UMWELTINVESTITIONEN UND -AUFWENDUNGEN
Die Umweltaufwendungen des voestalpine-Konzerns haben im Geschäftsjahr 2023/24 mit einem Anstieg um mehr als 7 % einen neuen Rekordwert erreicht, die Investitionen wurden auf konstant hohem Niveau gehalten.
Die laufenden Betriebsaufwendungen mit Umweltbezug stiegen um 7,2 % von 479,9 Mio. EUR auf 514,4 Mio. EUR. Im Zeitraum der vergangenen zehn Jahre summieren sich die Umweltaufwendungen der voestalpine damit bereits auf rund 3,3 Mrd. EUR.
Die Investitionen in umweltrelevante Anlagen erhöhten sich auf 45,8 Mio. EUR (Vorjahreswert lag bei 28,9 Mio. EUR).
EU-EMISSIONSHANDEL/CO2-ZERTIFIKATE
Der Zertifikatepreis aus dem EU-Emissionshandel bewegte sich in der 1. Geschäftsjahreshälfte 2023/24 großteils in einer Bandbreite von 80 bis 90 EUR. In der Folge schwächte sich der Preis aber deutlich ab und erreichte im Februar 2024 mit rund 50 EUR den Tiefpunkt im Geschäftsjahr 2023/24. Über den gesamten Berichtszeitraum betrachtet verringerte sich der Zertifikatepreis um 32,8 % von 89,24 EUR per 31. März 2023 auf 59,98 EUR per 31. März 2024.
Der Zukaufsbedarf des voestalpine-Konzerns ergibt sich aus der Gesamtmenge benötigter Zertifikate (Höhe der Emissionen) abzüglich der zugeteilten Freizertifikate. Im Durchschnitt der letzten Jahre lag er bei rund einem Drittel der gesamten CO2-Emissionen.
Die ergebniswirksame Belastung durch den Zertifikatehandel belief sich im Geschäftsjahr 2023/24 demzufolge auf 231,6 Mio. EUR (Vorjahr: 242,1 Mio. EUR).
KLIMASCHUTZ
Das Klimaschutzprogramm greentec steel, mit dem die voestalpine Net-Zero-Emissionen bis spätestens 2050 erreichen will, befindet sich plangemäß in Umsetzung. Der politisch-regulatorische Rahmen für die europäische und nationale Energie- und Klimapolitik wurde im Berichtszeitraum punktuell konkretisiert, bleibt aber in wesentlichen Bereichen nach wie vor offen.
POLITISCHER RAHMEN
Auf EU-Ebene wurden 2023 einige wesentliche Materien, wie die Richtlinien zu Energieeffizienz, beschlossen bzw. befinden sich im Frühjahr 2024 industrie- und rohstoffpolitische Weichenstellungen kurz vor der finalen Trilog-Einigung zwischen Kommission, Rat und Parlament. Dazu gehören unter anderem der „Net-Zero Industry Act“ (NZIA), der für die Transformation wichtige Industrieaktivitäten unterstützen soll, und der „Critical Raw Materials Act“ (CRMA) zur Sicherstellung der (Binnen-)Versorgung mit dafür erforderlichen Rohstoffen.
Im Oktober 2023 begann zudem die dreijährige Probephase des CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment, CBAM), dessen politisches Ziel in der vergleichbaren Behandlung von Importen bestimmter Produkte in die EU mit dem hier geltenden Niveau der CO2-Bepreisung liegt. Wer Waren in die EU einführt, muss demnach entweder ein dem EU-Emissionshandel (Emission Trading Scheme, ETS) entsprechendes System einer CO2-Bepreisung nachweisen oder andernfalls Einfuhrzölle entrichten.
CBAM umfasst zunächst die Sektoren Eisen, Stahl, Aluminium, Zement, Strom, Düngemittel, Wasserstoff sowie ausgewählte vor- und nachgelagerte Produkte. Mit dem „Echtbetrieb“ des weltweit ersten derartigen Grenzausgleichs ab 2026 ist in diesen Branchen ein schrittweises Auslaufen der Freizuteilung von Emissionshandelszertifikaten bis 2034 vorgesehen.
