Forschung und Entwicklung (F&E) ist ein zentrales Element der nachhaltigen Unternehmensstrategie der voestalpine. Die Forschungsausgaben (Berechnungsbasis „Frascati Manual“) stiegen in den letzten Jahren kontinuierlich an. Im Geschäftsjahr 2017/18 betrugen die Ist-Aufwendungen 152,1 Mio. EUR. Das um 13,4 % höhere Budget von 172,5 Mio. EUR für das Geschäftsjahr 2018/19 spiegelt die hohe Wertigkeit von F&E im Konzern wider.
Forschungsaufwendungen des voestalpine-Konzerns
Mio. EUR, Brutto-F&E-Aufwendungen (ohne F&E-Anlageninvestitionen)
Die Forschungsaktivitäten sind auf den langfristigen Ausbau der Qualitäts- und Technologieführerschaft – insbesondere in den definierten Wachstumsbranchen Mobilität und Energie – sowie darüber hinaus auf die weitere Prozessoptimierung in Bezug auf Energie- und Rohstoffeffizienz sowie eine kontinuierliche Verringerung der Emissionen ausgerichtet.
Im Vordergrund steht dabei die ganzheitliche Betrachtung von Produkten und Prozessen, d. h. der gesamte Produktlebenszyklus von den Rohstoffen über die Fertigung bis hin zur Wiederverwertung.
Durch die Entwicklung neuer, bei gleichzeitig laufender Verbesserung bestehender Stahlqualitäten strebt der voestalpine-Konzern auch eine nachhaltige Erhöhung der Energieeffizienz und damit eine Reduktion der Umweltbelastung in Bezug auf die Endprodukte an. Dies gilt im Automobil- sowie Flugzeugbau, wo damit bei permanent steigender Produktqualität Gewicht und sohin CO2-Emissionen erheblich reduziert werden können. Dies gilt aber genauso auch für neue Anwendungen am Energiesektor, sowohl im konventionellen Bereich als auch bei erneuerbaren Energieträgern.
Im voestalpine-Konzern wird traditionell konsequent an der Weiterentwicklung der Prozesse in Richtung einer schrittweisen Dekarbonisierung der Stahlproduktion gearbeitet. Vorerst über „Brückentechnologien“ vor allem auf Basis von Erdgas, wie etwa in der neuen Direktreduktionsanlage in Texas, USA, strebt die voestalpine den Ersatz von Kohle durch alternative Energieträger in der Stahlerzeugung an. Ein langfristiges Ziel ist dabei die Weiterentwicklung in Richtung Direktreduktion auf Wasserstoffbasis anstelle von Erdgas. In diesem Zusammenhang wird derzeit am Stahlstandort Linz, Österreich, eine Wasserstoff-Elektrolyse-Versuchsanlage errichtet, um die Technologie und ihre Potenziale für die Stahlherstellung auf Wasserstoffbasis zu erforschen.
Parallel zur Entwicklung neuer Produktionsverfahren werden die bestehenden Prozesse im Hinblick auf Ressourcenschonung und Umweltverträglichkeit laufend weiterentwickelt. Dazu zählen Projekte, um den Einsatz von Primäreinsatzstoffen zu reduzieren, den Wasserverbrauch zu senken oder anfallende Reststoffe wie Schlacken und Stäube umweltverträglich weiter zu verwerten.
Die rasch voranschreitende Digitalisierung trägt immer stärker dazu bei, die Effizienz und Qualität der Prozesse weiter zu erhöhen. Forschung & Entwicklung ist ein wesentlicher Teil der Digitalisierung und umgekehrt. An Themen wie modellbasierten Regelungen und lernfähigen Systemen wird intensiv geforscht, gleichzeitig werden Anwendungen laufend in die Praxis umgesetzt. So etwa in Form des weltweit ersten voll digitalisierten Drahtwalzwerkes am österreichischen Stahlstandort Leoben/Donawitz, das nach der Inbetriebnahme im Vorjahr inzwischen sehr erfolgreich im Normalbetrieb läuft. Der „voestalpine Digitalisierungstag“, ein zweitägiges hochkarätiges Symposium mit internationalen Expertenvorträgen, brachte neue Informationen und erweiterte Sichtweisen zum aktuellen Industriethema Nr. 1. Dabei wurden in Workshops auch zahlreiche interne Projekte vorgestellt, die einmal mehr deutlich machten, wie stark das Thema Digitalisierung im Konzern bereits verankert ist.
