Das wirtschaftliche Umfeld des Geschäftsjahres 2016/17 war noch stärker als die Jahre davor von politischen Ereignissen geprägt. So kam es – abgesehen von den anhaltenden militärischen Auseinandersetzungen im Mittleren Osten, allen voran dem Krieg in Syrien mit den daraus resultierenden Migrationsströmen und dem IS-Terror in Europa – zunehmend auch in arrivierten Ländern zu unerwarteten politischen Entwicklungen wie etwa dem Brexit-Votum in Großbritannien, der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA oder der Errichtung eines Präsidialsystems in der Türkei.
Auf ökonomischer Ebene war neben dem zunehmenden Aufbau von Handelshemmnissen in Verbindung mit sich verstärkenden protektionistischen Ambitionen in immer mehr Ländern der Welt auch die Änderung der Fiskalpolitik der US-Notenbank FED (Federal Reserve) ein einschneidendes Ereignis, die im abgelaufenen Geschäftsjahr schrittweise zu einer Normalisierung der Zinspolitik zurückkehrte.
In Summe wuchs die Weltwirtschaft im Kalenderjahr 2016 um rund 3 %, wobei die Wachstumstreiber in Asien zu finden waren, während die entwickelten Volkswirtschaften ihren eher überschaubaren Wachstumstrend weiter fortsetzten.
Europa
2016 war Europa wirtschaftlich durch einen moderaten Wachstumstrend geprägt, der sich zu Jahresbeginn 2017 weiter beschleunigt hat und damit für das Geschäftsjahr 2017/18 ein eher solides makroökonomisches Umfeld erwarten lässt.
2016/17 war das Wirtschaftswachstum in Europa insgesamt gesehen überwiegend vom privaten Konsum getragen, der das gesamte Jahr hindurch von niedrigen Energiepreisen (Ölpreis), einer insgesamt moderaten Inflation sowie von sinkenden Arbeitslosenzahlen gestützt wurde.
Die Investitionstätigkeit trug vergleichsweise deutlich weniger zum insgesamt erfreulichen Wirtschaftswachstum bei. Einerseits bestanden im letzten Jahr in vielen Industriebereichen nach wie vor freie Kapazitäten, die Investitionen in neue Anlagen nicht notwendig machten, andererseits liegt der Fokus im Industriebereich nach wie vor in erster Linie eher auf Effizienzsteigerungen als Erweiterungsinvestitionen. Dieser Trend spiegelt sich auch in der im letzten Jahr unverändert schwachen Kreditnachfrage aus dem Industriebereich wider. Damit konnte auch die Beibehaltung der extrem expansiven Fiskalpolitik der Europäischen Zentralbank keine Anreize für Investitionen liefern und somit keine Stimulierung des Wachstums erreichen.
Diese Niedrigzinspolitik hat in Europa jedoch zu einem Abbau der Verschuldungsquote in einer Reihe von Staaten geführt, was eine etwas expansivere Fiskalpolitik auf nationaler Ebene erlauben würde. Tatsächlich haben im Geschäftsjahr 2016/17 die Ausgaben der öffentlichen Hand das Wachstum allerdings nur in bescheidenem Umfang positiv beeinflusst.
In diesem Umfeld konnte der voestalpine-Konzern von der ungebrochen hervorragenden europäischen Automobilkonjunktur sowie einer soliden generellen Nachfrage aus dem Konsumgütersektor profitieren. Auch der Luftfahrtbereich setzte seinen positiven Trend fort, wogegen die Bauindustrie eine nach wie vor nur überschaubare Dynamik zeigte. Der Bereich Eisenbahninfrastruktur war in der 2. Jahreshälfte 2016 mit einer zunehmenden Abschwächung der Nachfrage in Europa konfrontiert, die sich auch zu Jahresbeginn 2017 fortsetzte. Demgegenüber zeigte der Öl- und Gassektor nach längerer Durststrecke im Jahresverlauf Erholungstendenzen, die sich im letzten Geschäftsquartal weiter verstärkt haben.
Nordamerika
Nachdem sich bereits gegen Ende des Geschäftsjahres 2015/16 Anzeichen einer Verlangsamung der Wirtschaftsdynamik in Nordamerika verdichtet hatten, konnte das Bruttoinlandsprodukt der USA 2016 nur mehr um vergleichsweise moderate 1,6 % zulegen.
Vor allem der anhaltend niedrige Ölpreis und bis zur Mitte des Geschäftsjahres rückläufige Rohstoffpreise drückten auf die Wachstumsraten der Region. Damit verbunden waren nicht nur sinkende Exporte, sondern auch Kollateraleffekte auf den Investitionsbereich und auf die Transportindustrie, wodurch sich u. a. der Eisenbahninfrastruktursektor zunächst deutlich abkühlte, um sich allerdings im späteren Verlauf des Geschäftsjahres doch wieder zu stabilisieren.
