Die Rohstoffpreise wurden in den vergangenen Jahren sehr stark von Ereignissen wie der COVID-19-Pandemie und dem Ukraine-Krieg beeinflusst. Vor allem der Kriegsbeginn im Februar 2022 löste einen Preisschock bei Rohstoffen und Energieträgern aus, die für die Stahlproduktion wichtig sind. Im Geschäftsjahr 2023/24 haben sich die Preise für Eisenerz und Kokskohle wieder weitgehend normalisiert. Der Überseetransport von Rohstoffen aus Asien und Australien hat hingegen in der 2. Hälfte des Geschäftsjahres nicht reibungslos funktioniert. Auslöser waren die Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer. Die Reedereien vermieden den Suezkanal daraufhin überwiegend und wählten die Route um das Kap der Guten Hoffnung. Dies bedeutete längere Transportzeiten und höhere Kosten. Die Entwicklung der Energiepreise hat sich im Geschäftsjahr 2023/24 zunehmend entspannt, nachdem die Erdgas- und Strompreise zuvor historische Höchststände erreicht hatten.
EISENERZ
Eisenerz ist der wichtigste Rohstoff für die Erzeugung von Rohstahl über die Hochofen- und Direktreduktionsroute. Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges musste die voestalpine die Beschaffung von Eisenerzpellets stärker diversifizieren. Trotz Kriegswirren und logistischer Herausforderungen war die Ukraine auch im abgelaufenen Geschäftsjahr weiter ein relevanter Beschaffungsmarkt für die voestalpine. Da die traditionellen Transportwege über das Schwarze Meer großteils nicht genutzt werden konnten, waren alternative Logistikrouten für den Bezug von ukrainischem Eisenerz gefragt.
Der Preisverlauf bei Eisenerz ist traditionell eng verzahnt mit der Entwicklung des Stahlsektors in China, das für mehr als die Hälfte der globalen Stahlproduktion verantwortlich zeichnet. Zu Geschäftsjahresbeginn lag der Preis für Eisenerz (62 % Fe, CFR China) bei etwa 125 USD je Tonne, kam in der Folge aber unter Druck. Befürchtungen kamen auf, dass der in Mitleidenschaft gezogene Immobiliensektor in China die chinesische Stahlproduktion bremsen könnte. Entsprechend näherte sich der Eisenerzpreis im Frühjahr 2023 der Marke von 100 USD je Tonne und bewegte sich in der Folge in einer Bandbreite von etwa 100 bis 125 USD je Tonne. Entgegen den Erwartungen blieb die Stahlproduktion in China aber weiter hoch. Andere Sektoren konnten die Schwäche im Immobiliensektor zwar nicht kompensieren, China verstärkte allerdings die Exportaktivitäten.
Im Herbst 2023 erholte sich der Preis für Eisenerz zusätzlich durch die Aussicht auf konjunkturfördernde Maßnahmen der chinesischen Regierung. Gegen Ende des Kalenderjahres 2023 notierte er bei etwa 140 USD je Tonne. Im 4. Quartal 2023/24 blieb der Preisverlauf weiter volatil. Gegen Ende des Geschäftsjahres 2023/24 notierte der Eisenerzpreis schließlich bei etwa 100 USD je Tonne.
KOKSKOHLE
Kokskohle bildet die Basis für die Produktion von metallurgischem Koks und ist damit ein wesentlicher Primärrohstoff für die Rohstahlproduktion mit der Hochofentechnologie. Als Reduktionsmittel entzieht Koks dem Eisenerz Sauerstoff. Darüber hinaus dient es als Energiequelle für den Schmelzvorgang.
Wichtigster Anbieter von metallurgischer Kohle ist Australien. Vor allem die wachsende Stahlproduktion in Indien hatte eine robuste Nachfrage nach Kokskohle im Geschäftsjahr 2023/24 zur Folge. Der Kapazitätsausbau von Kohleminen bremste sich angesichts der Pläne der Stahlhersteller:innen für die Transformation der Stahlerzeugung ein: weg vom Verhüttungsprozess hin zur Elektrifizierung der Stahlproduktion. Auf der Anbieterseite zeichnet sich hingegen eine zunehmende Konzentration ab. So hat der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore im Kalenderjahr 2023 die Mehrheit am Kohlegeschäft von Teck Resources aus Kanada übernommen. Darüber hinaus beabsichtigt der australische Bergbaukonzern BHP die Akquisition des Mitbewerbers Anglo American aus Südafrika.
Mit dem Ukraine-Krieg haben sich die weltweiten Transportrouten etwas verschoben. Aufgrund der Sanktionen wird russische Kokskohle anstatt nach Europa verstärkt in den asiatischen Raum geliefert. Nachdem China in den vergangenen Jahren aufgrund politischer Spannungen mit Australien vermehrt auf amerikanische Kohleminen ausgewichen ist, importierte China im Kalenderjahr 2023 zunehmend wieder australische Kokskohle. Anders als bei Eisenerz ist China aber bei der globalen Preisbildung von Kokskohle kein so entscheidender Faktor, da es bei Kokskohle stärker auf heimische Bezugsquellen bzw. auf Importe aus dem Nachbarland Mongolei setzt.
Der Preis für Kokskohle (HCC Premium, FOB Australien) bewegte sich zu Geschäftsjahresbeginn bei etwa 300 USD je Tonne und fiel in der Folge auf etwa 225 USD je Tonne. Auf diesem Niveau verharrte der Preis für metallurgische Kohle bis Juni 2023. Im Unterschied zu Eisenerz nahm der Kohlepreis über den Sommer kontinuierlich zu und stieg bis Anfang Oktober 2023 auf knapp unter 375 USD je Tonne. Im 4. Geschäftsquartal verminderten sich die Preise für Kokskohle wieder etwas und notierten Ende des Geschäftsjahres 2023/24 bei ca. 230 USD je Tonne.
STAHLSCHROTT
Hochqualitativer Schrott dient bei der hochofenbasierten Stahlerzeugung als wertvoller Rohstoff und ergänzt den Einsatz von Roheisen. Bei der Stahlproduktion in Elektrolichtbogenöfen bildet Stahlschrott hingegen die Hauptrohstoffbasis. Der Werkstoff Stahl zeichnet sich dadurch aus, dass er immer wieder recycelt werden kann. Stahlerzeugnisse, die am Ende ihres Lebenszyklus angelangt sind, werden wiederaufbereitet, womit Stahl ein integraler Bestandteil einer zirkulären Wirtschaft ist. Stahlschrott fällt aber auch bei der Stahlherstellung an und wird dem Produktionsprozess als Kreislaufschrott wieder zugeführt. Hochqualitativer Schrott entsteht zusätzlich bei der Stahlverarbeitung wie etwa bei Stanzprozessen in der Automobil- oder Hausgeräteindustrie.
Die schwache Entwicklung der europäischen Bauindustrie und des Maschinenbausektors hatte im Berichtszeitraum eine gedämpfte Stahlnachfrage zur Folge. Das wirkte sich auch auf den Bedarf von Stahlschrott in Europa aus. Durch die leicht gestiegene Autoproduktion in Deutschland im Kalenderjahr 2023 hat sich der sogenannte Rücklaufschrott volumenmäßig wieder etwas besser entwickelt.
Der Preis für Stahlschrott (CFR Türkei) fiel im 1. Quartal 2023/24 von knapp unter 450 USD pro Tonne auf rund 375 USD pro Tonne. Über den Sommer 2023 pendelte der Schrottpreis in etwa zwischen 350 und 375 USD pro Tonne. Erst im Oktober 2023 erholte sich der Preis für Stahlschrott wieder, blieb aber weiterhin schwankungsanfällig und kam gegen Ende des Geschäftsjahres 2023/24 bei ca. 380 USD pro Tonne zu liegen.
LEGIERUNGEN
Legierungen sind ein zentraler Kostenfaktor in der High Performance Metals Division. Sie werden darüber hinaus im Stahlwerk als Ergänzung zu Roheisen und Schrott eingesetzt, um höchstqualitative Stahlsorten herzustellen.
Nickel ist das wichtigste Legierungselement für die High Performance Metals Division. Wie bei zahlreichen anderen Legierungen hatte der Ausbruch des Ukraine-Kriegs auch bei Nickel massive Preiserhöhungen zur Folge. Zu Beginn des Geschäftsjahres 2023/24 hat sich die Preisvolatilität wieder weitgehend normalisiert. Der Nickelpreis lag zum Start des Geschäftsjahres 2023/24 bei etwa 23.000 USD pro Tonne, schwächte sich im weiteren Verlauf zusehends ab und stabilisierte sich gegen Ende des Kalenderjahres 2023 bei rund 16.000 USD pro Tonne. Im 4. Quartal 2023/24 bewegte sich der Preis schließlich zwischen 16.000 und 18.000 USD pro Tonne.
