Beschreibung wesentlicher Risikofelder

Die letzten Wochen des Geschäftsjahres 2019/20 waren von der globalen COVID-19-Krise und dem damit verbundenen Ausnahmezustand geprägt.

Pandemie, COVID-19-Krise

Der voestalpine-Konzern ist im abgelaufenen Geschäftsjahr – so wie viele andere Unternehmen auch – innerhalb kürzester Zeit vom Coronavirus und seinen unmittelbaren Auswirkungen in den Krisenmodus gezwungen worden. Diese von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit ausgerufene Pandemie hat zu einem noch nie dagewesenen und immer noch anhaltenden medizinischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ausnahmezustand geführt. Um die Ausbreitung der Krankheit ehestmöglich einzudämmen, wurden in vielen Ländern auf Basis nationaler Pandemiepläne und Gesetze rigorose Maßnahmen ergriffen. Gesetzliche und behördliche Vorgaben wurden von der voestalpine umgehend umgesetzt und seitens des Konzerns vollinhaltlich unterstützt. Über zwingende Vorgaben hinaus wurden im Rahmen der jeweiligen lokalen Notwendigkeiten beziehungsweise Möglichkeiten zum Schutz und zur bestmöglichen Unterstützung der Mitarbeiter und deren Familien zahlreiche Maßnahmen gesetzt (wie zum Beispiel ergänzende Sicherheitsmaßnahmen in Bezug auf Gesundheit und Hygiene in den verschiedenen Produktionsbereichen, sofern möglich Arbeit von zu Hause aus – Teleworking – und Berücksichtigung von Betreuungspflichten).

Im Zuge des konzernalen Krisenmanagements wurden Krisenteams auf drei Entscheidungsebenen (Konzern, Divisionen, Gesellschaften) eingerichtet, die ein rasches und koordiniertes Vorgehen an allen Konzernstandorten sicherstellen. Dabei kommen Notfall- und Krisenpläne zur Anwendung, welche unter den jeweils gegebenen Bedingungen zum Schutz der Mitarbeiter und – dort, wo erforderlich und möglich – zur bestmöglichen Aufrechthaltung des Betriebes und zur Stabilität der Organisation beitragen. Maßnahmen zur Krisenbewältigung sind zum Beispiel Sicherung der Liquidität, Kurzarbeit, Abbau von Zeitguthaben, vorgezogene Betriebsurlaube, an die vorherrschenden Lieferketten angepasste und eingeschränkte Produktionsaktivitäten beziehungsweise vorübergehende Produktionsstilllegungen. Ergänzend findet ein regelmäßiger Informationsaustausch mit unseren wesentlichen Kunden und Lieferanten statt. Angewandte Notfall- und Krisenpläne sowie eingeleitete Maßnahmen werden in der Krisensituation regelmäßig bewertet und im Bedarfsfall an neue Erkenntnisse angepasst.

Darüber hinaus haben die im Vorjahresgeschäftsbericht dargestellten wesentlichen Risikofelder und deren Vorsorgemaßnahmen nach wie vor Gültigkeit:

ROHSTOFFVERFÜGBARKEIT UND ENERGIEVERSORGUNG

Zur langfristigen Absicherung der Rohstoff- und Energieversorgung in den erforderlichen Qualitäten und Mengen verfolgt der voestalpine-Konzern bereits seit einigen Jahren eine den erhöhten politischen und wirtschaftlichen Risiken dieses globalisierten Marktes entsprechende diversifizierte Beschaffungsstrategie. Langfristige Lieferbeziehungen, die Ausweitung des Lieferantenportfolios sowie der Ausbau der Eigenversorgung bilden dabei die Kernelemente, die angesichts der gegebenen Volatilität auf den Rohstoffmärkten nicht an Bedeutung verloren haben (Näheres dazu im Kapitel „Rohstoffe“ dieses Geschäftsberichts). Im Bereich der Energieversorgung werden laufend alternative Energieressourcen untersucht und vorangetrieben.

