Wesentlichkeitsanalyse

      Das Instrument der Wesentlichkeitsanalyse dient dazu, die für ein Unternehmen und seine Stakeholder:innen relevanten Nachhaltigkeitsthemen zu ermitteln. Die Wesentlichkeitsanalyse ist in Übereinstimmung mit internationalen Standards (z. B. jenen der Global Reporting Initiative; GRI) und gemäß den Vorgaben der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU verpflichtend durchzuführen. Im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse sind jene Themen festzulegen, über die im Nachhaltigkeitsbericht quantitative Daten und beschreibende Informationen offengelegt werden müssen. Zugleich bildet sie auch eine wichtige Grundlage für die strategische Ausrichtung und operative Planung in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social and Governance; ESG).

      Nach den Vorgaben der CSRD gilt es im Zuge der Wesentlichkeitsanalyse die direkten und indirekten Auswirkungen des Unternehmens auf die Menschen und die Umwelt
      (= Auswirkungswesentlichkeit aus der Inside-out-Perspektive) sowie die finanziellen Risiken und Chancen für das Unternehmen (= Finanzielle Wesentlichkeit aus der Outside-in-Perspektive) zu bewerten. Ein Thema gilt dann als wesentlich, wenn ihm Auswirkungen, Chancen oder Risiken zugeordnet sind, deren Bewertung über einem zu definierenden Schwellenwert liegt.

      Inside-out/Outside-in (Grafik)

      Vorbereitend auf die für die voestalpine ab dem Geschäftsjahr 2024/25 geltende Berichterstattungspflicht im Rahmen der CSRD hat das Unternehmen im Berichtszeitraum eine fundierte Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt. Den Vorgaben der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) entsprechend, wurden die Nachhaltigkeitsaspekte nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit bewertet und priorisiert. Die ESRS sind das von der EU entwickelte Rahmenwerk, das alle Unternehmen, die unter die Regelungen der CSRD fallen, für ihre Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen verwenden müssen.

      METHODIK WESENTLICHKEITSANALYSE

      Die Wesentlichkeitsanalyse wurde von einem Projektkernteam durchgeführt, das sich aus Mitarbeiter:innen der Abteilung Group Sustainability und den Nachhaltigkeitsverantwortlichen der Divisionen zusammensetzte. Alle Entscheidungen, die im Rahmen der Wesentlichkeitsprüfung zu treffen waren, wurden im Kernteam konsensual getroffen. Der Prozess wurde von einem darauf spezialisierten Beratungsunternehmen begleitet. Es hatte die Aufgabe, die Einhaltung der formalen Anforderungen der ESRS sicherzustellen und darauf zu achten, dass in den Workshops sachlich begründete und objektive Entscheidungen getroffen werden.

      Der Prozess der Ermittlung der zu berücksichtigenden Themen begann mit der Erstellung einer Liste von Quellen und der Sammlung der darin aufgeführten Themen. Den Empfehlungen der EFRAG-Umsetzungsleitlinien für die Wesentlichkeitsanalyse folgend, wurden neben den ESRS die GRI-Standards, die ISSB-Standards und internationale Instrumente der Sorgfaltspflicht als primäre Quellen für die Sammlung potenziell wesentlicher Themen entlang der Wertschöpfungskette herangezogen. Darüber hinaus hat das Team auch weitere Quellen, wie etwa Peer Reviews und den Global Risks Report 2023 des WEF, der die Ergebnisse der neuesten Global Risks Perception Survey (GRPS) enthält, berücksichtigt. Auf diese Weise wurden rund 260 potenziell wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte in einem unkonsolidierten Themenpool gesammelt.

      Es folgte eine Konsolidierung von sich überschneidenden oder gleichwertigen Themen. So wurde die sogenannte Longlist mit insgesamt 49 Themen erstellt. Im Rahmen der Durchführung einer ersten High-Level-Analyse der unternehmensspezifischen Auswirkungen, Risiken oder Chancen wurde die Liste auf etwa halb so viele Themen (Shortlist) eingegrenzt. Für jedes dieser Themen wurde anschließend eine kurze inhaltliche Beschreibung erstellt, um ein möglichst klares und einheitliches Bild zu schaffen, worum es bei den einzelnen Themen geht und um diese voneinander abgrenzen zu können. Danach wurden die Stakeholder:innen befragt, um ihre Einschätzung zu den Themen zu erhalten, und abschließend wurden, unter Einbindung aller relevanten Fachbereiche, die Auswirkungen, Chancen und Risiken (Impacts, Risks and Opportunities; IROs), die mit den einzelnen Themen verbunden sind, identifiziert und bewertet.