Nach wie vor ausständig sind jedoch Lösungen für Exporte aus der EU, um Mehrkosten aufgrund höherer Klimaschutzstandards gegenüber anderen Regionen auszugleichen und damit auch am Weltmarkt halbwegs vergleichbare Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
Trotz grundsätzlich inhaltlich nachvollziehbarer Intention ist all diesen europäischen und nationalen Regularien gemein, dass sie mit teils überschießendem administrativem Mehraufwand verbunden sind. Deshalb bleibt abzuwarten, ob sie sowohl klima- als auch industriepolitisch tatsächlich positive Effekte mit sich bringen werden. Fest steht, dass der ursprünglich von der EU-Kommission in Aussicht gestellte Bürokratieabbau bislang nicht eingetreten ist.
Während wichtige Bestandteile des „Green Deals“ noch nicht final verabschiedet bzw. implementiert sind, wird auf EU-Ebene über die neuen Klimaziele 2040 diskutiert. Anfang Februar hat die EU-Kommission dazu ihre Vorstellungen veröffentlicht. Konkret wird ein Netto-Ziel von minus 90 % gegenüber 1990 in Verbindung mit einer „Industrial Carbon Management Strategy“ für nicht vermeidbare Restemissionen vorgeschlagen. Das betrifft vor allem Carbon Capture and Utilization bzw. Storage (CCUS).
Entscheidungen werden in der im 1. Halbjahr 2024 endenden Legislaturperiode des EU-Parlaments bzw. von der amtierenden Kommission zwar nicht mehr getroffen werden, die Implikationen einer erneuten Zielverschärfung wären jedoch erheblich, da sämtliche Materien des „Fit for 55“-Pakets einschließlich der legistischen Umsetzung auf nationaler Ebene angepasst werden müssten.
Ähnliche Diskussionen finden derzeit auch in den einzelnen EU-Mitgliedsländern statt. So wird sowohl in Österreich als auch in Deutschland an einer „Carbon-Management-Strategie“ gearbeitet, die aus voestalpine-Sicht aber sinnvollerweise integrierter Bestandteil der entsprechenden EU-Pläne sein muss.
Die Kernfrage für alle energieintensiven Branchen wird sein, wie die industrielle Transformation auf lange Sicht wirtschaftlich darstellbar gestaltet werden kann. Die wesentlichen Aspekte sind unverändert das künftige europäische und nationale Förderregime, die Entwicklung „grüner“ Leitmärkte für CO2-reduzierte Produkte sowie Verfügbarkeit, gesicherte Versorgung, Infrastruktur und wettbewerbsfähiges Preisniveau in Bezug auf erneuerbare Energien. Diese Herausforderungen sind von einzelnen Unternehmen nur eingeschränkt selbst zu bewältigen und bedürfen einer darauf ausgerichteten und akkordierten Industriepolitik. Die seit Anfang 2024 an Dynamik gewinnende Diskussion über einen neuen „Industrial Deal“ der Europäischen Union in der kommenden Legislaturperiode sollte nicht nur verstärktes Bewusstsein dafür schaffen, dass sämtliche relevanten Materien wie Klima, Energie, Wettbewerb, Handel, Finanzen, Forschung/Innovation integriert und koordiniert betrachtet werden müssen, sondern letztlich auch zu einer langfristig zukunftsfähigen industriepolitischen Agenda der EU und ihrer Mitgliedstaaten führen.
greentec steel: DAS ZUKUNFTSGERICHTETE KLIMASCHUTZPROGRAMM VON DER voestalpine
Mit greentec steel wird im voestalpine-Konzern ein ambitionierter Stufenplan schrittweise umgesetzt. greentec steel umfasst alle Aktivitäten und Innovationen der voestalpine auf dem Weg zur Stahlerzeugung mit Net-Zero-Emissionen. Der voestalpine-Konzern verpflichtet sich im Rahmen der Science Based Targets Initiative (SBTi) die Summe der Scope-1- und Scope-2-Emissionen um 30 % sowie die Scope-3-Emissionen um 25 % jeweils bis 2029 gegenüber dem Referenzjahr 2019 zu reduzieren. Die Zielerreichung 2029 unterliegt dabei auch externen Faktoren und Einflussgrößen wie beispielsweise Rohstoffen, Energie und Konjunktur. greentec steel sieht unterschiedliche technologische Optionen mit hohem CO2-Minderungspotenzial vor. Der Stufenplan bietet der voestalpine dadurch ein gewisses Maß an Flexibilität, um auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können und zugleich das betriebswirtschaftliche Risiko auf ein handhabbares Ausmaß zu begrenzen.
