Klimaschutz

      Trennbild Sonnenblume (Foto)

      Die grundsätzliche Aufsichtsratsentscheidung zur Umsetzung des Transformationsprogramms greentec steel ist ein wesentlicher weiterer Schritt der voestalpine zur langfristigen Klimaneutralität ihrer Stahlproduktion. Mit dem ambitionierten Stufenplan – der bereits im ersten Schritt das größte Programm zur CO2-Reduktion in Österreich darstellt – wählt die voestalpine bewusst ein Konzept, das verschiedene technologische Optionen nach Maßgabe möglicher politisch-regulatorischer Rahmenbedingungen berücksichtigt und dem Konzern damit ein möglichst geringes betriebswirtschaftliches Risiko bei gleichzeitig hohem CO2‑Minderungspotenzial ermöglicht. Darüber hinaus baut die voestalpine ihre „grünen“ Produktschienen sowie die Eigenerzeugung erneuerbarer Energien, insbesondere erneuerbaren Stroms mit Photovoltaik, weiter aus.

      Politisches Umfeld

      Auf EU-Ebene sind aktuell Maßnahmen wie die Richtlinien zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, das künftige Strommarktdesign oder das Grüngaspaket unverändert ausständig. Ähnliches gilt in Österreich zum Zeitpunkt der Berichterstellung für Materien zur nationalen Umsetzung dieser und anderer EU-Vorgaben.

      Die für die Stahlindustrie wichtigste vorgenommene Weichenstellung betrifft die Einführung eines europäischen CO2-Grenzausgleichs in Verbindung mit einer Revision des Emissionshandels (ETS, Emission Trading Scheme). Demnach wird durch den CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) ab 2026 ein schrittweises Auslaufen der Freizuteilung von Emissionshandelszertifikaten bis 2034 erfolgen.

      Der Grundgedanke des CBAM ist, dass Importeure entweder ein dem EU-Emissionshandel entsprechendes System einer CO2-Bepreisung erfüllen oder Einfuhrzölle entrichten müssen. Im ersten Schritt betrifft CBAM die Branchen Eisen, Stahl, Aluminium, Zement, Strom, Düngemittel, Wasserstoff sowie ausgewählte vor- und nachgelagerte Produkte. Eine Übergangsphase bis zur vollständigen Einführung 2026 sollte noch im Herbst 2023 beginnen. Bis dato fehlen noch Lösungen für Exporte aus der EU, die den Kostenausgleich aufgrund höherer Klimaschutzstandards gegenüber anderen Regionen ausgleichen und damit auch bei Ausfuhren halbwegs vergleichbare Wettbewerbsbedingungen schaffen. Dennoch bietet die Entscheidung den betroffenen Unternehmen in Bezug auf die künftige Zertifikatverfügbarkeit und erwartbare Kostenentwicklung nun deutlich mehr Planungssicherheit für die Umstellung auf CO2-reduzierte Technologien als bisher.

      Ein integratives und umfassendes Konzept einer „grünen“ EU-Industriepolitik, das die langfristige Wettbewerbsfähigkeit von energieintensiven Industrien und deren Wertschöpfungsketten (etwa Verfügbarkeit und Preise erneuerbarer Energien, europäische Wasserstoffinfrastruktur, fiskal- und förderpolitische Themen) adressiert, ist bis dato noch nicht erkennbar. Während der US-amerikanische Act 370 Mrd. Dollar an stark durch fiskalpolitische Unterstützung und Anreize getriebenen Investitionsförderungen für energie- und klimarelevante Sektoren aufwendet, besteht der „Green Deal Industrial Plan“ der EU bislang nur aus Vorschlägen zu zwei Rechtsakten – dem „Net Zero Industry Act“ mit Fokus auf das Energiesystem und dem „Critical Raw Materials Act“ zur Erhöhung der europäischen Binnenversorgung mit strategisch wichtigen Rohstoffen.

