Umweltinvestitionen und -aufwendungen
Die Umweltaufwendungen des voestalpine-Konzerns haben im Geschäftsjahr 2022/23 mit einem Anstieg um fast 10 % einen neuen Rekordwert erreicht, die Investitionen wurden auf konstant hohem Niveau gehalten.
Die laufenden Betriebsaufwendungen mit Umweltbezug stiegen um 9,7 % von 437,5 Mio. EUR auf 479,9 Mio. EUR. Im Zeitraum der vergangenen zehn Jahre summieren sich die Umweltaufwendungen der voestalpine damit bereits auf 3 Mrd. EUR.
Die Investitionen in umweltrelevante Anlagen erhöhten sich auf 28,9 Mio. EUR (Vorjahreswert lag bei 26,7 Mio. EUR).
EU-Emissionshandel/CO2-Zertifikate
In den höheren Umweltaufwendungen spiegeln sich unter anderem die erneut gestiegenen Kosten aus dem EU-Emissionshandel wider.
Der Zertifikatepreis hat sich im Laufe des Geschäftsjahres 2022/23 um 17,01 % auf 89,24 EUR erhöht (2021/22: 76,27 EUR). Im Zuge der anhaltend volatilen Preisentwicklung wurde im Februar 2023 sogar kurzfristig die 100-EUR-Marke überschritten.
Der Zukaufsbedarf des voestalpine-Konzerns ergibt sich aus der Gesamtmenge benötigter Zertifikate (Höhe der Emissionen) abzüglich der zugeteilten Freizertifikate. Entsprechend dem Schnitt der Vorjahre lag er im Geschäftsjahr 2022/23 bei rund einem Drittel der gesamten CO2-Emissionen.
Die ergebniswirksame Belastung durch den Zertifikatehandel belief sich im Geschäftsjahr 2022/23 demzufolge auf 242,1 Mio. EUR (Vorjahr: 235,0 Mio. EUR).
Das Klimaschutzprogramm greentec steel
Der Aufsichtsrat der voestalpine AG hat im März 2022 grünes Licht für die Vorarbeiten zur klimafreundlichen Stahlproduktion an den Standorten Linz und Donawitz in Österreich gegeben. Diese werden seither konsequent umgesetzt.
Im März 2023 hat der Aufsichtsrat ein Investitionsvolumen von rund 1,5 Mrd. EUR zur Errichtung von zwei Aggregaten grundsätzlich genehmigt: Dabei sollen zwei grünstrombetriebene Elektrolichtbogenöfen jeweils ein kohlebasiertes Hochofenaggregat ersetzen. Je nach Qualitätsanforderungen kommt ein Mix aus Schrott, flüssigem Roheisen und HBI („Hot Briquetted Iron“) zum Einsatz. Das benötigte HBI bezieht die voestalpine primär über die Direktreduktionsanlage in Texas, USA. Diese befindet sich seit 2022 mehrheitlich im Besitz eines globalen Stahlproduzenten, wobei die voestalpine über 20 % der Anteile sowie langfristige Abnahmeverträge verfügt.
Noch für 2023 sind die Anlagen- und Lieferant:innen-Entscheidung vorgesehen, der Baubeginn für 2024 und die Inbetriebnahme für Anfang 2027. In der Folge kann die voestalpine jährlich 2,5 Mio. Tonnen an CO2-reduziertem Stahl erzeugen. Die Emissionen an beiden Standorten werden sich um 30 % reduzieren, etwa 5 % des aktuellen Gesamtausstoßes von CO2 in Österreich. greentec steel bietet damit den mit Abstand wirksamsten Hebel für den Beitrag Österreichs zum Klimaschutz. Die Modalitäten für den Umsetzungsstart des ersten Schrittes sind noch abhängig von der Klärung offener Förderfragen mit der Bundesregierung und der bis spätestens Ende 2026 angestrebten Ertüchtigung des Stromnetzes, insbesondere der Frage einer 220-kV-Leitung im Zentralraum Oberösterreich.
