3, Deutschland) zu Beginn des Geschäftsjahres bei ca. 210 EUR je Tonne und stieg bis Ende November auf etwa 250 EUR je Tonne, was in etwa dem Durchschnittspreis im Geschäftsjahr 2019/20 entspricht. Eine markante Teuerung trat erst in den Folgemonaten ein, indem der Preis am Spotmarkt auf bis etwa 355 EUR je Tonne im Jänner 2021 kletterte. Gegen Ende des Geschäftsjahres er­höhte sich der Preis je Tonne Schrott weiter und notierte bei ca. 370 EUR.

      Legierungen

      Nickel, das für die High Performance Metals ­Division die kostenmäßig bedeutendste Legierung darstellt, hat sich in den vergangenen Jahren sehr volatil entwickelt. Einen wesentlichen ­Anteil daran hat Indonesien, das über reiche Nickel­vorkommen verfügt und einen Exportstopp verhängt hat, um das metallische Element im ­eigenen Land weiterzuverarbeiten. Neben der Edelstahlproduktion wird der Rohstoff im Rahmen der Batterieproduktion für die E-Mobilität immer stärker nachgefragt. Hatte rückläufiger Bedarf den Preis für Nickel zu Beginn des Geschäftsjahres noch am Tiefpunkt bei etwa 11.200 USD je Tonne ausgewiesen, erholte sich der Preis in der Folge sukzessive. China als weltweit wichtigster Abnehmer von Nickel hatte nach den COVID-19-bedingten Lockdowns die Industrieproduktion frühzeitig wieder hochgefahren und damit den Bedarf wieder angekurbelt. Bereits im August 2020 notierte Nickel an der London Metal Exchange (LME) bei über 15.000 USD je Tonne. Im Februar 2021 stieg der Preis bis auf ca. 19.700 USD je Tonne und fiel bis zum Ende des Ge­schäftsjahres wieder auf knapp unter 16.000 USD je Tonne.

      Einen ähnlichen Preisverlauf wie Nickel zeigte im Berichtsjahr Zink. Auch hier lag der Tiefpunkt bereits zu Beginn des Geschäftsjahres (ca. 1.850 USD je Tonne). Produktionsunterbrechungen in einigen Minen in Asien und Südamerika kompensierten die im Vorjahresvergleich schwächere Nachfrage, wodurch sich der Zinkpreis erholte. Infolge der kontinuierlich zunehmenden globalen Stahlproduktion stieg der Preis bis Ende März 2021 auf etwa 2.800 USD je Tonne. Etwas differenzierter entwickelten sich die Preise für das in der Werkzeugstahlproduktion eingesetzte Element Chrom. Nach einem länger andauernden Abwärtstrend erholte sich der Preis erst gegen Ende des Kalenderjahres 2020 wieder. Ebenfalls rückläufig tendierte in den ersten Monaten des Berichtsjahres der Wert für Molybdän, wobei jedoch bereits im Sommer 2020 eine Trendumkehr einsetzte.