Forschung und Entwicklung

      Die Schwerpunkte der ökologischen Nachhaltigkeitsstrategie des voestalpine-Konzerns bilden die Reduktion der CO2-Emissionen, die Schonung von Ressourcen und das Modell der Kreislaufwirtschaft. Ziel ist es, bis 2050 die Stahlproduktion klimaneutral zu gestalten. Maßnahmen auf allen Ebenen dienen der Erreichung der Ziele in Hinblick auf den effizienten Einsatz von Ressourcen und eine Kreislaufwirtschaft. Dazu zählen die Betrachtung von Produkten und Investitionen über den Lebenszyklus, Digitalisierung, nachhaltige Produkte und erweiterte Material- sowie Energiekreisläufe. Eine intensive Forschungs- und Entwicklungstätigkeit (F&E) bildet die Voraussetzung dafür und steht im Kern der Unternehmensstrategie der voestalpine, die auf Innovations-, Technologie- und Qualitätsführerschaft ausgerichtet ist. Diese zentrale Bedeutung bildet sich ab in der kontinuierlichen Steigerung des Aufwands auf 191,2 Mio. EUR im Geschäftsjahr 2022/23 und einem neuerlichen Rekord-Budget für Forschung & Entwicklung im Geschäftsjahr 2023/24 von 219,1 Mio. EUR.

      Forschungsaufwendungen des voestalpine-Konzerns

      Mio. EUR, Brutto-F&E-Aufwendungen (ohne F&E-Anlageninvestitionen)

      Forschungsaufwendungen des voestalpine-Konzerns (Balkendiagramm)

      Klimaneutrale Stahlerzeugung: Auf dem Weg

      Es ist ein wesentliches Ziel der voestalpine-Dekarbonisierungsstrategie, die Entstehung von Kohlendioxid aus technischen Prozessen zu vermeiden. Intensiv forscht der voestalpine-Konzern daher an neuen Verfahren zur nachhaltigen Stahlerzeugung. Gemeinsam mit Primetals Technologies wird eine neue Prozessroute für eine klimafreundliche Roheisenproduktion evaluiert, die auf der Hyfor–Technologie basiert. Hyfor ist ein wasserstoffbasiertes Verfahren zur Direktreduktion für Feinerze, das keine Agglomerationsschritte wie Sintern oder Pelletieren erfordert. An der Versuchsanlage am Standort Donawitz, Österreich, wurden seit der Inbetriebnahme Ende 2021 zahlreiche Testkampagnen im Batchbetrieb erfolgreich durchgeführt. Im nächsten Schritt wird nun die Umsetzung einer Pilotanlage für einen kontinuierlichen Betrieb am Standort Linz unter Einbeziehung der bestehenden Wasserstoffelektrolyseanlage vorbereitet.

      Solange Kohlenstoff noch unverzichtbarer Bestandteil der Produktion hochwertiger Stähle ist, sucht die Forschung auch nach Lösungen, die Emission von CO2 zu verhindern bzw. das Gas zu verwerten.

      Für dieses Ziel beteiligt sich die voestalpine Stahl GmbH am Projekt „Carbon Cycle Economy Demonstration“ der RAG Austria AG, das in Kooperation mit Energieerzeuger:innen und Forschungsinstituten durchgeführt wird. Im Zentrum steht dabei der Aufbau eines innovativen Kohlenstoffkreislaufs: CO2 aus Prozessabgasen der Stahlerzeugung wird gemeinsam mit grünem Wasserstoff, der von der Elektrolyseanlage am Standort Linz erzeugt wurde, in natürliche Untergrundspeicher gepumpt. Dort findet in der Folge die Methanisierung statt. Dieses nachhaltig erzeugte Methan kann bedarfsweise gefördert und wieder in den Prozessen eingesetzt werden. Auf diese Weise trägt Carbon Cycle Economy Demonstration dazu bei, klimaschädliche Emissionen weiter zu verringern.

      Digitalisierung: Für optimierte Prozesse

      Algorithmen, Roboter, modellbasierte Regelungen und moderne Sensorik in Kombination mit künstlicher Intelligenz werden in den Produktionsanlagen konzernweit bereits erfolgreich ein- bzw. umgesetzt. Eine konsequent vorangetriebene Digitalisierung ermöglicht die zielgerichtete Erfassung und Auswertung aller relevanten Daten. Das Ergebnis sind letztendlich vollintegrierte Prozessrouten, die sich wesentlich effizienter steuern lassen: Ausfälle und Stillstände verringern sich, das Bedienpersonal wird unterstützt und die Produktqualität hält ein stabil hohes Niveau oder verbessert sich fallweise noch weiter.

      Kreislaufwirtschaft: Die Grundlage nachhaltiger Produktion

      Die voestalpine hat ein konzernweites Projekt zum Thema nachhaltige Prozesse gestartet, um vorhandene Potenziale zu identifizieren und zu nutzen. Etwa die Hälfte des Projektvolumens verfolgt ein kreislaufwirtschaftliches Modell. Zahlreiche Teilprojekte bearbeiten Themen wie z. B. die Aufbereitung von Stäuben, Schlämmen und Schlacken, die in der Stahlproduktion anfallen. Ziel ist es, alle Wertstoffe im Rahmen des technologisch Möglichen zurückzugewinnen und die Reststoffe einer sinnvollen Wiederverwendung zuzuführen, wobei auch andere Branchen einbezogen werden.

