Risikomanagement

      Trennbild Impact, Risks & Opportunities (Foto)

      Aktives Risikomanagement, wie es im voestalpine-Konzern verstanden und seit vielen Jahren angewendet wird, dient sowohl der langfristigen Sicherung des Unternehmensbestands als auch der Wertsteigerung und stellt somit einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Das Risikomanagement der voestalpine deckt auch Nachhaltigkeitsrisiken ab.

      Durch den einheitlichen Risikomanagementprozess, den alle Konzerneinheiten mehrfach jährlich durchlaufen, und die internen Kontrollsysteme, die ebenfalls integrale Bestandteile der Aufbau- und Ablauforganisation sind, werden wesentliche Risiken systematisch und frühzeitig erfasst, analysiert und bewertet. Maßnahmen zur Risikobewältigung verfolgen unter Berücksichtigung von Risikoappetit und -tragfähigkeit unterschiedliche Strategien (wie „Vermeiden“, „Vermindern“, „Sichern“ sowie Kombinationen daraus und – sofern aus wirtschaftlichen Überlegungen keine weiteren Maßnahmen sinnvoll erscheinen – „Tragen“ des Risikos). Für die Festlegung und Umsetzung der Maßnahmen ist das lokale Management verantwortlich.

      Das Risikomanagement der voestalpine schließt alle Unternehmensbereiche und Hierarchiestufen ein und erstreckt sich sowohl über die strategische als auch die operative Ebene. Der Risikomanagementprozess läuft in mehreren Schritten ab und ist ähnlich aufgebaut wie in den Guidelines der OECD für multinationale Konzerne empfohlen:

      Risikomanagementprozess (Grafik)

      Den operativen Einheiten steht ein voestalpinespezifischer Risikomanagement-Fragenkatalog im Sinne einer Checkliste zur Verfügung, der die Identifikation möglicher Risiken unterstützt. Der Fragenkatalog umfasst aktuell 13 Kapitel, die beispielsweise strategische Risiken, finanzielle Risiken, Compliance-Risiken, aber auch Risiken in den Bereichen Menschenrechte, Umwelt und Klimawandel abdecken. Der Risikomanagement-Fragenkatalog wird mindestens einmal pro Jahr auf seine Aktualität geprüft und gegebenenfalls ergänzt.

      Im Rahmen einer Aktualisierung der Wesentlichkeitsanalyse nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit (nähere Informationen dazu im Kapitel „Stakeholder:innen und CR-Management“) erhob die voestalpine im Geschäftsjahr 2023/24 in einem mehrstufigen und holistischen Ansatz die wesentlichen Themen in Bezug auf ein nachhaltig ausgerichtetes Geschäftsmodell. Jedem Nachhaltigkeitsthema sind Chancen und Risiken in den Bereichen Mitarbeiter:innen-Belange, Bekämpfung von Korruption und Bestechung, Umweltbelange, Sozialbelange und Achtung der Menschenrechte zugeordnet, welche im konzernalen Strategie- und Risikomanagement berücksichtigt werden und sukzessive in die mittelfristige Geschäftsplanung einfließen.

      Die Identifizierung und weitere Ausgestaltung von Chancen sind integraler Bestandteil des konzernalen Strategiemanagementprozesses. Die Konzernstrategie gibt dabei den strategischen Rahmen vor. Darauf aufbauend werden im Zuge des Strategiereview-Prozesses Chancen identifiziert und analysiert sowie in weiterer Folge in den Geschäftsbereichen umgesetzt. Eine zielgerichtete Bearbeitung gemeinsam mit der Holding des Konzerns ermöglicht es dabei, Stärken zu konturieren und strategische Wachstumspotenziale zu erschließen. Dem Management der einzelnen Gesellschaften obliegt es unmittelbar, operative Chancen zu identifizieren, zu analysieren und umzusetzen.

      Folgende nachhaltigkeitsbezogene Risiken wurden für die voestalpine als wesentlich identifiziert.

      Risiken im Zusammenhang mit Klimawandel und Dekarbonisierung

      Physische Klimarisiken

      Die mit dem Klimawandel im Zusammenhang stehenden kurz- und mittelfristigen physischen Schwachstellen aus Elementarereignissen – etwa Hoch- oder Niederwasser, Schneelast, Trockenheit, Stürme und starke Winde oder Temperaturschwankungen – wurden im Rahmen der Umsetzung der EU-Taxonomie-Verordnung ermittelt und berichtet (nähere Informationen siehe Kapitel „Umwelt“). Dazu erstellte die voestalpine detaillierte Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalysen für alle relevanten Betriebsstandorte, um ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber physischen Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu ermitteln. Mithilfe einer simulationsbasierten Software wurden physische Klimarisiken identifiziert, quantifiziert und offengelegt. Es wurden jene Szenarien des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change; IPCC) verwendet, die dem von der EU-Taxonomie vorgeschlagenen Zeithorizont entsprechen. Starke Regenfälle, Überflutungen und Murenabgänge sind beispielsweise für den voestalpine-Konzern wesentliche physische Klimarisiken.

