Das Marktumfeld der Metal Engineering Division stellte sich 2019/20 über die beiden Geschäftsbereiche Railway Systems und Industrial Systems sehr unterschiedlich dar. Der Bereich Railway Systems, der seit dem Geschäftsjahr 2018/19 die Kompetenzen von Schienen-, Weichen- und Signaltechnikprodukten bündelt, verzeichnete über den gesamten Verlauf des Geschäftsjahres eine gute Buchungslage. Dagegen trübten sich die Bedingungen am Markt für zwei der drei Produktsegmente im Bereich Industrial Systems – im Wesentlichen für Draht- und Nahtlosrohrprodukte – sichtlich ein. Das Produktsegment Welding Consumables (Schweißzusatzwerkstoffe und Schweißequipment) konnte sich demgegenüber über das gesamte Geschäftsjahr trotz konjunktureller Marktabschwächung relativ stabil entwickeln.
Der hohe Anspruch an die Produktqualität, den die Weiterverarbeitungsbereiche Railway Systems und Industrial Systems ihren Kunden garantieren, ist mit der eigenen Stahlerzeugung auf Basis der Hochofentechnologie in Donawitz, Österreich, eng verknüpft. In einzelnen Segmenten wie Wire Technology (Draht) und Tubulars (Nahtlosrohre) setzen Mitbewerber teilweise auf die Herstellung von Vormaterial mittels Elektroofentechnologie. Aufgrund der signifikanten Verteuerung von Eisenerz für den Hochofenbetrieb gegenüber Schrott für den Betrieb von Elektroöfen profitierten diese Hersteller von zeitweise deutlichen Vorteilen bei den Rohstoffkosten. Partiell konnte der voestalpine-Stahlstandort in Donawitz, Österreich, diesen Nachteil durch einen kostenoptimierten Rohstoffmix in der Roheisenerzeugung kompensieren.
Die solide Auftragssituation in Europa wirkte sich 2019/20 positiv auf den Geschäftsbereich Railway Systems aus. Für das Produktsegment Rails (Schienen) mit der Schienenherstellung in Donawitz, Österreich, bilden Investitionen in das europäische Schienennetz den bei Weitem wichtigsten Markt. Außerhalb Europas liegt der Fokus traditionell auf dem Schwerlastverkehr in den Minenregionen. Hier kamen sowohl aus Australien als auch aus Brasilien im Großen und Ganzen positive Impulse. Die insgesamt zufriedenstellende Nachfrage sicherte eine gute Auslastung der Schienenproduktion in Donawitz. Negativ auf die Ergebnisentwicklung wirkten sich hingegen die hohen Rohstoffkosten aus, die nur zeitverzögert an die Kunden weitergegeben werden konnten.
Das Produktsegment Turnout Systems (Weichensysteme) mit über 40 Produktions- und Vertriebszentren ist durch seine verstärkt globale Ausrichtung geprägt. Der weltweite Marktführer entwickelt und produziert Weichensysteme entsprechend speziellen Kundenanforderungen für den Hochgeschwindigkeits-, Schwerlast- sowie Nahverkehrsbereich. Nachfrageseitig profitierte Turnout Systems im Geschäftsjahr 2019/20 in China von umfangreichen Konjunkturprogrammen zur Stimulierung der Wirtschaft. In Europa, Australien und Brasilien bewegten sich die Aktivitäten auf zufriedenstellendem Niveau. Wenig Dynamik zeigte hingegen Südafrika. Der US-Markt schließlich war durch eine im Lauf des Geschäftsjahres rückläufige Tendenz gekennzeichnet. Großteils in privater Hand sowie stark auf den Gütertransport ausgerichtet, hängt der Eisenbahnmarkt in den USA stark von konjunkturellen Verläufen ab. Das Geschäftsvolumen erneut ausweiten konnte im Geschäftsjahr 2019/20 das Produktsegment Signaling (Signaltechnik). Im Mittelpunkt stehen dabei digitalisierte Weichen-Diagnosesysteme und Gefahrmeldeanlagen für das Rollende Material, die es den Kunden ermöglichen, nicht notwendige Präventivwartungen einzusparen.
Die COVID-19-Pandemie verursachte im Bereich Railway Systems bisher nur vergleichsweise moderat negative Auswirkungen. In China war zwar die Weichenproduktion für einige Wochen eingeschränkt, der Auftragsbestand ist aber weiterhin hoch. In Europa zeigte sich der Markt für Eisenbahninfrastruktur ebenfalls sehr robust. Da Eisenbahnsysteme in den USA und Australien als systemrelevant gelten, konnte dort unter Einhaltung von strikten Sicherheitsvorkehrungen die Produktion fortgesetzt werden.