Unabhängig von dieser Entwicklung blieb der private Konsum jedoch ungebrochen stark, gestützt durch geringe Arbeitslosigkeit, anhaltend gute Arbeitsmarktdaten und damit eine gesunde Kaufkraftentwicklung, dies nicht zuletzt infolge niedriger Energiepreise.
Vor diesem Hintergrund blieb die generelle Stimmung zur Wirtschaftslage durchaus optimistisch, sie wurde durch die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten im November 2016 in der Folge sogar nochmals gesteigert, kündigte Trump doch in seinen Wahlreden ein großes Infrastrukturpaket bei gleichzeitig substanziellen Steuersenkungen an.
Doch die Unsicherheiten über deren Umfang, die Zeitschiene und die Finanzierbarkeit sowie die überraschende, signifikante Erhöhung des Militäretats führen in der Zwischenzeit zu sich mehrenden Zweifeln an der Umsetzbarkeit seiner Pläne. Wie zur Bestätigung der zunehmenden Unsicherheit kam es im 1. Kalenderquartal 2017 zu einer rückläufigen Entwicklung bei den US-Pkw-Verkäufen.
In diesem wenn auch volatilen, aber letztlich immer noch positiven wirtschaftlichen Umfeld war der voestalpine-Konzern über weite Strecken des Geschäftsjahres von der Schwäche der US-Öl- und Gasindustrie betroffen, von der allerdings in der 2. Hälfte des Geschäftsjahres dann doch deutlich positive Impulse ausgingen. Im Bereich Eisenbahninfrastruktur war die rückläufige Investitionstätigkeit im Jahresverlauf zunehmend spürbar, Gegensteuerungsmaßnahmen auf der Kosten- und Effizienzseite konnten die Auswirkungen aber letztlich in Grenzen halten. Die beiden weiteren Geschäftsbereiche im strategischen US-Fokus des voestalpine-Konzerns, Luftfahrt und Automobilindustrie, verzeichneten hingegen im Jahresverlauf eine sehr dynamische Entwicklung, Gleiches gilt für den Konsumgüterbereich, für die voestalpine vor allem im Werkzeugstahlsegment von Bedeutung.
In Kanada verlief die Wirtschaftsentwicklung im abgelaufenen Geschäftsjahr insgesamt unspektakulär, allerdings mit einer gegenüber dem Vorjahr etwas verbesserten Wachstumsdynamik, wohingegen Mexiko – ebenfalls Teil der NAFTA – zuletzt einerseits weiterhin von hohen Investitionen im Bereich der Automobil- und deren Zulieferindustrie profitieren konnte, andererseits aber doch zunehmenden Unsicherheiten im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA ausgesetzt war. Insgesamt wies Mexiko aber 2016 ein Wirtschaftswachstum von 2,3 % aus.
Südamerika
Brasilien, der für den voestalpine-Konzern wichtigste Markt Südamerikas, war zu Beginn des Geschäftsjahres 2016/17 noch voll im seit einigen Jahren herrschenden Abwärtstrend verfangen, geprägt von lahmender Inlandsnachfrage, sinkenden Rohstoffpreisen und damit verbundenen abnehmenden Exporten, die durch einen Anstieg der brasilianischen Landeswährung noch zusätzlich unter Druck gerieten. Zu diesem bereits ohnehin herausfordernden Umfeld kam überdies eine massive politische Krise, die im Laufe des Geschäftsjahres zu einer Ablöse der bis dahin regierenden Präsidentin führte.
Dieser politische Neuanfang einerseits sowie eine Mitte des Geschäftsjahres einsetzende Trendumkehr bei den Rohstoffpreisen andererseits, gepaart mit einer Entspannung auf der Währungsseite, verlangsamten den Abwärtstrend spürbar, wenngleich auch mit Ende des Geschäftsjahres eine echte Trendumkehr noch fraglich war. Die brasilianischen voestalpine-Standorte reagierten – erfolgreich – mit rigorosen Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen auf dieses äußerst herausfordernde wirtschaftliche Umfeld. Zuletzt gab es erste positive Impulse seitens der Eisenbahninfrastruktur, eine Folge der gestiegenen Rohstoffpreise, welche die brasilianischen Minen zu Investitionen in ihre Infrastruktur veranlassen.
Asien
Die kritische wirtschaftliche Entwicklung Chinas führte im Geschäftsjahr 2015/16 zu erheblicher Verunsicherung bezüglich der Zukunftserwartungen des Landes, die auch im 1. Quartal des Geschäftsjahres 2016/17 noch spürbar war. Aber bereits im Laufe des Sommers 2016 fand China nach Implementierung eines weiteren Konjunkturpakets, bestehend aus Investitionen in Bau, Infrastruktur und Immobilien, gepaart mit fiskalpolitischen Maßnahmen und einer entspannten Geldpolitik, zu gewohnten Wachstumsraten zurück.
