Brief des Vorstandes

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Geschäftsjahr 2019/20 war eines der herausforderndsten der letzten Dekade. Nach jahrelanger wirtschaftlicher Expansion ist die voestalpine zu Beginn des Geschäftsjahres 2019/20 zunächst in eine Konsolidierungsphase eingetreten und wurde gegen Ende des Geschäftsjahres infolge des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie mit dem stärksten Wirtschaftsabschwung seit dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert.

Veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen auf globaler Ebene führten zu Beginn des Geschäftsjahres zu einer Verflachung der wirtschaftlichen Dynamik. Das bisher auf Globalisierung und einem möglichst uneingeschränkten Welthandel basierende Wirtschaftssystem der industrialisierten Welt wurde mit einer radikalen Änderung der US-amerikanischen Handelspolitik mehr als nur in Frage gestellt. Obwohl praktisch alle Handelspartner von den Vereinigten Staaten unfairer Handelspraktiken bezichtigt wurden, waren Europa und vor allem die Volksrepublik China Ziel der neuen Abschottungspolitik. Der Einführung von „Schutzzöllen“ auf der einen Seite folgten alsbald „Vergeltungszölle“ der anderen Seite.

Die globalen Aktienmärkte reagierten auf diese Entwicklung relativ schnell mit deutlichen Kursabschlägen und mit etwas Zeitverzögerung kam es auch in der Realwirtschaft zu einer Eintrübung des weltweiten Wirtschaftswachstums.

Vor dem Hintergrund dieser teilweise nachhaltig strukturellen Veränderungen der weltweiten ökonomischen Rahmenbedingungen wurde die langfristige Positionierung aller wesentlichen Geschäftsbereiche des voestalpine-Konzerns analysiert. Daraus resultierten in einigen Bereichen Restrukturierungs- und Abschreibungserfordernisse, die das Ergebnis des Geschäftsjahres 2019/20 mit negativen Einmaleffekten deutlich belasten.

Zur Ergebnisstabilisierung wurden umfangreiche Programme zur Kostensenkung und Ergebnisverbesserung implementiert, ein spezieller Fokus lag auf Cashflow-Generierung und Verbesserung der Bilanzstruktur.

Einige Teilerfolge können wir mit Vorlage des Geschäftsberichts 2019/20 bereits vorweisen: Die Verschuldung konnte im letzten Quartal deutlich abgebaut werden – mit einer Senkung der Gearing Ratio von 80 % auf zirka 67 % nähern wir uns wieder unserer Zielsetzung von 40 bis 50 %. Vor allem durch den deutlichen Liquiditätszufluss des letzten Quartals konnte ein Cashflow aus der Betriebstätigkeit des Gesamtjahres von 1,3 Mrd. EUR erzielt werden. Die Investitionen konnten im Geschäftsjahr 2019/20 mit weniger als 800 Mio. EUR unter das Niveau der planmäßigen Abschreibungen gesenkt werden – die erwartete Investitionshöhe für das neu begonnene Geschäftsjahr 2020/21 liegt mit ca. 600 Mio. EUR nochmals deutlich niedriger.

Ein äußerst disziplinierter Umgang mit Investitionen ist nur eine von vielen Maßnahmen, die aufgrund des wirtschaftlichen Lockdowns im Zuge der COVID-19-Pandemie unumgänglich wurden. Im 4. Quartal des Geschäftsjahres wurde die schwierige Marktsituation durch den Einfluss von COVID-19 zusätzlich massiv negativ überlagert. Somit wurde das Geschäftsjahr 2019/20 sowohl in den letzten Wochen operativ als auch im Jahresabschluss durch Einmaleffekte, im Wesentlichen durch weitere Sonderabschreibungen, beeinflusst.

Die tatsächlichen wirtschaftlichen Folgen der Pandemie werden erst in den nächsten Monaten sichtbar sein und erschweren eine seriöse Einschätzung der Umsatz- und Ergebnisentwicklung des aktuellen Geschäftsjahres 2020/21. Fest steht, dass wir uns jedenfalls auf ein Szenario länger anhaltender Volatilität einstellen müssen. Der Vorstand schlägt daher vor, die Dividende für das Geschäftsjahr 2019/20 aufgrund der Ergebnisse des abgelaufenen Geschäftsjahres und der unsicheren Prognose für 2020/21 auf 0,20 EUR je Aktie zu reduzieren.

In der dramatischen aktuellen Lage zeigen sich einmal mehr die großen Stärken der voestalpine: einerseits die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit großem Einsatz an der Bewältigung dieser außergewöhnlichen Situation arbeiten, und andererseits die robuste strategische Ausrichtung, auf die der Konzern bauen kann. Im Portfolio befinden sich Geschäftsbereiche, die auch im Lockdown eine sehr gute Performance zeigten, wie beispielsweise Eisenbahninfrastruktur oder Lagertechnik. Das ist eine gute Basis, die voestalpine auch in einem schwierigen Umfeld langfristig erfolgreich weiterzuentwickeln.

Linz, 26. Mai 2020

Der Vorstand

Herbert Eibensteiner e. h.

Franz Kainersdorfer e. h.

Robert Ottel e. h.

Franz Rotter e. h.

Peter Schwab e. h.

Hubert Zajicek e. h.


Über voestalpine

Die voestalpine ist ein in seinen Geschäftsbereichen weltweit führender Stahl- und Technologiekonzern mit kombinierter Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Die global tätige Unternehmensgruppe verfügt über rund 500 Konzerngesellschaften und -standorte in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten. Sie notiert seit 1995 an der Wiener Börse. Mit ihren qualitativ höchstwertigen Produkt- und Systemlösungen zählt sie zu den führenden Partnern der Automobil- und Hausgeräteindustrie sowie der Luftfahrt- und Öl- & Gasindustrie und ist darüber hinaus Weltmarktführer bei Bahninfrastruktursystemen, bei Werkzeugstahl und Spezialprofilen. Die voestalpine bekennt sich zu den globalen Klimazielen und arbeitet intensiv an Technologien zur Dekarbonisierung und langfristigen Reduktion ihrer CO2-Emissionen. Im Geschäftsjahr 2019/20 erzielte der Konzern bei einem Umsatz von 12,7 Milliarden Euro ein operatives Ergebnis (EBITDA) von 1,2 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit rund 49.000 Mitarbeiter.

Fakten

50 Länder auf allen fünf Kontinenten
500 Konzerngesellschaften und -standorte
49.000 Mitarbeiter weltweit

Ergebnis GJ 2019/20

€ 12,7 Mrd.

Umsatz

€ 1,2 Mrd.

EBITDA

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