Im Geschäftsbereich Industrial Systems verschlechterte sich das Marktumfeld im Laufe des Geschäftsjahres 2019/20 weiter. Als Partner der europäischen Automobilzulieferindustrie stellt das Produktsegment Wire Technology den Kunden hochqualitative Drahtprodukte zur Verfügung. Das Vormaterial Draht wird unter anderem zu Motorschrauben, Kugellagern oder Federn für Stoßdämpfer verarbeitet. Die herausfordernden Bedingungen, mit denen Wire Technology im abgelaufenen Geschäftsjahr konfrontiert war, resultieren aus einer Kombination von Faktoren: Sinkendes Marktvolumen infolge rückläufiger Pkw-Produktion in Europa geht einher mit erhöhtem Margendruck, ausgelöst durch hohe Rohstoffkosten. Der sinkenden Auslastung folgend, wurde bei der Walzdrahtherstellung in Donawitz, Österreich, mit Beginn des Geschäftsjahres 2019/20 die Kapazität von einem Vierschicht- auf einen Dreischichtbetrieb angepasst.
Auch im Produktsegment Tubulars (Nahtlosrohre) war das wirtschaftliche Umfeld durch nachlassende Marktdynamik sowie hohen Wettbewerbsdruck beeinträchtigt. Tubulars fertigt sauergasbeständige Ölfeldrohre für die Aufschließung beziehungsweise Förderung von Erdöl und Erdgas sowie gasdichte Gewindeverbindungen. Im Geschäftsjahr 2019/20 zeigte die Nachfrage nach Equipment für Schieferöl- und Schiefergasbohrungen in den USA eine rückläufige Tendenz. Aufgrund der Verhängung von Schutzzöllen (Section 232) bei der Einfuhr von Stahlprodukten hat der US-Markt für Tubulars bereits zuvor an Attraktivität eingebüßt. Als Reaktion auf diese Entwicklungen werden im Segment gezielte Maßnahmen eingeleitet: Zum einen ist die weitere Segmentierung der Absatzregionen das erklärte Ziel. Zum anderen sind Innovationen konsequent voranzutreiben, um eine weitere Differenzierung auf der Produktseite zu erreichen. Als operative Maßnahme wurde die Fertigung in Kindberg, Österreich, nach dem Sommer 2020 von einem Vierschicht- auf einen Dreischichtbetrieb umgestellt. Angesichts des Ölpreisverfalls gegen Ende des Geschäftsjahres 2019/20 und im Licht der aktuell einbrechenden Nachfrage wird mit einer Erholung des Ölsektors nicht vor Beginn des nächsten Geschäftsjahres zu rechnen sein.
Im Produktsegment Welding Consumables (Schweißtechnik) wurden in den vergangenen Jahren umfangreiche Maßnahmen zur Kostensenkung beziehungsweise zur Steigerung der Prozesseffizienz umgesetzt. Durch den Zukauf des norditalienischen Schweißmaschinenherstellers Selco im 4. Quartal 2019/20 entwickelte sich das Segment zu einem Gesamtlösungsanbieter am Markt für Schweißtechnologie (siehe Kapitel „Akquisitionen“). Das Produktportfolio umfasst neben einem umfangreichen Sortiment von Schweißzusatzwerkstoffen speziell für die Energie- und Transportenergie nunmehr auch Schweißmaschinen. In den USA wurde ein Standort neu errichtet, um den negativen Folgen der US-Abschottungspolitik entgegenzuwirken. Marktseitig entwickelte sich das Umfeld durch den Rückgang der Industriekonjunktur in den USA jedoch wenig erfreulich, während es sich in Europa trotz der konjunkturellen Eintrübung einigermaßen zufriedenstellend gestaltete. Die vergleichsweise positive Dynamik in Asien in den ersten drei Quartalen 2019/20 wurde durch die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie unterbrochen.
Insgesamt blieben die negativen Effekte für den Geschäftsbereich Industrial Systems im 4. Quartal 2019/20 durch COVID-19 überschaubar. Das Management der Metal Engineering Division reagierte auf rückläufige Auftragseingänge mit weiteren Initiativen zur Kostensenkung. So wurden an wesentlichen Standorten in Europa Mitarbeiter zur Kurzarbeit angemeldet, um Kapazitäten so gut wie möglich an die Nachfragesituation anpassen zu können.
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