Ferro-Chrom ist ein Legierungselement, das in der Herstellung sehr energieintensiv ist. Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges gab es starke Ausschläge nach oben. Mit der sukzessiven Verringerung der Energiekosten ist der Preis für Ferro-Chrom kontinuierlich gefallen und hat sich im Laufe des Geschäftsjahres 2023/24 auf einem niedrigeren Niveau stabilisiert.
Ferro-Titan, ebenfalls ein wichtiges Element für die Edelstahlproduktion, zeigte mit Beginn des Ukraine-Krieges sprunghafte Preisausschläge, hat sich aber bereits im Verlauf des Geschäftsjahres 2022/23 deutlich verbilligt. Mittlerweile liegt der Preis sogar unter dem Niveau des Frühjahres 2022.
Ferro-Molybdän war von einem gänzlich anderen Preisverlauf geprägt. Nach unauffälliger Entwicklung im Frühjahr 2022 kam es Anfang 2023 zu hohen Preissprüngen. Als Nebenprodukt beim Abbau von Kupfer verdoppelte sich der Preis gegenüber Herbst 2022 innerhalb weniger Monate. Das Geschäftsjahr 2023/24 war durch eine deutlich geringere Preisvolatilität geprägt.
ENERGIEN
Neben Kokskohle und Koks stellen Erdgas und Strom die wesentlichen Energiequellen für die voestalpine dar. Das Erdgas wird in erster Linie verwendet, um Rohstahl vor der Weiterverarbeitung in den Walzwerken zu erwärmen bzw. wird es zur Wärmebehandlung von Stahlprodukten in Öfen genutzt. Elektrischer Strom ist für die High Performance Metals Division zur Herstellung von Edelstahlprodukten mittels Elektrolichtbogenöfen bereits heute von zentraler Bedeutung. Für die hochofenbasierten Stahlstandorte der voestalpine in Österreich werden die anfallenden Hüttengase intern zu Strom umgewandelt. Daher sind diese bei elektrischem Strom zu einem großen Teil energieautark.
Ähnlich wie bei den Rohstoffen kam es mit Beginn des Ukraine-Krieges auch auf den Energiemärkten zu massiven Preisverwerfungen. So vervielfachte sich sowohl der Preis von Erdgas mit Spitzen von über 300 EUR je MWh (Spotmarkt THE Settlement, Deutschland) als auch von Strom mit Spitzen von etwa 500 EUR je MWh (Spotmarkt EXAA AT Base). Bereits im Abschlussquartal des Geschäftsjahres 2022/23 trat eine deutliche Beruhigung auf den Spotmärkten ein, welche sich im Verlauf des Geschäftsjahres 2023/24 unvermindert fortsetzte. Die Eskalation der Konflikte im Nahen Osten im Herbst 2023 wirkte sich nicht wesentlich auf die Erdgas- und Strompreise aus.
Mit Beginn des Geschäftsjahres 2023/24 bewegte sich der Preis für Erdgas bei ca. 50 EUR je MWh und schwankte im weiteren Verlauf des Geschäftsjahres in einer Bandbreite zwischen 25 und 50 EUR je MWh. Damit liegen die Preise sogar unter dem Niveau vor Ausbruch des Ukraine-Krieges.
Die Gasversorgung in Europa hat sich durch den deutlich reduzierten Gasverbrauch und die bewusste Diversifikation der Gasbezugsquellen – um die Abhängigkeit von Russland zu verringern – mittlerweile deutlich entspannt. Aus strategischen Gründen hält die voestalpine dennoch an den eigenen Gasspeicherkapazitäten fest, welche im Mai 2022 vertraglich gesichert wurden, um die Gasversorgung insbesondere an den österreichischen Standorten abzusichern. Sollte die externe Versorgung ausfallen, kann der Vollbetrieb mit einer bestehenden Reserve von 1,5 TWh Erdgas drei Monate lang aufrechterhalten werden. Der Teilbetrieb ist abhängig von der jeweiligen Produktionsfahrweise über einen entsprechend längeren Zeitraum möglich.
Der Preisverlauf bei Strom war im Geschäftsjahr 2023/24 analog zur Entwicklung wie bei Erdgas. Zu Geschäftsjahresbeginn bewegte sich der Strompreis bei knapp über 100 EUR je MWh. Im weiteren Verlauf pendelte er zwischen 75 und 100 EUR je MWh, bevor er im 4. Quartal 2023/24 weiter zurückging.