      Daraus abgeleitet wurden umfassende Vorsorgemaßnahmen getroffen. Dazu zählen unter anderem bauliche Maßnahmen, Brandmelder, Sprinkleranlagen, Hochwasserschutz bzw. Logistikanpassungen bei Niederwasser. Im Zuge von regelmäßigen Übungen, beim Test bestehender Notfallpläne sowie durch Begehungen und „Risk-Surveys“ mit Versicherungsunternehmen werden vorhandene Vorsorgemaßnahmen auf Aktualität bzw. Vollständigkeit geprüft und allenfalls an neue Gegebenheiten angepasst bzw. erweitert. Der bestehende Versicherungsschutz zu Elementarereignissen und anderen Risiken wird gemeinsam mit dem internen Versicherungsunternehmen voestalpine Insurance Services GmbH regelmäßig auf Aktualität geprüft.

      Der regelmäßige Austausch mit internen und externen Versicherungsgesellschaften trägt ergänzend zu den intern gesetzten Maßnahmen dazu bei, die Auswirkungen solcher Risiken für das Unternehmen so gering wie möglich zu halten.

      Im Bereich der Versorgung mit Rohstoffen (z. B. Zulieferungen per Schiff am Standort Linz) werden etwaige klimabedingte Pegel-Schwankungen und eine sich daraus abzeichnende erschwerte Schiffbarkeit von Flüssen (z. B. der Donau) situativ bei der Anzahl der eingesetzten Schiffe und der Frachtmengen berücksichtigt.

      Risiko steigender THG-Emissionskosten

      Ein potenzielles Kostenrisiko durch Preisanstiege bei Emissionszertifikaten wird durch eine mögliche Verknappung von Zertifikaten und die Umsetzung der EU-Klimaziele bis 2030 weiterbestehen. Zur Absicherung der kurzfristigen Preisschwankungen bedient sich die voestalpine bedarfsgerechter Sicherungen mit einer Laufzeit bis zu 12 Monaten.

      Im Oktober 2023 begann die dreijährige Probephase des CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism; CBAM) und der damit einhergehenden Berichtspflicht. CBAM ist Teil des „Fit for 55“-Pakets der Europäischen Union. Das politische Hauptziel ist die vergleichbare Behandlung von Importen bestimmter Produkte in die EU hinsichtlich Klimaschutzstandards und die Reduktion der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % im Vergleich zu 1990. Damit geht ein stufenweiser Wegfall der kostenfreien Zuteilung von CO2-Zertifikaten unter anderem in der Stahlindustrie einher, welcher verstärkt gegen Ende der laufenden Emissionshandelsperiode einsetzt.

      Mit dem „Echtbetrieb“ des weltweit ersten derartigen Grenzausgleichs ab 2026 ist somit das schrittweise Auslaufen der Freizuteilung von Emissionshandelszertifikaten bis 2034 vorgesehen.

      Diesem Risiko begegnet die voestalpine mit ihrem ambitionierten Klimaschutzprogramm greentec steel (nähere Informationen siehe Kapitel „Klimaschutz“). Der Stufenplan greentec steel umfasst alle Aktivitäten und Innovationen des voestalpine-Konzerns auf dem Weg zur Stahlerzeugung mit Net-Zero-Emissionen. In einem ersten Schritt werden rund 1,5 Mrd. EUR investiert, um bis 2029 CO2-Emissionen aus Scope 1 und Scope 2 um 30 % zu reduzieren.