Der Zielpfad des EU-Emissionshandels sieht eine netto-klimaneutrale Produktion bis spätestens 2050 vor. Die voestalpine verfolgt dazu ein langfristiges Konzept auf Basis mehrerer modularer Technologieschritte und -optionen. Diese stellen gleichermaßen auf den größtmöglichen CO2-Minderungseffekt ab wie auf die Realisierbarkeit vor dem Hintergrund jeweiliger politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen sowie relevanter Verfügbarkeiten. Diese betreffen vorrangig Roh- und Einsatzstoffe, „grüne“ Energien und erforderliche Infrastrukturen.
Die wesentlichen Elemente und Meilensteine des Programms greentec steel der voestalpine in Österreich stellen sich im Überblick wie folgt dar:
Ab 2027 minus 30 % CO2-Emissionen
- Ersatz zweier kohlebasierter Hochöfen in Linz und Donawitz durch je einen mit erneuerbarem Strom betriebenen Elektrolichtbogenofen.
Ab 2030 minus 50 % CO2-Emissionen
- Ersatz weiterer konventioneller Roheisenerzeugung an beiden Standorten.
Bis spätestens 2050 Net-Zero-CO2-Emissionen
- Mögliche Optionen bieten der Einsatz von fossilfreien Energieträgern, etwa „grünem“ Wasserstoff und Bioenergien, sowie die Abscheidung von CO2 (CCUS). Das Ziel liegt in größtmöglicher Flexibilität bei wirtschaftlicher Realisierbarkeit der Netto-Null-Strategie.
- Die finalen Entscheidungen werden daher in Übereinstimmung mit Investitionszyklen und nach Maßgabe der dann absehbaren Voraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt getroffen.
Betriebliche Massnahmen
Bereits im vergangenen Geschäftsjahr hat die voestalpine konzernweit eine Ausbauoffensive für die Erzeugung erneuerbarer Eigenenergie gestartet. Diese inkludiert die Installation von PV-Anlagen auf technisch geeigneten Gebäudedächern und Freiflächen wie auch die Investition in Wind- und Wasserkraft. Zusätzlich wird an europäischen Standorten die Errichtung von E-Ladestationen weiter forciert.
Daneben steht die Einsparung von Energie im Mittelpunkt von Umweltprojekten in den Divisionen. So werden in der High Performance Metals Division sämtliche laufenden Vorhaben mit dem Ziel der Energieeffizienz konsequent umgesetzt. Parallel dazu kommen – wie auch in anderen Konzern-Divisionen – Maßnahmen zur Verringerung des Anteils fossiler Energieträger zum Einsatz. Auf diese Weise wurde in Schweden Erdgas im Ausmaß von rund 30 % durch Biogas substituiert, Anlagen wie etwa Öfen wurden von Erdgas auf Strom umgestellt. Damit verfolgt die voestalpine an ihrem schwedischen Standort konsequent das ambitionierte Ziel weiter, die CO2-Emissionen bis 2027/28 um 80 % zu verringern.
Am Standort Donawitz (Metal Engineering Division), Österreich, hat eine Vielzahl von Maßnahmen die Erzeugung von erneuerbarem Eigenstrom deutlich erhöht. So bringt eine verbesserte Wärmerückgewinnung künftig eine Steigerung um rund 1.700 MWh/Jahr. Über den optimierten Einsatz von Abwärme im eigenen Hüttenkraftwerk und den damit verbesserten Wirkungsgrad kommen weitere 2.000 MWh jährlich hinzu.
Auf einer externen Deponie wurde eine PV-Anlage mit einer Leistung von 1,36 MWp errichtet, die seit Oktober 2022 per Direktleitung grünen Strom in das Werksnetz einspeist. Die 2.520 Module sollen künftig mithilfe von zehn Wechselrichtern jährlich rund 1,5 Mio. kWh Sonnenstrom für die am Standort Donawitz tätigen Produktions- und Verarbeitungsgesellschaften liefern. Weiters wurde auf dem Hallendach des Nahtlosrohrwalzwerkes der Metal Engineering Division in Kindberg, Österreich, eine PV-Anlage mit einer installierten Gesamtleistung von 8 MWp errichtet. Weitere Anlagen auf anderen Betriebsgebäuden sind in Planung. Wie auch in anderen Divisionen wurden zudem betriebliche bzw. prozesstechnische Maßnahmen für den Ersatz von Erdgas durch Strom gesetzt.
