Klimaschutz

      Trennbild Net Zero (Foto)

      Das Klimaschutzprogramm greentec steel, mit dem die voestalpine die Net-Zero-Emissionen bis spätestens 2050 erreichen will, befindet sich plangemäß in Umsetzung. Der politisch-regulatorische Rahmen für die europäische und nationale Energie- und Klimapolitik wurde im Berichtszeitraum punktuell konkretisiert, bleibt aber in wesentlichen Bereichen nach wie vor offen.

      Politischer Rahmen

      Auf EU-Ebene wurden 2023 einige wesentliche Materien, wie die Richtlinien zu Energieeffizienz, beschlossen bzw. befinden sich im Frühjahr 2024 industrie- und rohstoffpolitische Weichenstellungen kurz vor der finalen Trilog-Einigung zwischen Kommission, Rat und Parlament. Dazu gehören unter anderem der „Net-Zero Industry Act“ (NZIA), der für die Transformation wichtige Industrieaktivitäten unterstützen soll, und der „Critical Raw Materials Act“ (CRMA) zur Sicherstellung der (Binnen-)Versorgung mit dafür erforderlichen Rohstoffen.

      Im Oktober 2023 begann zudem die dreijährige Probephase des CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment, CBAM), dessen politisches Ziel in der vergleichbaren Behandlung von Importen bestimmter Produkte in die EU mit dem hier geltenden Niveau der CO2-Bepreisung liegt. Wer Waren in die EU einführt, muss demnach entweder ein dem EU-Emissionshandel (Emission Trading Scheme; ETS) entsprechendes System einer CO2-Bepreisung nachweisen oder andernfalls Einfuhrzölle entrichten.

      CBAM umfasst zunächst die Sektoren Eisen, Stahl, Aluminium, Zement, Strom, Düngemittel, Wasserstoff sowie ausgewählte vor- und nachgelagerte Produkte. Mit dem „Echtbetrieb“ des weltweit ersten derartigen Grenzausgleichs ab 2026 ist in diesen Branchen ein schrittweises Auslaufen der Freizuteilung von Emissionshandelszertifikaten bis 2034 vorgesehen. Nach wie vor ausständig sind jedoch Lösungen für Exporte aus der EU, um Mehrkosten aufgrund höherer Klimaschutzstandards gegenüber anderen Regionen auszugleichen und damit auch am Weltmarkt halbwegs vergleichbare Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

      Freizuteilung von Emissionshandelszertifikaten bis 2034 vorgesehen. Nach wie vor ausständig sind jedoch Lösungen für Exporte aus der EU, um Mehrkosten aufgrund höherer Klimaschutzstandards gegenüber anderen Regionen auszugleichen und damit auch am Weltmarkt halbwegs vergleichbare Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

      Trotz grundsätzlich inhaltlich nachvollziehbarer Intention ist all diesen europäischen und nationalen Regularien gemein, dass sie mit teils überschießendem administrativem Mehraufwand verbunden sind. Deshalb bleibt abzuwarten, ob sie sowohl klima- als auch industriepolitisch tatsächlich positive Effekte mit sich bringen werden. Fest steht, dass der ursprünglich von der EU-Kommission in Aussicht gestellte Bürokratieabbau bislang nicht eingetreten ist.

      Während wichtige Bestandteile des „Green Deals“ noch nicht final verabschiedet bzw. implementiert sind, wird auf EU-Ebene über die neuen Klimaziele 2040 diskutiert. Anfang Februar hat die EU-Kommission dazu ihre Vorstellungen veröffentlicht. Konkret wird ein Netto-Ziel von minus 90 % gegenüber 1990 in Verbindung mit einer „Industrial Carbon Management Strategy“ für nicht vermeidbare Restemissionen vorgeschlagen. Das betrifft vor allem Carbon Capture and Utilization bzw. Storage (CCUS).

      Entscheidungen werden in der im 1. Halbjahr 2024 endenden Legislaturperiode des EU-Parlaments bzw. von der amtierenden Kommission zwar nicht mehr getroffen werden, die Implikationen einer erneuten Zielverschärfung wären jedoch erheblich, da sämtliche Materien des „Fit for 55“-Pakets einschließlich der legistischen Umsetzung auf nationaler Ebene angepasst werden müssten.

      Ähnliche Diskussionen finden derzeit auch in den einzelnen EU-Mitgliedsländern statt. So wird sowohl in Österreich als auch in Deutschland an einer „Carbon-Management-Strategie“ gearbeitet, die aus voestalpine-Sicht aber sinnvollerweise integrierter Bestandteil der entsprechenden EU-Pläne sein müssen.

      Die Kernfrage für alle energieintensiven Branchen wird sein, wie die industrielle Transformation auf lange Sicht wirtschaftlich darstellbar gestaltet werden kann. Die wesentlichen Aspekte sind unverändert das künftige europäische und nationale Förderregime, die Entwicklung „grüner“ Leitmärkte für CO2-reduzierte Produkte sowie Verfügbarkeit, gesicherte Versorgung, Infrastruktur und wettbewerbsfähiges Preisniveau in Bezug auf erneuerbare Energien. Diese Herausforderungen sind von einzelnen Unternehmen nur eingeschränkt selbst zu bewältigen und bedürfen einer darauf ausgerichteten und akkordierten Industriepolitik.