      Risiko im Zusammenhang mit dem Klimaschutzprogramm greentec steel

      Für das zukunftsgerichtete Klimaschutzprogramm greentec steel, das sich über mehrere Jahre erstreckt, sind mögliche Risiken in unterschiedlicher Ausprägung aufgrund der Komplexität des Gesamtprojekts, zeitlicher Planänderungen und mit Blick auf die internen und externen Finanzierungsmöglichkeiten nicht auszuschließen. Grundsätzlich wird für wichtige Teilprojekte, wie etwa den Bau der Elektrolichtbogenöfen, auf erfahrene Anlagenbauer zurückgegriffen, um Technologie- und Umsetzungsrisiken zu minimieren. Insbesondere werden Risikoanalysen zu erwarteten Kostensteigerungen stetig in einer Projektorganisation detailliert festgehalten und Maßnahmen entwickelt und evaluiert. Hierzu wird regelmäßig an den Vorstand und Aufsichtsrat der voestalpine AG berichtet. Derzeit stuft die voestalpine eine finanzielle Belastung über das geschätzte Investitionsvolumen hinaus als unwahrscheinlich ein. Die für greentec steel installierte Projektmanagementorganisation beobachtet ebenso die der Investitionsentscheidung zugrunde liegenden Basisannahmen wie Absatzerwartungen, Rohstoff- und Energiepreisprämissen sowie deren Verfügbarkeiten und regulatorische Veränderungen. Die Entwicklungen werden stetig mit der aktuellen Lage und dem Projektfortschritt abgeglichen. greentec steel bietet unterschiedliche technologische Optionen (wie Elektrifizierung, Wasserstofftechnologien, Einsatz von biogenen Energieträgern etc.) mit hohem CO2-Minderungspotenzial. Der Stufenplan ermöglicht der voestalpine dadurch in der Zielerreichung ein gewisses Maß an Flexibilität, um auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können und zugleich das betriebswirtschaftliche Risiko auf ein handhabbares Ausmaß zu begrenzen.

      Umweltrisiken

      Die Gefahr von negativen Umweltauswirkungen – z. B. betreffend Abwasser, Abfall, Bodenkontamination, Luftemissionen oder zukünftigen standortspezifischen Hitzestress, Wind oder Wasserstress – wird durch strikte Befolgung von gesetzlichen und behördlichen Vorgaben minimiert. Deren Einhaltung wird durch breitflächig implementierte Umweltmanagementsysteme sichergestellt und laufend überprüft. 76 % der Produktionsstandorte, die 96 % des gesamten Produktionsvolumens abbilden, verfügen über ein Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS. 28 % der Gesellschaften unterliegen dem zertifizierten Energiemanagement nach ISO 50001, das die kontinuierliche Verbesserung im Sinne der Energieeffizienz sicherstellt.

      Risiken im Bereich Menschenrechte

      Risiken für die voestalpine, die im Zusammenhang mit potenziellen Menschenrechtsverletzungen auftreten können, werden explizit im Risikomanagement-Fragenkatalog adressiert. So sind Analysen hinsichtlich etwaiger Menschenrechtsverletzungen durch Kund:innen bzw. Lieferant:innen Teil der Marktbeobachtung. Darüber hinaus wird auf die Einhaltung internationaler Standards in Bezug auf Arbeitssicherheit, Achtung der Diversität und Schutz der Menschenrechte geachtet. Ein besonderes Augenmerk legt die voestalpine darauf, dass es weder im eigenen Konzern noch bei Geschäftspartner:innen zu Kinder- oder Zwangsarbeit und Vorfällen von Diskriminierung kommt.

      Andere wesentliche Nachhaltigkeitsrisiken

      Risiken, die im Zusammenhang mit Arbeitnehmer:innen-Belangen, Korruption oder wettbewerbsrechtlichen Vergehen auftreten können, sind vom Risikomanagement der voestalpine umfasst und werden auch durch die Corporate Governance und das Compliance-Management des Unternehmens minimiert. Nähere Informationen finden sich dazu in den jeweiligen Abschnitten dieses CR-Reports.

      Pandemierisiko

      Das im Zuge der Covid-19-Pandemie initiierte konzernweite Krisenmanagement wurde bereits Ende des Geschäftsjahres 2022/23 auf „On Hold“ gesetzt. Die im Rahmen des Krisenmanagements umgesetzten Maßnahmen wurden bewertet und die daraus gewonnenen Erkenntnisse in einem allgemeinen Pandemieleitfaden zusammengeführt. Dieser dient als Handlungsanleitung, um für den Ereignisfall einer Epidemie oder erneuten Pandemie gerüstet zu sein und Gefahren für die Mitarbeiter:innen und negativen Auswirkungen auf das Unternehmen bestmöglich entgegenzuwirken.

      Sollten in den Standortländern des Konzerns Epidemien auftreten oder sich auch andernorts Pandemien abzeichnen, werden diese Entwicklungen von der voestalpine genau beobachtet. Im Bedarfsfall wird das Krisenmanagement in angepasster Form erneut in Kraft gesetzt.