Generell werden durch die Pandemie globale Lieferketten gestört. Dabei kann es von Seite der Lieferanten, von Seite der Kunden oder durch Störungen in den Transportwegen zu Einschränkungen kommen.

RICHTLINIE ZUR ROHSTOFFPREISABSICHERUNG

In einer internen Richtlinie sind Ziele, Grundsätze, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sowie Methodik, Abläufe und Entscheidungsprozesse für den Umgang mit Rohstoffpreisrisiken festgelegt. Darauf aufbauend und unter Berücksichtigung individueller Besonderheiten des Geschäftsmodells der jeweiligen Konzerngesellschaft werden Preissicherungen in Form von Lieferverträgen mit Fixpreisvereinbarung oder in Form von derivativen Finanzkontrakten vorgenommen. Für die Sicherung von Rohstoffbezugsverträgen werden Finanzderivate eingesetzt.

CO2-THEMATIK

Risiken in Bezug auf CO2 werden gesondert im Kapitel „Umwelt“ dieses Geschäftsberichts behandelt.

AUSFALL VON PRODUKTIONSANLAGEN

Zur Minimierung des Ausfallsrisikos bei kritischen Anlagen werden gezielte und umfangreiche Investitionen in die technische Optimierung sensibler Aggregate getätigt. Konsequente vorbeugende Instandhaltung, risikoorientierte Reserveteillagerung sowie Schulung der Mitarbeiter stellen ergänzende Maßnahmen dar.

AUSFALL VON IT-SYSTEMEN

Die Servicierung der Geschäfts- und Produktionsprozesse, die großteils auf komplexen Systemen der Informationstechnologie basieren, wird an einem überwiegenden Teil der Konzernstandorte von einer zu 100 % im Eigentum der Konzernholding voestalpine AG stehenden und auf IT spezialisierten Tochtergesellschaft (der voestalpine group-IT GmbH) wahrgenommen. Aufgrund der Bedeutung von IT-Sicherheit beziehungsweise zur weiteren Minimierung möglicher IT-Ausfalls- und Sicherheitsrisiken wurden in der Vergangenheit sicherheitstechnische IT-Mindeststandards erarbeitet, welche auch Vorgaben zum Business Continuity Management beinhalten. Diese Mindeststandards werden regelmäßig an neue Gegebenheiten angepasst. Die Einhaltung wird jährlich in Form von Audits überprüft. Um das Risiko des unautorisierten Eindringens in IT-Systeme und -Anwendungen weiter zu reduzieren, werden zusätzlich periodische Penetrationstests durchgeführt. Auch im abgeschlossenen Geschäftsjahr erfolgten breit angelegte Onlinekampagnen zur weiteren Sensibilisierung der Mitarbeiter hinsichtlich Sicherheitsthemen. Im Zuge dieser Onlinekampagnen wird verstärkt auch auf das Thema Cyber-Security eingegangen. In einer Arbeitsgruppe werden etwaige Cyber-Fraud-Angriffe (wie zum Beispiel Social Engineering, CEO-Fraud, Zahlungsumleitung, Lieferumleitung) gesammelt und Maßnahmen zur Prävention entwickelt beziehungsweise bestehende Maßnahmen auf deren Wirksamkeit geprüft und gegebenenfalls angepasst. Zur Abwendung von möglichen Cyber-Fraud-Angriffen und zur weiteren Sensibilisierung der Mitarbeiter werden ebenfalls umfangreiche Onlinekampagnen durchgeführt sowie spezielle E-Learning-Initiativen gesetzt.

WISSENSMANAGEMENT / PROJEKTMANAGEMENT

Zur nachhaltigen Sicherung des Wissens, insbesondere zur Absicherung vor Know-how-Verlust, wurden schon in der Vergangenheit anspruchsvolle Projekte begonnen, die konsequent weiterentwickelt werden. Neben einer permanenten Dokumentation des vorhandenen Wissens werden neue Erkenntnisse aus wesentlichen Projekten, aber auch aus ungeplanten Vorfällen – im Sinne von „lessons learned“ – entsprechend umgesetzt. Detaillierte Prozessdokumentationen, vor allem auch im IT-gestützten Bereich, tragen ebenfalls zur Sicherung des vorhandenen Wissens bei.