      EU-Emissionshandel

      Der Zukaufsbedarf des voestalpine-Konzerns unter dem aktuellen ETS-Regime ergibt sich aus der Gesamtmenge benötigter Zertifikate (= Höhe der Emissionen) abzüglich der zugeteilten Freizertifikate. Er lag im Geschäftsjahr 2022/23, wie bereits im Schnitt der Vorjahre, bei rund einem Drittel der gesamten CO2-Emissionen. Der Zertifikatpreis hat sich in diesem Zeitraum um 17 % von 76 auf knapp 90 EUR erhöht. In einer anhaltend volatilen Entwicklung wurde im Februar 2023 sogar kurzfristig die 100-Euro-Marke überschritten.

      Das Klimaschutzprogramm greentec steel

      Im März 2022 hat der Aufsichtsrat der voestalpine AG grünes Licht für die Vorarbeiten zu einer klimafreundlichen Stahlproduktion an den Standorten Linz und Donawitz gegeben. Diese werden seither bereits konsequent umgesetzt. Im März 2023 hat der Aufsichtsrat ein Investitionsvolumen von rund 1,5 Mrd. EUR zur Errichtung der beiden Aggregate grundsatzgenehmigt.

      Geplant ist, zwei kohlebasierte Hochofenaggregate durch zwei grünstrombetriebene Elektrolichtbogenöfen zu ersetzen. Je nach Qualitätsanforderungen kommt dabei ein Mix aus Schrott, flüssigem Roheisen und HBI („Hot Briquetted Iron“) zum Einsatz. Das benötigte HBI bezieht die voestalpine primär über die Direktreduktionsanlage in Texas/USA, die sich seit 2022 mehrheitlich im Besitz eines globalen Stahlproduzenten befindet, 20 % gehören der voestalpine mit entsprechend langfristig gesicherten Abnahmeverträgen.

      Vorgesehen sind die Anlagen- und Lieferant:innen-Entscheidung noch 2023, der Baubeginn 2024 und die Inbetriebnahme Anfang 2027. Dann können jährlich 2,5 Mio. t CO2-reduzierten Stahls erzeugt und damit die Emissionen an beiden Standorten um 30 % reduziert werden. Das entspricht 5 % des gesamten aktuellen CO2-Ausstoßes in Österreich. greentec steel ist damit der mit Abstand größte einzelne Klimaschutzhebel des Landes. Der genaue Beginn der Umsetzung des ersten Schrittes ist noch abhängig von der Klärung offener Förderfragen mit der Bundesregierung und der bis spätestens Ende 2026 angestrebten Ertüchtigung des Stromnetzes (220-kV-Leitung im Zentralraum Oberösterreich).

      Das langfristige Konzept der voestalpine, um im Einklang mit dem Zielpfad des EU-Emissionshandels bis spätestens 2050 netto-klimaneutral zu produzieren, besteht aus mehreren modularen Technologieschritten und -optionen. Diese stellen gleichermaßen auf den größtmöglichen CO2-Minderungseffekt und die tatsächliche Realisierbarkeit (z. B. in Bezug auf den jeweiligen politischen und rechtlichen Rahmen, die Verfügbarkeit von Roh- und Einsatzstoffen sowie „grüner“ Energien als auch entsprechender Infrastrukturen) ab.

      Die wesentlichen Elemente und Meilensteine des Programms greentec steel im Überblick:

      • Ab 2027 minus 30 % CO2-Emissionen
        • Ersatz zweier kohlebasierter Hochöfen in Linz und Donawitz durch je einen mit erneuerbarem Strom betriebenen Elektrolichtbogenofen.
      • Ab 2030 minus 50 % CO2-Emissionen
        • Ersatz weiterer bisheriger Roheisenerzeugung an beiden Standorten.
      • Bis spätestens 2050 Net-Zero-CO2- Emissionen
        • Mögliche Optionen wie Einsatz von fossilfreien Energieträgern, etwa „grünem“ Wasserstoff und Bioenergien, sowie Abscheidung von CO2 (CCUS) mit dem Ziel größtmöglicher Flexibilität bei gleichzeitig tatsächlich wirtschaftlicher Realisierbarkeit der Netto-Null-Strategie.
        • Die finalen Entscheidungen werden daher in Übereinstimmung mit Investitionszyklen und nach Maßgabe der dann absehbaren Voraussetzungen erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen.