Das Geschäftsjahr 2017/18 endete letztlich so, wie im „Ausblick“ des Geschäftsberichts 2016/17 in Aussicht gestellt, nämlich mit einer im Jahresvergleich deutlich positiven Entwicklung von Umsatz und Ergebnis. Dass damit am Ende alles an Umsätzen und Ergebnissen vergangener Jahre – einschließlich der „Vor-Lehman-Zeit“ – übertroffen würde, war vor einem Jahr allerdings nicht abzusehen.
Auch wenn sich die Ausgangslage für 2018/19 vor diesem Hintergrund vielversprechend darstellt, die geopolitischen Ereignisse des Frühjahrs 2018 machen einmal mehr deutlich, dass die Karten für jedes Geschäftsjahr immer wieder neu gemischt werden – und die Indikationen entbehren dabei nicht gewisser Widersprüche. Einem erstmals seit zehn Jahren stabilen, über nahezu alle wesentlichen Wirtschaftsbereiche und Länder verlaufenden Wachstum steht steigende Verunsicherung im Gefolge einer zunehmend protektionistischen Wirtschaftspolitik in immer mehr Regionen gegenüber.
Generell überrascht aber – und dies nicht zum ersten Mal – die insgesamt im Vergleich zu früheren Jahren hohe Resilienz der globalen Wirtschaft gegenüber kritischen politischen Entwicklungen. Weder der unverhohlene Versuch der USA, die Wirtschaftsströme in ihrem Sinne zu steuern, noch die permanent wachsende politische und militärische Eskalation im Nahen und Mittleren Osten oder der sich weiter aufschaukelnde Sanktionsmechanismus zwischen Russland und dem Westen scheinen dem breiten aktuellen Wirtschaftswachstum Abbruch zu tun. Derzeit sorgen unverändert vor allem China und Europa, mit Einschränkungen auch die USA, für eine anhaltende Aufschwungsdynamik, unterstützt von bisher nicht gekannten Wachstumsraten in Indien und neuem Schwung in Brasilien. Dennoch bleibt die Frage, wie lange diese Entwicklung vom Vertrauen der Kapital- und Finanzmärkte, von der Bereitschaft von Investoren, weiter Geld in die Märkte zu leiten, begleitet wird.
Zu Beginn des neuen Geschäftsjahres zeigen sich die Grundtrends der Weltwirtschaft jedenfalls nach wie vor wenig beeindruckt von möglichen politischen Risiken. Die Nachfrageentwicklung stellt sich in nahezu allen Wirtschaftsbereichen und Kundensegmenten unverändert positiv dar. Viele Industriesektoren sind durch eine anhaltend starke weltweite Marktentwicklung geprägt, an der sich aufgrund hoher Auftragsbestände auch in den nächsten Monaten nichts ändern sollte. Dies gilt insbesondere für die Automobilindustrie, den Konsumgüterbereich, den Flugzeugbau sowie große Teile des Maschinenbausektors; durch anhaltende Erholungstendenzen nicht nur in Europa geprägt ist auch die Bauindustrie, Gleiches gilt für den Öl- und Gassektor. Nach wie vor eher moderat stellt sich (insbesondere in der Europäischen Union) die Konjunkturentwicklung im Bereich der Eisenbahn-Infrastruktur dar und auf weiterhin unverändert bescheidenem Niveau verläuft die Nachfrage in der konventionellen Energieerzeugung (Kraftwerksbau).
Die Verfügbarkeit der für die Stahlerzeugung wichtigsten Rohstoffe (Eisenerz, metallurgische Kohle, Schrott, Legierungsmetalle) sollte im neuen Geschäftsjahr trotz Hochkonjunktur kein Problem darstellen. In preislicher Hinsicht ist – zumindest aus Sicht der Entwicklung in den ersten Monaten – nicht zuletzt aufgrund zuwachsender Minenkapazitäten von einer tendenziell geringeren kurzfristigen Volatilität als im vergangenen Jahr auszugehen.
Zusammenfassend lässt das hervorragende konjunkturelle Umfeld des 1. Quartals 2018/19 eine anhaltend starke Entwicklung der wichtigsten Märkte zumindest bis Herbst 2018 erwarten. Dabei ist allerdings in Bezug auf die Ergebnisentwicklung der voestalpine AG zu berücksichtigen, dass durch den seit Langem geplanten reparaturbedingten Stillstand des größten Hochofens im Konzern das Ergebnis 2018/19, insbesondere das des 2. Quartals, massiv belastet sein wird. Ohne diesen außerordentlichen Effekt sollte das operative Ergebnis der ersten sechs Monate des laufenden Geschäftsjahres in etwa auf dem Niveau der 1. Jahreshälfte 2017/18 zu liegen kommen.
Wesentlich schwieriger in der Einschätzung stellt sich das 2. Halbjahr 2018/19 dar, da spätestens in diesem Zeitraum maßgebliche negative Effekte aus handelspolitischen Lenkungsmaßnahmen zumindest einzelner Länder nicht mehr auszuschließen sind. Darüber hinaus stellt sich spätestens dann auch die Frage nach der Dauer der aktuellen Hochkonjunkturphase, deren Wurzeln noch in das Jahr 2016 zurückreichen.
Trotz dieser Unwägbarkeiten in der 2. Hälfte des Geschäftsjahres 2018/19 sollten EBITDA und EBIT für das Gesamtjahr in etwa auf dem Niveau des Vorjahres zu liegen kommen. Dies unter der Annahme, dass die negativen Effekte der Hochofen-Großreparatur durch positive Effekte aus dem konjunkturellen Nachziehen einzelner Branchen (Eisenbahn-Infrastruktur, Öl- und Gassektor) überwiegend kompensiert werden können und sich die Auswirkungen internationaler handelspolitischer Maßnahmen in Grenzen halten. Ergebnisstabilisierend sollten sich auch die erfolgreichen Hochlaufprozesse von Großanlagen in den letzten zwölf Monaten auswirken (Drahtstraße Österreich; Automobil-Komponentenwerke USA, Mexiko, China; HBI-Anlage USA etc.).
Linz, 25. Mai 2018
Der Vorstand
Wolfgang Eder
Herbert Eibensteiner
Franz Kainersdorfer
Robert Ottel
Franz Rotter
Peter Schwab
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