Bericht über den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage

      Das Geschäftsjahr 2023/24 war in wichtigen Märkten, in denen die voestalpine tätig ist, von hohen Inflationsraten und einem erheblichen Zinsniveau geprägt. Sowohl in Europa als auch in den USA zielten die Zentralbanken mit Zinserhöhungen darauf ab, die Inflation zu senken – mit unterschiedlichem Erfolg und Effekten für das wirtschaftliche Umfeld. Während sich die europäische Wirtschaft über das gesamte Geschäftsjahr hinweg nur moderat entwickelte, zeigte sich die Wirtschaft in den USA deutlich robuster.

      Das beherrschende Thema in China war die anhaltende Krise des Immobiliensektors. Diese bremste nicht nur den Konsum, sondern auch andere Wirtschaftsbereiche mit Ausnahme des Hightech-Sektors. In China standen die Zeichen im Geschäftsjahr 2023/24 zwar auf Wachstum, die Werte blieben aber unter den Erwartungen. Im Gegensatz zu Europa, den USA und Südamerika kämpfte China im Berichtszeitraum nicht mit hohen Inflationsraten, sondern mit sinkenden Verbraucherpreisen und den negativen Folgen eines deflationären Umfeldes.

      Wie in den Vorjahren war die Weltwirtschaft auch im Berichtszeitraum mit geopolitischen Konflikten und Unsicherheiten konfrontiert. Dazu zählten etwa der Angriff der Hamas auf Israel im Herbst 2023 oder die Attacken auf die internationale Schifffahrt im Suezkanal.

      EUROPA

      Die europäische Wirtschaft war im Geschäftsjahr 2023/24 von sehr schwacher Dynamik gekennzeichnet. Das hatte zur Folge, dass das Bruttoinlandsprodukt auf niedrigem Niveau stagnierte. Eine leichte Erholung war erst im 4. Quartal erkennbar. Das wirtschaftliche Umfeld in Europa war vor allem in den ersten drei Geschäftsquartalen von kräftigen Zinserhöhungen gekennzeichnet, mit denen die Europäische Zentralbank die hohe Inflation bekämpfen wollte. Speziell die Bauindustrie und die produzierende Industrie waren davon stark betroffen. Nachdem der Konsum in den Sommermonaten von der Reisetätigkeit der Menschen profitiert hatte, verlor auch dieser in weiterer Folge an Dynamik. Zum Ende des 3. Quartals sank die Inflation, was dazu führte, dass die EZB auf weitere Zinserhöhungen verzichtete. Im 4. Quartal 2023/24 hat sich die Entwicklung der vorangegangenen Monate fortgesetzt. Zwar haben zusätzliche geopolitische Spannungen für weiteren Gegenwind gesorgt – unter anderem die Angriffe auf die internationale Schifffahrt im Suezkanal. Das Wachstum hat sich dadurch aber nicht weiter verlangsamt. Die Inflation schwächte sich durch gesunkene Rohstoff- und Energiepreise weiter ab. Die Europäische Zentralbank (EZB) stellte daher eine Senkung der Zinsen im weiteren Verlauf des Jahres 2024 in Aussicht.

      Das schwierige wirtschaftliche Umfeld in Europa bedeutete für die voestalpine im Geschäftsjahr 2023/24 eine rückläufige Nachfrage aus den Sektoren Bau, Maschinenbau sowie aus der Konsumgüterindustrie. Vor allem der Werkzeugbau, den die High Performance Metals Division mit Werkzeugstahl beliefert, meldete im 2. und 3. Quartal 2023/24 sehr geringen Bedarf. Gleichzeitig waren die Importe von Material aus Asien und speziell China hoch.

      Die Automobilindustrie profitierte vor allem zu Beginn des Geschäftsjahres 2023/24 von einer Entspannung der internationalen Lieferketten und entwickelte sich im weiteren Verlauf der Berichtsperiode stabil. Anders als die Gesamtwirtschaft haben die Eisenbahn- und auch die Luftfahrtindustrie sehr positiv performt. Das gilt auch für die Energieindustrie.

      Der strategische Fokus lag im Geschäftsjahr 2023/24 auf dem Ausbau von zukunftsträchtigen Geschäftsfeldern wie dem Eisenbahnbereich und der Lagertechnik. In nachhaltig wirtschaftlich schwierigen Sektoren kam es zu strategischen Anpassungen. Dazu zählten der eingeleitete Verkaufsprozess von Buderus Edelstahl, Wetzlar, Deutschland, und die Reorganisation des Automotive Components Business in Deutschland.

      NORDAMERIKA/USA

      Im Gegensatz zu Europa zeigte sich das wirtschaftliche Umfeld in den USA deutlich positiver. Im Geschäftsjahr 2023/24 trotzte die US-Wirtschaft den starken Zinserhöhungen und entwickelte sich besser als erwartet. Auch die Pleite der Silicon Valley Bank zu Beginn des Geschäftsjahres 2023/24 konnte die Dynamik nicht stoppen. Die hartnäckig hohe Inflation ist eine Kehrseite dieser Entwicklung. Die schnellen und erheblichen Zinserhöhungen haben im Geschäftsjahr 2023/24 keine ausreichende Wirkung bei der Inflationsbekämpfung gezeigt. Die Hoffnungen, die Teuerung könnte nachlassen, haben sich im 4. Quartal 2023/24 zerschlagen. Dementsprechend gedämpft sind mittlerweile die Erwartungen, dass es sehr bald zu einer größeren Entspannung bei den Zinssätzen kommen wird.

      Sektoren wie z. B. die Bauindustrie, die besonders empfindlich auf die Erhöhung der Zinsen reagiert, haben sich zwar abgekühlt, dies erfolgte aber nicht so stark und nicht auf so breiter Front wie befürchtet. Die tragende Säule der positiven Wirtschaftsentwicklung in den USA war der Konsum, der von einem sehr starken Arbeitsmarkt mit niedrigen Arbeitslosenzahlen und hohem Lohnwachstum gekennzeichnet war. Gegen Ende der Berichtsperiode hat sich auch der Immobilienmarkt wieder belebt.

      Die Nachfrage nach Produkten der voestalpine auf dem nordamerikanischen Markt war im Geschäftsjahr 2023/24 solide, nur in einzelnen Segmenten gab es Rückgänge. Sehr gut entwickelt haben sich die Energie- und die Eisenbahnindustrie. Auch aus dem Luftfahrtsektor kamen positive Impulse. Im Vergleich dazu präsentierte sich der Investitionsgüterbereich moderater.

      Im Geschäftsjahr 2023/24 setzte die voestalpine auf den Ausbau der nordamerikanischen Produktionskapazitäten in den Bereichen Eisenbahninfrastruktur, Lagertechnik und Rohre und Profile.

      BRASILIEN/SÜDAMERIKA

      Im Unterschied zu Europa und Nordamerika war Brasilien wesentlich früher mit hoher Inflation und entsprechenden Zinserhöhungen konfrontiert. Aus diesem Grund hat Brasilien den Höhepunkt der Inflation schon zu Beginn des Geschäftsjahres 2023/24 überschritten. Bereits im 2. Quartal 2023/24 begann die brasilianische Nationalbank, die Zinsen zu senken. In Summe fuhr die brasilianische Wirtschaft im Geschäftsjahr 2023/24 trotz weiterhin sehr hoher Zinsen und Inflation ein bemerkenswertes Plus von knapp unter 3 % ein. Getragen haben diese positive Entwicklung vor allem eine Rekordernte und die damit verbundene hohe Nahrungsmittelproduktion sowie der robuste Konsum. Dieser profitierte von hohen Lohnzuwächsen. Im 3. und 4. Quartal nahm die wirtschaftliche Dynamik ab. Zum Ende des Geschäftsjahres waren sowohl die Inlandsnachfrage als auch der private Konsum nur mehr moderat. Die Industriesektoren entwickelten sich über das gesamte Geschäftsjahr betrachtet verhaltener als das BIP im Durchschnitt und wurden gegen Ende der Berichtsperiode zunehmend schwächer.

      Die brasilianischen voestalpine-Standorte haben sich in diesem Umfeld über weite Strecken des Geschäftsjahres 2023/24 gut behauptet. Der anhaltende Boom im Photovoltaiksektor trieb die Nachfrage nach Spezialprofilen. Der international hohe Bedarf an Produkten für die Öl- und Gasindustrie spiegelte sich in einer guten Nachfrage nach Spezialstählen wider. Die nachlassende Dynamik im 4. Quartal 2023/24 spürten auch die voestalpine-Standorte, worauf mit gezielten Kosteneinsparungen reagiert wurde.

      CHINA/ASIEN

      China blieb im Geschäftsjahr 2023/24 trotz der weiterhin negativen Entwicklungen im Immobiliensektor im Wachstumsmodus. Mit einem Plus von 5 % sind die Zuwächse beim BIP aber deutlich geringer als in der Vergangenheit und liegen auch unter den Erwartungen. Vor allem die Probleme im Immobiliensektor, die negative Auswirkungen auf andere Wirtschaftsbereiche hatten und den privaten Konsum drückten, zogen sich durch alle Geschäftsquartale. Auch die Gegenmaßnahmen der chinesischen Zentralregierung schafften keine Trendumkehr, sondern wirkten höchstens stabilisierend.

      Die ausgesprochen geringe Inflation und quartalsweise sogar aufgetretene Deflation sind ein Spiegelbild der schwachen Dynamik der chinesischen Inlandsnachfrage. Positiv sticht der produzierende Industriesektor – und hier insbesondere der Hightech-Bereich – heraus. Die geringe Inlandsnachfrage und die teilweise verhaltene Nachfrage in den westlichen Märkten führten aber dazu, dass die Verbraucherpreise in China im Laufe des Geschäftsjahres deutlich zurückgegangen sind. Im 4. Quartal setzte die chinesische Zentralbank daher verstärkt auf eine expansive Geldpolitik und senkte unter anderem die Zinsen. Wirtschaftsfördernde Maßnahmen kündigte auch die chinesische Zentralregierung an, die aber nur zu einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage führen dürften.

      Eine Sondersituation besteht in der chinesischen Stahlindustrie: Obwohl der Baubereich schwach ist und dementsprechend weniger Stahl nachfragt, produzierten die chinesischen Stahlhersteller:innen auf Rekordniveau. Wie schon öfter in der Vergangenheit kamen die internationalen Stahlmärkte durch die Exporte aus China unter Druck.

      Die chinesischen voestalpine-Standorte performten im Geschäftsjahr 2023/24 sehr zufriedenstellend. Durch den Fokus auf das höchste Qualitätssegment ist die Steel Division nicht unmittelbar von den chinesischen Stahlexporten und den Importen nach Europa betroffen. Um die Marktposition für die Zukunft zu stärken, investierte die voestalpine unter anderem in eine neue phs-Anlage am Standort Shenyang, China und den Ausbau des Vertriebs der High Performance Metals Division.