greentec steel umfasst im ersten Schritt ein Investitionsvolumen von rund 1,5 Mrd. EUR. Damit werden zunächst an den Standorten Linz und Donawitz zwei grünstrombetriebene Elektrolichtbogenöfen installiert und zwei kohlebasierte Hochofenaggregate stillgelegt. Je nach Qualitätsanforderungen kommt dabei ein Mix der Einsatzstoffe aus Schrott, flüssigem Roheisen und Hot Briquetted Iron (HBI) zum Einsatz. Das benötigte HBI bezieht die voestalpine primär über die Direktreduktionsanlage in Texas/USA, die sich seit 2022 mehrheitlich im Besitz eines globalen Stahlproduzenten befindet, 20 % gehören der voestalpine mit langfristig gesicherten Abnahmeverträgen.
Inzwischen sind die Entscheidungen für die Anlagen und Lieferant:innen gefallen und der Bau der Elektrolichtbogenöfen konnte beginnen. Die österreichische Bundesregierung hatte dafür eine Förderung von rund 90 Mio. EUR im Rahmen des Programms „Transformation der Industrie“ bestätigt. Der Abschluss des Verfahrens zur Umweltverträglichkeitsprüfung für die erforderliche Ertüchtigung des Stromnetzes ist am Standort Donawitz abgeschlossen und am Standort Linz zum Zeitpunkt der Berichtserstellung bevorstehend. Nach geplanter Fertigstellung 2027 und erfolgtem Hochlauf können jährlich 2,5 Mio. t CO2-reduzierten Stahls erzeugt werden.
Das langfristige Konzept der voestalpine, um im Einklang mit dem Zielpfad des EU-Emissionshandels bis spätestens 2050 Net-Zero-Emissionen zu erzielen, besteht aus mehreren modularen Technologieschritten und -optionen. Diese stellen gleichermaßen auf den größtmöglichen CO2-Minderungseffekt unter Berücksichtigung der tatsächlichen Realisierbarkeit (z. B. in Bezug auf die Verfügbarkeit von Roh- und Einsatzstoffen sowie erneuerbarer Energien einschließlich entsprechender Infrastrukturen) ab.
Die wesentlichen Elemente und Meilensteine des Klimaschutzprogramms greentec steel umfassen im Überblick (Referenzjahr 2019 für Scope 1 und 2):
Bis 2029: Phase 1 mit Zielsetzung minus 30 % CO2-Emissionen
- Investition in zwei mit erneuerbarem Strom betriebene Elektrolichtbogenöfen in Linz und Donawitz und Stilllegung zweier kohlebasierter Hochöfen.
Ab 2030 bis 2035: Phase 2 mit angestrebten minus 50 % CO2-Emissionen
- Fokus auf direkte CO2-Vermeidung durch weiteren Ersatz fossiler Roheisenerzeugung sowie voraussichtlich ergänzende Nutzung von CO2-Abscheide- und -Verwertungstechnologien (Carbon Capture Storage bzw. Utilization).
Bis spätestens 2050: Phase 3 mit Zielsetzung Net-Zero-CO2-Emissionen
- Fokus auf Ersatz der verbleibenden fossilen Roheisenkapazitäten unter Einsatz fossilfreier Energieträger, etwa von „grünem“ Wasserstoff und Bioenergien, sowie Abscheidung von CO2 (CCUS) mit dem Ziel größtmöglicher Flexibilität bei gleichzeitig tatsächlich wirtschaftlicher Realisierbarkeit der Net-Zero-Strategie.
- Die finalen Entscheidungen werden in Übereinstimmung mit Investitionszyklen und nach Maßgabe der dann absehbaren Voraussetzungen erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen.
BETRIEBLICHE MASSNAHMEN
Bereits im Geschäftsjahr 2022/23 hat die voestalpine konzernweit eine Ausbauoffensive für die Erzeugung erneuerbarer Eigenenergie gestartet. Diese inkludiert die Installation von PV-Anlagen auf technisch geeigneten Gebäudedächern und Freiflächen wie auch die Investition in Wind- und Wasserkraft. Im Geschäftsjahr 2023/24 wurde die Expansion der erneuerbaren Energieproduktion weiter vorangetrieben. Zusätzlich wird an europäischen Standorten die Errichtung von E-Ladestationen weiter forciert.
An den Standorten der High Performance Metals Division wird kontinuierlich daran gearbeitet, den Energieverbrauch zu reduzieren und ihn vermehrt aus erneuerbaren Quellen zu decken. Im Geschäftsjahr 23/24 wurde unter anderem am Standort Johannesburg in Südafrika eine 187,5-kWp-Photovoltaikanlage installiert. An Produktionsstandorten laufen zudem Initiativen zum Ersatz fossiler Brennstoffe durch nachhaltige Alternativen. Dazu gehören Projekte zur Erzeugung von Biomethan und die Evaluierung der Auswirkungen von Wasserstoff als Energieträger auf die Produkte und Prozesse der High Performance Metals Division. Im schwedischen Werk Hagfors werden bereits 50 % des Erdgasbedarfs durch Biomethan gedeckt und die Umstellung der Wärmebehandlungsöfen auf Strom wird forciert.
Die High Performance Metals Division treibt kontinuierlich die Verbesserung der Energieeffizienz voran. Im vergangenen Jahr wurden so rund 70 GWh Energie eingespart. Zu den umgesetzten Maßnahmen zählen die Optimierung der Verbrennungstechnik, die Umstellung der Erwärmungstechnologie bei Öfen, die Installation effizienter LED-Beleuchtungssysteme, diverse Optimierungen der Anlagensteuerung sowie zahlreiche Prozessverbesserungen.
Die High Performance Metals Division hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen (Scope 1 und Scope 2) bis 2029 um 50 % gegenüber 2019 zu reduzieren. Der Fortschritt und die Zielerreichung werden anhand einer detaillierten Roadmap, welche auf Einzelprojekten basiert, überwacht.
Das neue Edelstahlwerk in Kapfenberg, Österreich, leistet mit seiner hocheffizienten Technologie, geschlossenen Wasserkreisläufen und effizienter Wärmeauskopplung einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung von Umweltauswirkungen und setzt weltweit neue Maßstäbe.
Die Möglichkeiten zur Hebung noch vorhandener Energieeinsparungspotenziale an den Standorten, die konventionell Rohstahl produzieren, sind begrenzt. Dennoch wurden am österreichischen Standort Donawitz der Metal Engineering Division bedeutende Fortschritte gemacht. Eine neu installierte Anlage zur Brennluftvorwärmung führt zu einer Energieeinsparung von 27.000 MWh pro Jahr. Zusätzlich reduziert die Implementierung einer Erdgasexpansionsmaschine den jährlichen Energiebedarf um weitere 2.200 MWh, indem sie die Energie aus dem Druckunterschied zwischen externem und internem Gasnetz in Strom umwandelt und somit nutzbar macht. Darüber hinaus wurden Maßnahmen zur erneuerbaren Eigenstromerzeugung am Standort gesetzt. So wurden PV-Anlagen auf dem Werksrestaurant und einem Industriegebäude errichtet, die den generierten Strom direkt ins Werksnetz einspeisen.
Am Standort der Metal Engineering Division in Kindberg, Österreich, ist die Erweiterung der PV-Anlagenkapazität im Gange. Durch Prozessoptimierungsmaßnahmen und die Verbesserung der Abgasrückführung an verschiedenen Wärmeaggregaten konnten die Wärmeverluste im Berichtszeitraum minimiert werden. Ein weiteres Highlight am Standort ist die Auskopplung von Fernwärme, die im Endausbau bis zu 15.000 MWh in das Fernwärmenetz der Stadt Kindberg einspeisen kann, wodurch sich der Primärenergieeinsatz in der Region signifikant verringern wird.
Auch in der Metal Forming Division wurden an unterschiedlichen Standorten PV-Anlagen errichtet. Dabei kamen vielfach Aufständerungen aus Eigenproduktion („iFIX“) zum Einsatz. Mehrere Standorte stellten zudem auf energiesparende LED-Hallenbeleuchtungen um, wodurch der Stromverbrauch weiter reduziert werden konnte.
Darüber hinaus hat die voestalpine Precision Strip GmbH durch die Modernisierung der hauseigenen Wasserkraftwerke und die Errichtung einer PV-Anlage den Anteil an Strom aus Eigenerzeugung erhöht. Die Nutzung von Abwärme der eigenen Anlagen und der Abwärmebezug vom Nachbarbetrieb (Sektorkopplung) zur Hallenheizung verringerte den Erdgasbezug und somit die CO2-Emissionen.