      Nachhaltigkeit: Über innovative Produkte

      Eine breite Palette an Produkten trägt dazu bei, Nachhaltigkeitsziele des Konzerns wie auch jene der Kund:innen zu erreichen. Konzernweite Forschung & Entwicklung schafft die Grundlage für voestalpine-Produkte, die zunehmend umweltfreundlich, effektiver, langlebiger, sicherer und problemlos recyclebar sind.

      Der Trend zum Leichtbau in der Automobilproduktion hält an. Dafür werden die höchstfesten Stähle für Karosseriekomponenten und Drahtanwendungen laufend weiterentwickelt. Hochfeste, warmgewalzte Stähle der Marke hot-rolled drive“, entwickelt für individuelle Bauteilanforderungen der Automobilbranche, wurden von den Abnehmer:innen erfolgreich zugelassen. Der Vorteil dieser Stahlgüten besteht darin, dass damit in der nachfolgenden Kaltumformung auch komplexe Bauteilgeometrien und Umformungen ausgeführt werden können. Schieber sind aus der modernen Automobilproduktion nicht wegzudenken: Sie erlauben die effiziente Umlenkung von Kräften bei der Herstellung komplexer Teile. Ein erfolgreiches Forschungs- und Entwicklungsprojekt hat ihre Lebensdauer weiter erhöht und etwaige Wartungseinsätze vereinfacht.

      Das Elektroband der Marke isovac® wurde entlang der Kundenanforderungen weiterentwickelt, es weist nun verbesserte elektromagnetische Eigenschaften bei geringerer Dicke auf.

      Als sehr erfolgreich erweist sich die Headcheck-freie Schiene. Nach abgeschlossener Materialentwicklung ist sie nun auf mehreren Versuchsstrecken zur Beobachtung eingebaut.

      Enorm sind die Anforderungen an die Triebwerke moderner Verkehrsflugzeuge, vom geringen Gewicht bis zu hoher Temperaturbeständigkeit. Höchste Qualität beim Material und im Umformprozess sind unabdingbar: Der Einsatz von Simulations- und Modellierungstechnologien in der Entwicklung ermöglicht hochstabile Schmiedeprozesse und die akkurate Vorhersage der Mikrostruktur sowie der mechanischen Eigenschaften der Werkstoffe. Parallel zur Weiterentwicklung des Schmiedeprozesses forscht die voestalpine auch intensiv daran, bestimmte Teile und Komponenten für die Luftfahrt mittels Metal Additive Manufacturing herzustellen.

      Für die Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen werden bewährte Werkstoffe an die Erfordernisse adaptiert und zu innovativen Komponenten entwickelt: darunter Trägerkonstruktionen für PV-Module, hochfestes Grobblech für Turmschäfte, Vormaterial für die stark beanspruchten Wälzlager und Getriebe sowie Verbindungselemente aus Stahlguss für Windräder an Land und im Meer. Darauf abzustimmen sind die Schweißsysteme für diese Anwendungen: So wurden neue Draht-Pulver-Kombinationen entwickelt und am Markt eingeführt.

      Die Werkzeugstähle der High Performance Metals Division durchlaufen eine fortwährende Weiterentwicklung hin zu höherer Verschleißbeständigkeit, Temperaturresistenz, Festigkeit und verbesserter Korrosionsbeständigkeit.

      In allen Divisionen wird an „digitalen Produkten“ geforscht: mit Sensorik ausgestattete Elemente, die Informationen über ihren Zustand und den ihrer Umgebung verarbeiten und in der Folge interagieren können. Beispielhaft dafür steht die „intelligente Weiche“, die derzeit auf Versuchsstrecken zum Einsatz kommt: Verteilte Sensoren liefern zu Zustand und Funktionstüchtigkeit der Weiche Daten, auf deren Basis eine künstliche Intelligenz Prognosen errechnet. Ziel ist es, Unregelmäßigkeiten, drohende Weichenausfälle oder Wartungsbedarf rechtzeitig zu erkennen und damit Streckensperren zu minimieren.

      Tailormade functional steel (tfs) ist ein feuerverzinkter, organisch beschichteter Stahl mit in die Lackschicht eingebetteten Leiterbahnen. Stahl wird auf diese Weise zum „intelligenten Werkstoff“: Zusätzliche Funktionen lassen sich direkt in die Oberfläche integrieren und eröffnen neue Möglichkeiten in der Anwendung. Erste Prototypen und Kleinserien von tfs mit den Funktionen Heizen und Beladungserkennung wurden bereits gemeinsam mit Kund:innen umgesetzt und erwiesen sich als erfolgversprechend.

      Zum Aufbau einer sogenannten Multizelle, in der acht unterschiedliche Bauteile vollautomatisch gefertigt werden können, wurden Ergebnisse mehrerer F&E-Projekte kombiniert verwertet: Diese inkludierten intelligente Objekterkennung und Bin Picking ebenso wie intelligente Komponentenerkennung und den vollautomatischen Schweißprozess.