In der Metal Forming Division wurden an unterschiedlichen Standorten, insbesondere in Österreich, Deutschland und den Niederlanden, PV-Anlagen errichtet. Dabei kamen vielfach Aufständerungen („iFIX“) aus Eigenproduktion zum Einsatz.
In der Steel Division standen neben den dargestellten Vorarbeiten für greentec steel weitere Ziele im Fokus: die Energieeffizienz im Sinne einer Verringerung des spezifischen Verbrauchs; die Eigenerzeugung erneuerbarer Energien über den Ausbau von Photovoltaikanlagen; und schließlich die weitere Erhöhung des E-Mobilitätsanteils sowohl im werkseigenen Verkehr als auch bei Ladeinfrastruktur für voestalpine-Beschäftigte.
Ein Schwerpunkt lag auf dem weiteren Ausbau des CO2-reduzierten Produktportfolios. Bereits seit 2021 bietet die voestalpine alle Flachstahl- und Grobblechprodukte, die am Standort Linz produziert werden, auch in einer greentec steel-Edition an. Durch Optimierungen in der Fahrweise etwa bei Schrotteinsatz und Reduktionsmitteln sowie über den Einsatz erneuerbaren Stroms weisen diese Produkte einen um rund 10 % geringeren CO2-Fußabdruck auf. Neben der Automobilindustrie kommt greentec steel u. a. bereits auch bei Kund:innen im Fassadenbau, in der Gebäudetechnik, im Kranbau oder in der Heizungs- und Wärmepumpenindustrie zum Einsatz.
Im Geschäftsjahr 2022/23 wurde schließlich mit dem 2012 gestarteten Projekt „Altlast O76 – Kokerei Linz“ das bisher größte Altlastensanierungsvorhaben Österreichs erfolgreich abgeschlossen.
Product Sustainability
Neben der Reduktion direkter Treibhausgasemissionen aus der Produktion (Scope 1) setzt sich die voestalpine auch ambitionierte Ziele zur Reduktion der Scope-2- (Energiebezug) und Scope-3-Emissionen (z. B. Rohstoffe, Transport). Seit Juli 2022 beteiligt sich der Konzern dazu an der unabhängigen „Science-Based Targets initiative“ (SBTi): Diese umfasst nach wissenschaftlichen Kriterien die Bewertung sowie die Prüfung und Validierung der Unternehmenspläne in Hinblick auf ihre Kompatibilität mit dem Paris-Ziel.
Der voestalpine-Schwerpunkt bei der Ermittlung der Nachhaltigkeit von Produkten („Product Sustainability“) über die gesamte Wertschöpfungs- und Prozesskette liegt derzeit auf ökologischen Aspekten: Im Vordergrund steht die Analyse der Umweltauswirkungen von Produkten und das Ziel der Dekarbonisierung. Ein zentrales Element und methodisches Werkzeug ist dabei die Lebenszyklusanalyse („Life Cycle Assessment“ [LCA]). Diese erfordert einheitliche, belastbare und global vergleichbare Methoden als Beitrag zu einem Level Playing Field auf internationaler Ebene und damit zur Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums.
Umweltproduktdeklarationen („Environmental Product Declarations“ [EPDs]) sind für die voestalpine ein wesentliches Werkzeug, um die Umweltauswirkungen von Produkten anhand einer Lebenszyklusbetrachtung zu ermitteln und zu kommunizieren. EPDs basieren auf den internationalen Normen EN 15804 und ISO 14025 und werden von unabhängigen Dritten geprüft und verifiziert. Die voestalpine hat Umweltproduktdeklarationen für verschiedene Produkte im Deklarationsprogramm des Instituts Bauen und Umwelt e.V. (IBU) gelistet und veröffentlicht. Dazu zählen etwa warmgewalztes Stahlband, feuerverzinktes Stahlband, warmumgeformte Stahlpressteile, Spannbeton-Weichenschwellen, Schienen und Nahtlosrohre. EPDs für weitere Produkte der voestalpine werden derzeit vorbereitet.