      Die seit Anfang 2024 an Dynamik gewinnende Diskussion über einen neuen „Industrial Deal“ der Europäischen Union in der kommenden Legislaturperiode sollte nicht nur verstärktes Bewusstsein dafür schaffen, dass sämtliche relevanten Materien wie Klima, Energie, Wettbewerb, Handel, Finanzen, Forschung/Innovation integriert und koordiniert betrachtet werden müssen, sondern letztlich auch zu einer langfristig zukunftsfähigen industriepolitischen Agenda der EU und ihrer Mitgliedstaaten führen.

      greentec steel: Das zukunftsgerichtete Klimaschutzprogramm von voestalpine

      Mit greentec steel wird im voestalpine-Konzern ein ambitionierter Stufenplan schrittweise umgesetzt. greentec steel umfasst alle Aktivitäten und Innovationen der voestalpine auf dem Weg zur Stahlerzeugung mit Net-Zero-Emissionen. Der voestalpine-Konzern verpflichtet sich im Rahmen der Science Based Targets Initiative (SBTi), die Summe der Scope-1- und Scope-2-Emissionen um 30 % sowie die Scope-3-Emissionen um 25 % jeweils bis 2029 gegenüber dem Referenzjahr 2019 zu reduzieren. Die Zielerreichung 2029 unterliegt dabei auch externen Faktoren und Einflussgrößen wie beispielsweise Rohstoffen, Energie und Konjunktur. greentec steel sieht unterschiedliche technologische Optionen mit hohem CO2-Minderungspotenzial vor. Der Stufenplan bietet der voestalpine dadurch ein gewisses Maß an Flexibilität, um auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können und zugleich das betriebswirtschaftliche Risiko auf ein handhabbares Ausmaß zu begrenzen.

      greentec steel umfasst im ersten Schritt ein Investitionsvolumen von rund 1,5 Mrd. Euro. Damit werden zunächst an den Standorten Linz und Donawitz zwei grünstrombetriebene Elektrolichtbogenöfen installiert und zwei kohlebasierte Hochofenaggregate stillgelegt. Je nach Qualitätsanforderungen kommt dabei ein Mix der Einsatzstoffe aus Schrott, flüssigem Roheisen und Hot Briquetted Iron (HBI) zum Einsatz. Das benötigte HBI bezieht die voestalpine primär über die Direktreduktionsanlage in Texas/USA, die sich seit 2022 mehrheitlich im Besitz eines globalen Stahlproduzenten befindet, 20 % gehören der voestalpine mit langfristig gesicherten Abnahmeverträgen.

      Inzwischen sind die Entscheidungen für die Anlagen und Lieferant:innen gefallen und der Bau der Elektrolichtbogenöfen konnte beginnen. Die österreichische Bundesregierung hatte dafür eine Förderungszusage von rund 90 Mio. Euro im Rahmen des Programms „Transformation der Industrie“ gewährt. Der Abschluss des Verfahrens zur Umweltverträglichkeitsprüfung für die erforderliche Ertüchtigung des Stromnetzes ist am Standort Donawitz abgeschlossen und am Standort Linz zum Zeitpunkt der Berichtserstellung bevorstehend.

      Das langfristige Konzept der voestalpine, um im Einklang mit dem Zielpfad des EU-Emissionshandels bis spätestens 2050 Net-Zero-Emissionen zu erzielen, besteht aus mehreren modularen Technologieschritten und -optionen. Diese stellen gleichermaßen auf den größtmöglichen CO2-Minderungseffekt unter Berücksichtigung der tatsächlichen Realisierbarkeit (z. B. in Bezug auf die Verfügbarkeit von Roh- und Einsatzstoffen sowie erneuerbarer Energien einschließlich entsprechender Infrastrukturen) ab.

      Die wesentlichen Elemente und Meilensteine des Klimaschutzprogramms greentec steel umfassen im Überblick (Referenzjahr 2019 für Scope 1 und 2):

      • Bis 2029: Phase 1 mit Zielsetzung minus 30 % CO2-Emissionen
        • Investition in zwei mit erneuerbarem Strom betriebene Elektrolichtbogenöfen in Linz und Donawitz und Stilllegung zweier kohlebasierter Hochöfen.
      • Ab 2030 bis 2035: Phase 2 mit angestrebten minus 50 % CO2-Emissionen
        • Fokus auf direkte CO2-Vermeidung durch weiteren Ersatz fossiler Roheisenerzeugung sowie voraussichtlich ergänzende Nutzung von CO2-Abscheide- und Verwertungstechnologien (Carbon Capture Storage bzw. Utilization).
      • Bis spätestens 2050: Phase 3 mit Zielsetzung Net-Zero-CO2-Emissionen
        • Fokus auf Ersatz der verbleibenden fossilen Roheisenkapazitäten unter Einsatz von fossilfreien Energieträgern, etwa „grünem“ Wasserstoff und Bioenergien, sowie Abscheidung von CO2 (CCUS) mit dem Ziel größtmöglicher Flexibilität bei gleichzeitig tatsächlich wirtschaftlicher Realisierbarkeit der Net-Zero-Strategie.
        • Die finalen Entscheidungen werden in Übereinstimmung mit Investitionszyklen und nach Maßgabe der dann absehbaren Voraussetzungen erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen.