Umweltaufwendungen
Nach zwei Großprojekten, die im Geschäftsjahr 2018/19 in den Divisionen Steel und High Performance Metals abgeschlossen wurden, gingen die Umweltinvestitionen von 66,2 Mio. EUR auf 35,0 Mio. EUR und damit auf das Niveau früherer Jahre zurück. Anders stellt sich die Entwicklung der laufenden Umweltaufwendungen dar, die von 299,1 Mio. EUR auf 314,5 EUR gestiegen sind.
Entwicklung der Umweltaufwendungen
Mio. EUR
1 Erstmals wurde im Geschäftsjahr 2015/16 zusätzlich zu den emissionsintensiven österreichischen Konzernstandorten auch eine Reihe weiterer, vorwiegend internationaler Produktionsgesellschaften erfasst.
CO2-Zertifikate
Hauptgrund dafür ist die ergebniswirksame Belastung aus dem EU-Emissionshandel, die sich im abgelaufenen Geschäftsjahr aufgrund der gestiegenen Zertifikatepreise von 69,1 Mio. EUR auf 90,0 Mio. EUR erhöht hat. Davon entfielen allein 62,2 Mio. EUR (Vorjahr: 44,0 Mio. EUR) auf die Steel Division.
Die Unterdeckung (Gesamtzertifikatebedarf abzüglich zugeteilter Gratiszertifikate) lag im abgelaufenen Geschäftsjahr wie bereits im Schnitt der Vorjahre bei rund einem Drittel der CO2-Emissionen. Ein Zukaufsbedarf in ähnlicher Größenordnung wird aus heutiger Sicht auch für die kommende Emissionshandelsperiode von 2021 bis 2030 erwartet.
Nach dem exorbitanten Preisanstieg in den vergangenen beiden Geschäftsjahren war die Entwicklung weiterhin sehr volatil. Der Hauptgrund für das jedoch zuletzt temporär niedrigere Preisniveau lag in der gesamtkonjunkturellen Abschwächung, die sich gegen Ende des Geschäftsjahres mit Ausbruch der COVID-19-Pandemie mit breitflächigen Produktionsstillständen weiter verschärfte und damit nicht nur zu einem Rückgang industrieller Emissionen, sondern auch von Energieerzeugung und -verbrauch führte.
Betriebliche Umweltschwerpunkte und -Massnahmen
Trotz rückläufiger Investitionen im schwierigen wirtschaftlichen Umfeld hat der voestalpine-Konzern auch im abgelaufenen Geschäftsjahr an seinen weltweiten Standorten bedeutende Vorhaben im Umwelt- und Klimaschutz verwirklicht.
In den am Standort Linz, Österreich, konzentrierten stahlerzeugenden und -verarbeitenden Unternehmen der Steel Division standen im Umweltprogramm des Geschäftsjahres 2019/20 Maßnahmen im Vordergrund, die den Einsatz von fossilen Stoffen wie Koks und Erdgas, im Prozess anfallender Energie wie Gichtgas, elektrischer Strom und die Nutzung von Wasser zur Kühlung von Aggregaten weiter verringern. Zudem wurden in der Stahlerzeugung am Standort Linz Schritte zur Verringerung anfallender Stäube gesetzt.
Die Arbeiten beim größten Altlastensanierungsprojekt Österreichs auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei wurden erfolgreich weitergeführt. Hotspots (hochkontaminierter Boden) im Bereich des ehemaligen Tanklagers wurden entfernt. Der Betrieb des „Funnel & Gate-Systems“ ermöglicht es nunmehr bereits seit fünf Jahren, einem Abtransport von Schadstoffen über das Grundwasser erfolgreich entgegenzuwirken.
Schwerpunkt der Investitionstätigkeit in der High Performance Metals Division ist aktuell noch das neue Edelstahlwerk in Kapfenberg, Österreich, das 2021 in Betrieb gehen und auch in ökologischer Hinsicht (Energieeffizienz/Wärmerückgewinnung, Abwasserkreislauf) höchste Standards setzen wird.
Am selben Standort wurde im abgelaufenen Geschäftsjahr das Projekt „Umweltoptimiertes Beizen“ mit einem Volumen von rund 16 Mio. EUR fertiggestellt. Die neu errichtete vollautomatische Salzbad- und Tunnelbeizanlage ist mit einer Abluft- und Abwasserbehandlungsanlage der neuesten Generation zur chemischen Behandlung von Walzdraht und gezogenem Edelstahldraht ausgestattet. Das bringt eine signifikante Verbesserung bei Luft-, Abwasser- und Abfallemissionen, in der Ressourceneffizienz und letztlich die weitere Reduktion gesundheitlicher Risiken für die Beschäftigten. Die Beizerei wurde neu als getunnelte Anlage konzipiert. Säuredämpfe werden über Abluftwäscher behandelt, eine Regenerationsanlage reduziert den Verbrauch von Säure. Durch die Kaskadenführung von Spülwasser und die Säureregeneration vermindert sich die Menge von als „gefährlich“ eingestuftem Abfall in Form von Schlamm aus der Abwasserreinigungsanlage. Die neue Abwasseraufbereitung verringert zudem die Emissionskonzentration sowie die Menge des Abwassers markant. Nicht zuletzt ermöglicht es die neu konzipierte Anlage künftig, dass die Mitarbeiter ihre Tätigkeiten ausüben, ohne sich in unmittelbarer Nähe zu den Säurebädern aufhalten zu müssen.
Der Fokus der Metal Engineering Division lag auf der weiteren Verbesserung der Ressourceneffizienz und auf nachhaltig wirksamen Maßnahmen im Energiebereich.
Am größten Standort Donawitz, Österreich, ermöglicht ein umfangreiches Programm zur Steigerung der Effizienz, den Wirkungsgrad der Eigenstromerzeugung aus Kuppelgasen im unternehmenseigenen Kraftwerk um bis zu 20 GWh/Jahr zu steigern. Zudem werden über technische Maßnahmen im Betrieb des Kraftwerksblocks rund 6.000 MWh pro Jahr an Energie eingespart. Im März 2020 wurde weiters an der Sinteranlage ein neues Prozessabgasgebläse in Betrieb genommen, das über seinen höheren Wirkungsgrad ebenfalls deutlich weniger Strom verbraucht. Die Produktionsgesellschaften der Division haben zudem umfassend in die Optimierung von Kühl- und Abwassersystemen und teilweise auch in die thermische Sanierung von Betriebsgebäuden investiert.
Hinsichtlich der hohen Umweltstandards der voestalpine ist der Standort Zeltweg (Weichentechnologie), Österreich, hervorzuheben, der seit nunmehr zehn Jahren CO2-neutral arbeitet. Möglich wurde dies durch umfangreiche Energiespar- und -effizienzmaßnahmen, durch die Nutzung von Fernwärme aus Biomasse und Abwärme und durch ein eigenes Wasserkraftwerk. Weitere Projekte am Standort Zeltweg stehen in Planung, wobei der Fokus auf der Reduktion des Energieverbrauchs liegt. Dazu gehören die vollständige Umstellung der Hallenheizungen auf CO2-neutrale Fernwärme und der Ersatz von mit Erdgas betriebenen Staplern durch elektrische Fahrzeuge. Rund 40 % der noch verbleibenden direkten CO2-Emissionen, die bislang durch Überschussstrom aus dem eigenen Wasserkraftwerk überkompensiert wurden, können über diesen Weg eingespart werden.
Auch die Metal Forming Division setzte an einer Reihe von Standorten in Österreich und international Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Energieeffizienz und damit zur Reduktion von CO2-Emissionen. Dazu zählen die breitflächige Umstellung auf LED in der Hallenbeleuchtung, die Verbesserung der Wärmerückgewinnung und die Verringerung des Wasserverbrauchs.
Ein beispielhaftes Projekt zur Erzeugung erneuerbarer Eigenenergie, das innovative voestalpine-Produkte für Photovoltaik nutzt, wurde in den Niederlanden realisiert: Am Werksstandort Bunschoten für Automobilkomponenten erzeugen künftig 35.000 Sonnenkollektoren mit einer Fläche von mehr als acht Fußballfeldern eine jährliche Spitzenleistung von rund 10 Mio. kWh Sonnenenergie. Damit ist ein Drittel des Eigenbedarfs gedeckt, die CO2-Emissionen reduzieren sich um fast 6.000 Tonnen pro Jahr. Bei der Dachbefestigung der Solarpanele kommen Spezialprofilsysteme der voestalpine aus Belgien zum Einsatz.
Eine jährliche Einsparung beim Erdgasverbrauch von 600 MWh bei gleichzeitiger Steigerung der Produktionsmenge erreicht die Division in ihrer Präzisionsprofilfertigung in Niederösterreich. Dazu wurde der Härteofen auf sogenannte Rekuperationsbrenner umgebaut. Das neue System benötigt weniger Energie, um Frischluft auf Temperatur zu bringen, indem teilweise im Ofen bereits vorgewärmte Luft verwendet wird.
Umweltmanagement- systeme
Weltweit rund 130 Konzerngesellschaften sind im internen Umweltdatenmanagement der voestalpine erfasst, darunter alle größeren umweltsensiblen Betriebsstandorte. Rund zwei Drittel von ihnen verfügen über ein Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS und weitere 8 % über ein zertifiziertes Energiemanagement nach ISO 50001.