      AUSWAHL UND EINBINDUNG DER STAKEHOLDER:INNEN

      Die Auswahl der Interessenträger:innen, die eingebunden wurden, hat das Projektkernteam getroffen. Dazu wurde zuerst ein Gespräch mit dem Experten für Stakeholder-Management der voestalpine aus dem Bereich Public Affairs geführt. Basierend darauf wurden die potenziell einzubindenden Stakeholder:innen in einem Workshop hinsichtlich ihrer Wichtigkeit und Zugänglichkeit bewertet. Die Wichtigkeit wurde daran bemessen, wie hoch das Interesse einer Stakeholder:innen-Gruppe an der nachhaltigen Entwicklung der voestalpine ist und wie groß ihr Einfluss auf das Unternehmen ist. Die Bewertung der Wichtigkeit war ausschlaggebend dafür, ob eine Stakeholder:innen-Gruppe eingebunden werden soll, und die Bewertung der Zugänglichkeit bestimmte, auf welche Art dies geschehen soll.

      Die Einbindung der Interessenträger:innen erfolgte auf zwei verschiedenen Wegen: mittels persönlicher Interviews und einer breit angelegten anonymen Onlineumfrage. Beide Methoden haben ihre Vorzüge, die durch die kombinierte Anwendung vereint wurden. Mit der Onlineumfrage konnten viele Menschen erreicht werden und somit eine hohe Repräsentativität und statistische Validität der Bewertung erzielt werden. In den Interviews mit einzelnen Stakeholder:innen und Repräsentant:innen von Interessengruppen konnten verschiedene Aspekte im Detail behandelt und ein tieferes Verständnis für ihre Perspektiven und Anliegen gewonnen werden.

      Insgesamt hat die voestalpine über diese beiden Formate 130 interne und externe Stakeholder:innen aus fünf Kategorien (Belegschaftsvertreter:innen, Zulieferbetriebe, Kund:innen, Aktionär:innen und Investor:innen, Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen) bei der Festlegung der wesentlichen Themen für den CR-Report eingebunden. Neben der quantitativen Bewertung der Themen auf einer Skala von eins bis sieben wurden auch qualitative Fragen dazu gestellt und ausgewertet.

      IMPACT, RISK AND OPPORTUNITY (IRO) ASSESSMENT

      Für die Identifikation und Bewertung der IROs wurde ein Workshop-basierter Ansatz gewählt. Dazu wurden bestehende Risikomatrizen der Fachbereiche, öffentlich verfügbare Risikolisten wie die Liste der transitorischen Risiken und der physikalischen Risiken aus EU-Taxonomie und CSRD/ESRS sowie Forschungsergebnisse herangezogen. Weitere IROs wurden vom Kernprojektteam in Workshops gesammelt, dabei wurden auch jene berücksichtigt, die im Rahmen der Stakeholder:innen-Befragung identifiziert wurden. Alle IROs wurden in mehreren Workshops hinsichtlich ihres Schweregrads bzw. ihres potenziellen Ausmaßes und ihrer Wahrscheinlichkeit bewertet.

      Im abschließenden Workshop wurden im erweiterten Kernteam insbesondere zu jenen IROs Fragen geklärt, die zuvor kontrovers bewertet wurden. Im Zuge dessen wurden unterschiedliche Gesichtspunkte dargelegt und Unklarheiten ausgeräumt, um letztlich zu einer von allen mitgetragenen finalen Bewertung zu kommen.

      Nach dem Workshop und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Stakeholder:innen-Befragung wurden die Schwellenwerte für die wesentlichen Themen definiert und die darunterliegenden weniger wesentlichen Themen ausgeschieden.

      WESENTLICHE THEMEN

      Die Inhalte des vorliegenden Berichts basieren noch auf den bisher als wesentlich bewerteten Themen. Die im Geschäftsjahr 2023/24 durchgeführte Wesentlichkeitsanalyse bildet das Fundament für die Nachhaltigkeitserklärung ab dem Berichtsjahr 2024/25, welche bindend gemäß ESRS durchzuführen ist. Die finalen Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse wurden Anfang Mai 2024 im Rahmen eines Sustainability Board Meetings präsentiert und vom Gremium bewilligt.

      Im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse wurden folgende Themen als wesentlich identifiziert:

      Wesentliche Themen (Organigramm)