Mobilität, das Kernsegment der voestalpine, war auch das Thema der „voestalpine Synergieplattform“, die in diesem Geschäftsjahr bereits zum elften Mal stattfand. Externe Fachleute stellten dabei heuer Aspekte zukünftiger Mobilität und Mobilitätskonzepte vor, interne Experten zeigten anhand zahlreicher Beispiele, in welch breiter Form Mobilität heute ein Treiber für Innovationen im voestalpine-Konzern ist.
Im Bereich Automotive stellen Leichtbau und E-Mobilität die strategischen Wachstumsfelder dar. Für den Karosserie-Leichtbau werden zum einen die höchstfesten Stähle mit außergewöhnlicher Umformbarkeit im Kaltumformbereich, zum anderen die unterschiedlichen Warmumformprozesse auf Basis „phs-Technologie“ weiterentwickelt. Dabei trägt die in der voestalpine vorhandene Multimaterialkompetenz wesentlich zu einem gleichermaßen umfassenden wie zukunftsweisenden Verständnis des zentralen Begriffes „Leichtbau“ bei.
Als eine weitere Technologie der Zukunft erhält die additive Fertigung auf Metallbasis im voestalpine-Konzern einen rapide wachsenden Stellenwert. Die dafür benötigten High-Tech-Stahlpulver werden bei voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH & Co KG in Kapfenberg, Österreich, und bei Uddeholms AB in Hagfors, Schweden, entwickelt – und zwar für den Einsatz der Technologie bei externen Kunden ebenso wie für die voestalpine Additive Manufacturing Centers in Düsseldorf, Deutschland, Singapur und Toronto, Kanada. In einem divisionsübergreifenden Projekt wird aktuell die gesamte Prozesskette von der Pulverherstellung über das Design bis zur Produktnachbearbeitung im Detail analysiert. Das Ergebnis wird als Basis für eine Fokussierung auf die erfolgversprechendsten Anwendungsmöglichkeiten dienen.
Im rasch wachsenden Sektor der Elektromobilität wurde die absolute Innovation „compacore®“ umgesetzt. Sie verbindet einmal mehr die divisionsübergreifende Material- und Verarbeitungskompetenz des voestalpine-Konzerns, indem von der Steel Division produziertes Elektroband der neuesten Generation (isovac®) am deutschen Standort Nagold der Metal Forming Division nach einem neuen Verfahren zu inline verklebten Elektrobandpaketen verarbeitet wird, die den Bau hocheffizienter und leiser Elektromotoren ermöglichen. Im März 2018 erhielt die voestalpine dafür den österreichischen Staats-Sonderpreis VERENA, der für zukunftsweisende Innovationen im Bereich Energieeffizienz vergeben wird.
In der Metal Engineering Division liegt nach dem erfolgreichen Abschluss des digitalen Megaprojekts „neue Drahtstraße“ ein weiterer digitaler Forschungsschwerpunkt in der Optimierung des Gesamtsystems Eisenbahnweiche. Um Störungen und Wartungsarbeiten zu reduzieren, wird aktuell die „intelligente“ Weiche „i-switch“ entwickelt. Dahinter steht ein System, das sowohl die sichere Fernsteuerung und -kontrolle der Weiche als auch eine vorausschauende Zustandsdiagnose mit entsprechender Wartungsplanung ermöglicht.
Der „voestalpine Stahlforschungspreis“ wurde in diesem Geschäftsjahr zum zweiten Mal verliehen. Aus 23 hochqualitativen Dissertationen, die sowohl von internationalen als auch nationalen Bewerbern eingereicht wurden, gingen zwei voestalpine-Mitarbeiter als Gewinner hervor. Ihre Arbeiten zu den Themen „Verformung und Bruch von modernen, hochfesten Multiphasenstählen“ (Marianne Kapp, voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH & Co KG) und „Untersuchung der Auswirkungen einer Weichen Zone auf die Festigkeitseigenschaften von hochfesten Schweißverbindungen“ (Wilhelm Maurer, voestalpine Stahl GmbH) wurden als gleich exzellent bewertet.
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