Etwaigen Risiken aus Projekten (wie zum Beispiel Investitionen, Projektgeschäft) wird durch den Einsatz unterschiedlichster Projekt-Management-Tools sowie durch entsprechendes Projekt-Monitoring entgegengewirkt. Erkenntnisse aus früheren Aktivitäten werden im Sinne von „lessons learned“ ebenfalls gesammelt und bilden die Basis in der kontinuierlichen Weiterentwicklung bestehender Werkzeuge zur konsequenten Anwendung bei künftigen Vorhaben.

COMPLIANCE-RISIKEN

Compliance-Verstöße wie zum Beispiel Kartell- und Korruptionsverstöße stellen ein erhebliches Risiko dar und können zu nachteiligen Auswirkungen – sowohl in Bezug auf finanzielle Schäden als auch Reputationsschäden – führen. Durch ein konzernales Compliance Management System soll insbesondere Kartell- und Korruptionsverstößen entgegengewirkt werden. Zu Kartellverfahren und -vorwürfen siehe Punkt 19 im Anhang.

RISIKEN DER VERLETZUNG DATENSCHUTZRECHTLICHER BESTIMMUNGEN

Die Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen kann sich nachteilig finanziell auswirken und zu Reputationsschäden führen. Basierend auf den konzernweit gültigen Datenschutzrichtlinien wurde eine Datenschutzorganisation eingerichtet, welche das Management der Konzerngesellschaften darin unterstützt, ihre Verant- wortung wahrzunehmen, die gesetzlichen und konzerninternen Datenschutzvorschriften einzuhalten.

RISIKEN AUS DEM FINANZBEREICH

Betreffend Richtlinienkompetenz, Strategiefestsetzung und Zieldefinition ist das finanzielle Risikomanagement zentral organisiert. Das bestehende Regelwerk beinhaltet Ziele, Grundsätze, Aufgaben und Kompetenzen sowohl für das Konzern-Treasury als auch für den Finanzbereich der einzelnen Konzerngesellschaften. Finanzielle Risiken werden ständig beobachtet und – wo sinnvoll – abgesichert. Die Strategie zielt insbesondere auf Natural Hedges und eine Verminderung der Schwankungen der Cashflows und der Erträge ab. Die Absicherung der Marktrisiken erfolgt zu einem hohen Anteil mit derivativen Finanzinstrumenten, die ausschließlich in Verbindung mit einem Grundgeschäft verwendet werden.

Im Einzelnen werden Finanzierungsrisiken durch folgende Maßnahmen abgesichert:

Liquiditätsrisiko

Liquiditätsrisiken bestehen im Allgemeinen darin, dass ein Unternehmen möglicherweise nicht in der Lage ist, den finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Die bestehenden Liquiditätsreserven versetzen die Gesellschaft in die Lage, auch in Krisenzeiten ihre Verpflichtungen fristgerecht zu erfüllen. Wesentliches Instrument zur Steuerung des Liquiditätsrisikos ist weiters eine exakte Finanzplanung, die quartalsweise revolvierend erstellt wird. Anhand der konsolidierten Ergebnisse wird der Bedarf an Finanzierungen und Kreditlinien bei Banken durch das zentrale Konzern-Treasury ermittelt.

Um der aktuellen Situation aufgrund der COVID-19-Krise Rechnung zu tragen, fanden zusätzliche Abfragen durch das Konzern-Treasury statt. Der geplante Liquiditätsbedarf der nächsten zwölf Monate soll durch eine Liquiditätsreserve abgedeckt sein.

Bonitätsrisiko

Das Bonitätsrisiko bezeichnet Vermögensverluste, die aus der Nichterfüllung von Vertragsverpflichtungen einzelner Geschäftspartner entstehen können. Das Bonitätsrisiko der Grundgeschäfte ist durch einen sehr hohen Anteil an Kreditversicherungen und bankmäßigen Sicherheiten (Garantien, Akkreditive) weitestgehend abgesichert. Das Ausfallsrisiko für das verbleibende Eigenrisiko wird durch definierte Prozesse der Bonitätsbeurteilung, Risikobewertung, Risikoklassifizierung und Bonitätsüberwachung gemanagt. Per 31. März 2020 waren 81 % der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen über eine Kreditversicherung gedeckt. Durch die Pandemie kann es zur Kürzung von Limits durch die Kreditversicherungen und zu höheren Forderungsausfällen kommen. Das Bonitätsrisiko der Geschäftspartner von finanziellen Kontrakten wird durch ein tägliches Monitoring des Ratings und der Veränderung der CDS-Levels (Credit Default Swap) der Kontrahenten gesteuert.

Währungsrisiko

Vorrangiges Ziel des Fremdwährungsrisikomanagements ist es, durch Bündelung der Cashflows einen Natural Hedge (Cross Currency Netting) im Konzern zu erzielen. Eine Absicherung erfolgt dabei zentral durch den Abschluss von derivativen Sicherungsinstrumenten durch das Konzern-Treasury. Die voestalpine AG sichert die budgetierten Fremdwährungszahlungsströme (netto) der nächsten zwölf Monate ab. Längerfristige Absicherungen werden nur bei kontrahierten Projektgeschäften durchgeführt. Die Sicherungsquote liegt zwischen 25 % und 100 % der budgetierten Zahlungsströme innerhalb der nächsten zwölf Monate.

Zinsrisiko

Die Zinsrisikobeurteilung erfolgt für den gesamten Konzern zentral in der voestalpine AG. Hier wird insbesondere das Cashflow-Risiko (Risiko, dass sich der Zinsaufwand beziehungsweise Zinsertrag zum Nachteil verändert) gemanagt. Mit Stichtag 31. März 2020 würde die Erhöhung des Zinsniveaus um einen Prozentpunkt zu einer Erhöhung des Nettozinsaufwands im nächsten Geschäftsjahr in Höhe von 10,9 Mio. EUR führen. Dies ist jedoch eine Stichtagsbetrachtung, die im Zeitverlauf zu Schwankungen führen kann.

Preisrisiko

Eine Preisrisikobeurteilung findet ebenfalls in der voestalpine AG statt, zur Quantifizierung des Zins- und Währungsrisikos werden insbesondere Szenarioanalysen eingesetzt.


Über voestalpine

Die voestalpine ist ein in seinen Geschäftsbereichen weltweit führender Stahl- und Technologiekonzern mit kombinierter Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Die global tätige Unternehmensgruppe verfügt über rund 500 Konzerngesellschaften und -standorte in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten. Sie notiert seit 1995 an der Wiener Börse. Mit ihren qualitativ höchstwertigen Produkt- und Systemlösungen zählt sie zu den führenden Partnern der Automobil- und Hausgeräteindustrie sowie der Luftfahrt- und Öl- & Gasindustrie und ist darüber hinaus Weltmarktführer bei Bahninfrastruktursystemen, bei Werkzeugstahl und Spezialprofilen. Die voestalpine bekennt sich zu den globalen Klimazielen und arbeitet intensiv an Technologien zur Dekarbonisierung und langfristigen Reduktion ihrer CO2-Emissionen. Im Geschäftsjahr 2019/20 erzielte der Konzern bei einem Umsatz von 12,7 Milliarden Euro ein operatives Ergebnis (EBITDA) von 1,2 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit rund 49.000 Mitarbeiter.

Fakten

50 Länder auf allen fünf Kontinenten
500 Konzerngesellschaften und -standorte
49.000 Mitarbeiter weltweit

Ergebnis GJ 2019/20

€ 12,7 Mrd.

Umsatz

€ 1,2 Mrd.

EBITDA

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