In der Steel Division sind die Arbeiten für greentec steel bereits voll angelaufen. Im abgelaufenen Kalenderjahr erfolgte der Baubeginn des Elektrolichtbogenofens. Dazu wurden bereits die Arbeiten an der neuen Stromanspeisung im Microtunneling-Verfahren aufgenommen sowie eine neue Förderbandbrücke zur Rohstoffversorgung umgesetzt.
Neben greentec steel lag ein weiterer Fokus der Division auf dem Ausbau der erneuerbaren Eigenenergieerzeugung. So konnte im abgelaufenen Kalenderjahr 2023 etwa auf der Produktionshalle der Gießerei eine weitere PV-Anlage mit fast 1.400 kWp Leistung in Betrieb genommen werden.
Ein wesentlicher Schwerpunkt lag zudem auf dem CO2-reduzierten Produktportfolio. Bereits seit 2021 bietet die voestalpine alle Flachstahl- und Grobblechprodukte, die am Standort Linz produziert werden, auch in einer greentec steel Edition an. Durch Optimierungsmaßnahmen in der Prozessführung, etwa bei Schrotteinsatz und Reduktionsmitteln, und den Einsatz erneuerbaren Stroms weisen diese Produkte einen um rund 10 % geringeren CO2-Fußabdruck auf, wodurch seit Projektbeginn mehr als 200.000 t CO2 entlang der gesamten Wertschöpfungskette eingespart werden konnten. Neben der Automobilindustrie wird auf diese Weise erzeugter Stahl u. a. bereits bei Kund:innen im Fassadenbau, in der Gebäudetechnik, im Kranbau und in der Heizungs- und Wärmepumpenindustrie eingesetzt.
PRODUCT SUSTAINABILITY
Die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in Europa zielen darauf ab, das Wirtschaftssystem in Richtung Kreislaufwirtschaft („Circular Economy“) umzugestalten. Dabei kommt der Nachhaltigkeit entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten besondere Bedeutung zu.
Das Konzept der Kreislaufwirtschaft erfordert eine Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette von Produkten nach ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten über alle Phasen des Lebenszyklus – von Rohstoffen über Produktion, Nutzung bzw. Konsum bis zum Lebensende, das seinerseits wieder den Beginn eines neuen Lebenszyklus darstellt.
In der voestalpine wird das Anliegen der Kreislaufwirtschaft auf Prozess- und Produktebene in vielen Bereichen seit Langem umgesetzt und laufend weiterentwickelt.
Stahlprodukte sind an sich langlebig und tragen zur Weiterentwicklung des Kreislaufwirtschaftsansatzes bei. Moderne Leichtbaustähle und Fertigungsverfahren wie beispielsweise Additive Manufacturing ermöglichen es, den Materialeinsatz in Produkten zu verringern. In der Nutzungsphase können Stahlprodukte mit verschiedenen Verfahren repariert und wieder instandgesetzt werden, wodurch sich die Lebensdauer verlängert. Aufgrund ihrer Beständigkeit und Langlebigkeit lassen sich Stahlprodukte auch wiederverwenden und immer wieder recyceln. So dienen sie am Ende ihrer Lebensdauer als Sekundärrohstoff, aus dem wieder neue hochwertige Stahlprodukte hergestellt werden können. Stahl ist multirecyclingfähig, das heißt, der Kreislauf ist geschlossen und kann beliebig oft wiederholt werden. Einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft stellt auch der Einsatz von Abfall- und Kreislaufstoffen aus der eigenen Stahlproduktion, aber auch von Abfällen und Sekundärrohstoffen aus externen Produktionsprozessen dar. Die Nebenprodukte aus der Stahlherstellung können ihrerseits als Sekundärrohstoffe zur Herstellung von Produkten in anderen Industriesektoren dienen. Ein Beispiel für solche industriellen Symbiosen sind Hüttensande, die in der Stahlerzeugung anfallen. Sie werden von der Zementindustrie als Zumahlstoffe eingesetzt, was natürliche Ressourcen schont und den CO2-Ausstoß bei der Herstellung von Zement reduziert. Durch Forschung und Entwicklung fördert die voestalpine die effiziente Nutzung von alternativen bzw. sekundären Rohstoffquellen.