Product Sustainability
Die umfassende Betrachtung eines Produkts hinsichtlich seiner ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen über die gesamte Lebensdauer gewinnt nicht nur aus Kundensicht zunehmend an Bedeutung. Sie wird angesichts der Herausforderungen im Klimaschutz auch auf politischer und gesetzlicher Ebene verstärkt eingefordert. Dies gilt nicht zuletzt für den „Grünen Deal“ der EU, der diesem Thema auch in der langfristigen, auf Ökologisierung ausgerichteten Industriestrategie hohen Stellenwert einräumt.
Im Hinblick auf Umweltaspekte stehen in der voestalpine daher vor allem breitflächige kundenspezifische Aktivitäten wie Life Cycle Assessment (LCA) und die nachhaltige Betrachtung über die gesamte Liefer- und Wertschöpfungskette im Vordergrund. Das inkludiert eine Reihe von objektivierbaren, spezifischen Produktdeklarationen wie EPD (Environmental Product Declarations), Material Compliance und Circular Economy (Kreislaufwirtschaft).
Mit seinen Kunden steht der voestalpine-Konzern im intensiven Dialog zu Fragen der Nachhaltigkeit, insbesondere im Hinblick auf Dekarbonisierung und Produktbewertung. Die voestalpine beteiligt sich an branchenübergreifenden Initiativen wie „Responsible Steel“ und macht ihre Performance über externe Bewertungen, etwa im Rahmen des globalen Carbon Disclosure Projects (CDP), auch öffentlich transparent. In der CDP-Bewertung 2019 „Climate Change“ verbesserte sich die voestalpine von Status „B“ auf „A“ (Leadership-Status) sowie im Supplier Engagement Rating dieser Organisation von „B“ in die ebenfalls höchstmögliche Kategorie „A“ (Global Leaderboard).
Energie- und Klimapolitik
Auf EU-Ebene steht derzeit die weitere Ausgestaltung des von der neuen EU-Kommission initiierten „Grünen Deals“ im Mittelpunkt. Von besonderer Relevanz aus Sicht der Stahlindustrie ist dabei die konkrete Unterstützung in der langfristigen Dekarbonisierung. Erste Weichenstellungen dieses Vorhabens, etwa eine Verschärfung der CO2-Reduktionsziele für 2030, ein EU-weit verbindliches Klimagesetz und eine europäische Industriestrategie, befinden sich gegenwärtig im politischen Entscheidungsprozess. In Österreich hat die seit Jänner 2020 amtierende Bundesregierung ein sehr ambitioniertes Programm zum Klimaschutz für die bis 2024 laufende Legislaturperiode vorgelegt. Mit der bis spätestens 2040 angestrebten „Klimaneutralität“ geht es deutlich über die Zielsetzungen des Weltklimavertrages und der Europäischen Union hinaus, die dieses Ziel bis 2050 setzen. Sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene steht die voestalpine direkt und über Interessenvertretungen in engem Dialog mit politischen Entscheidungsträgern, der Wissenschaft, Umweltorganisationen und industriellen Partnern.
Klimaschutz
Die voestalpine bekennt sich zu den 2015 in Paris beschlossenen Zielen der Staatengemeinschaft, den Ausstoß von Treibhausgasemissionen bis Mitte dieses Jahrhunderts um mehr als 80 % zu verringern. Sie verfolgt dazu eine konsequente und langfristige Dekarbonisierungsstrategie zur Direktvermeidung von CO2-Emissionen.
Umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsprogramme im Konzern zielen langfristig auf die Umstellung von kohle- auf wasserstoffbasierte Stahlerzeugung ab. Im vergangenen Geschäftsjahr erfolgreich in Betrieb genommen und mit einer Laufzeit bis 2021 markiert „H2FUTURE“ dabei ein EU-Leuchtturmprojekt zur Erzeugung von grünem Wasserstoff in industriellem Maßstab. Parallel befasst sich die voestalpine bereits mit konkreten Zwischenschritten. So wird derzeit ein stufenweiser Umstieg von kohlebasierter Hochofen- auf grünstrombasierter Elektrostahlroute als Hybridkonzept wirtschaftlich und technisch geprüft. Nach 2030 könnten damit die CO2-Emissionen der Stahlproduktion in Linz und Donawitz, beide in Österreich, um rund ein Drittel gesenkt werden.
Für diese Transformation ist jedoch die Verfügbarkeit und Kostenverträglichkeit von erneuerbarem Strom Voraussetzung. Die breitflächige Umsetzung CO2-minimierender Technologien wird letztlich davon abhängen, wie weit sie auch global wettbewerbsfähig betrieben werden können.
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