Der voestalpine-Schwerpunkt bei der Ermittlung der Nachhaltigkeit von Produkten („Product Sustainability“) liegt derzeit auf ökologischen Aspekten, also der Analyse der Umweltauswirkungen von Produkten und deren Dekarbonisierung. Ein zentrales Element und methodisches Werkzeug ist dabei die Lebenszyklusanalyse („Life Cycle Assessment“; LCA). Diese erfordert einheitliche, belastbare und global vergleichbare Methoden, die dazu beitragen können, ein internationales Level Playing Field zu schaffen und dadurch nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern.
Umweltproduktdeklarationen („Environmental Product Declarations“; EPDs) sind für die voestalpine ein wesentliches Werkzeug, um die Umweltauswirkungen von Produkten anhand einer Lebenszyklusbetrachtung zu ermitteln und zu kommunizieren. EPDs basieren auf den internationalen Normen EN 15804 und ISO 14025 und werden von unabhängigen Dritten geprüft und verifiziert. Die voestalpine hat für zahlreiche Produkte (beispielsweise warmgewalztes Stahlband, feuerverzinktes Stahlband, warmumgeformte Stahlpressteile, Spannbeton-Weichenschwellen, Schienen und Nahtlosrohre) aus den verschiedenen Bereichen des Konzerns Umweltproduktdeklarationen im Deklarationsprogramm des Instituts Bauen und Umwelt e.V. (IBU) gelistet und veröffentlicht. EPDs für diverse weitere Produkte der voestalpine werden laufend vorbereitet.
Produktentwicklung ist untrennbar mit der Kreislaufwirtschaft verbunden. Bei der Transformation in Richtung einer weitgehend CO2-freien Herstellung soll eine gleichbleibend hohe Qualität der Produkte und Werkstoffe gesichert werden. Eine Technologietransformation hat darüber hinaus auch Einfluss auf bestehende Stoff- und Materialkreisläufe sowie industrielle Symbiosen und erfordert daher eine Weiter- bzw. Neuentwicklung sektoraler und sektorübergreifender Kreislaufwirtschaftsansätze.
Regelmäßige Dialoge mit den verschiedenen Stakeholder:innen zur Dekarbonisierung und Produktnachhaltigkeit entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten tragen dazu bei, die Strategie der voestalpine für eine CO2-reduzierte und langfristig auch klimaneutrale Stahlproduktion kontinuierlich weiterzuentwickeln und Schritt für Schritt zu konkretisieren.
Um für die Stakeholder:innen größtmögliche Transparenz zu schaffen und die Transformationsschritte vergleichbar zu machen, hat sich der voestalpine-Konzern im Rahmen der Science Based Targets initiative (SBTi) verpflichtet, Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen zu setzen. Die Zielvorschläge für sogenannte „Near-Term Science Based Targets“ der voestalpine wurden von SBTi geprüft und validiert und sind in Übereinstimmung mit dem 2-Grad-Reduktionspfad (well-below 2°C trajectory).
Als Teil der umfassenden Dekarbonisierungsstrategie hat die Steel Division mit dem Klimaprojekt „CO2-reduzierter Stahl“ am Standort Linz bereits kurzfristige Dekarbonisierungsmaßnahmen umgesetzt. Das Ziel ist die Einsparung von direkten CO2-Emissionen entlang der bestehenden Stahlerzeugungsprozesse. Die Umweltauswirkungen der dabei hergestellten Produkte, insbesondere der Carbon Footprint, werden auf Basis einer Lebenszyklusbetrachtung nach international anerkannten Methoden und Standards ermittelt und ausgewiesen.
In den Liefer- und Wertschöpfungsketten spielen nachhaltige und dekarbonisierte Produkte eine immer bedeutendere Rolle. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, einheitliche Definitionen, Methodiken und Rahmenbedingungen und damit ein Level Playing Field im internationalen Wettbewerb für sogenannte Sustainable Products zu schaffen.
Branchenübergreifende Inititativen können diese Entwicklung unterstützen. Dazu zählt beispielsweise die Initiative ResponsibleSteel, der die voestalpine als eines der ersten Stahlunternehmen im Jahr 2019 beigetreten ist.