In weiterer Folge hat sich das Wachstum verbreitert und auch die Industrieproduktion erfasst, was im Weiteren zu einer Steigerung der Exporte führte, womit im Kalenderjahr 2016 letztendlich ein solides Wirtschaftswachstum von 6,7 % erreicht werden konnte.
Gerade diese Exporte haben jedoch mittlerweile in vielen Teilen der Welt zum Aufbau von Handelsbeschränkungen geführt, ein Umstand, der als bedeutendes Risiko für Chinas weitere Entwicklung gilt und von der politischen Führung des Landes weitreichende Korrekturmaßnahmen im Bereich der Industriekapazität – allen voran der Stahlindustrie – erfordert. Solche Maßnahmen wurden auch schon vielfach angekündigt und über deren Inangriffnahme berichtet. Inwieweit sie tatsächlich umgesetzt und damit zu einer besseren Balance zwischen Angebot und Nachfrage führen werden, bleibt vorerst abzuwarten.
Die voestalpine-Standorte in China sind auf die Bereiche Eisenbahninfrastruktur, Automobilindustrie und den Konsumgüterbereich fokussiert, allesamt Industriesektoren, die im abgelaufenen Geschäftsjahr eine hervorragende Nachfragesituation vorgefunden haben.
In Indien ist der voestalpine-Konzern mit Aktivitäten im Bereich der Schweißtechnik sowie in der Erzeugung von Komponenten für den Eisenbahninfrastruktursektor vertreten und verfügt darüber hinaus über Vertriebsniederlassungen für Werkzeugstahl. Das Land gilt als einer der aussichtsreichsten Wachstumsmärkte der Zukunft und wies 2016 ein beachtliches Wirtschaftswachstum von nahezu 8 % aus, das sich auch durch eine äußerst umstrittene, groß angelegte Reform des Geldsystems nicht bremsen ließ.
Geschäftsverlauf der Divisionen
Das Umfeld der voestalpine Steel Division war im abgelaufenen Geschäftsjahr von einer sehr guten Nachfragesituation, aber gleichzeitig auch hoher Volatilität auf der Rohstoffseite geprägt, die im Bereich metallurgischer Kohle bislang nicht gekannte Ausmaße angenommen hat. Aufgrund der hohen Importmengen zu fragwürdig niedrigen Preisen bei Commodity-Stahlprodukten kam es – nachdem nahezu die gesamte übrige Welt bereits vorher entsprechende Abwehrmaßnahmen gesetzt hatte – auch in Europa zur Einführung von Anti-Dumping-Zöllen, allen voran gegen China.
Trotz dieses herausfordernden Umfeldes gelang es der voestalpine Steel Division nicht nur, eine neue Rekordmenge an Produkten abzusetzen, sondern im Jahresverlauf auch kontinuierliche Preissteigerungen durchzusetzen, am deutlichsten im 4. und damit letzten Geschäftsquartal. Hintergrund dafür war eine stabil gute Nachfragesituation in praktisch allen Marktsegmenten, wobei die Automobilindustrie einmal mehr stärkster Treiber war. Auf der Ergebnisseite bedeutete dies nach einem verhaltenen Start eine deutliche Steigerung der Quartalsergebnisse im Verlauf des Geschäftsjahres 2016/17. Vor diesem Hintergrund konnte die Division im Vergleich zum Vorjahr sowohl beim EBITDA als auch beim EBIT deutlich zulegen.
Die ehemalige Special Steel Division – mit Beginn des neuen Geschäftsjahres umbenannt in High Performance Metals Division, eine Bezeichnung, welche die Tätigkeit der Division deutlich besser beschreibt – ist traditionell sehr global aufgestellt und war dementsprechend im Geschäftsjahr 2016/17 mit unterschiedlichen regionalen Wirtschaftsentwicklungen konfrontiert, wobei sich die Nachfragesituation nach Werkzeugstählen sowie Sonderwerkstoffen insgesamt gesehen auf solidem, im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessertem Niveau darstellte. Die Marktsegmente Automobil, Konsumgüter und Luftfahrt zeigten praktisch weltweit einen soliden Bedarf, während der Maschinenbau regional unterschiedlich tendierte und aus der Öl- und Gasindustrie nach langer Durststrecke wieder erste Lebenszeichen kamen. Regional betrachtet, entwickelten sich die Märkte in den reifen Volkswirtschaften Europas und Nordamerikas solide bei insgesamt aber nur bescheidener Dynamik, während in Asien und hier insbesondere in China die Nachfrage nach Werkzeugstählen und Speziallegierungen weiter zulegte. Brasilien, der wichtigste Markt Südamerikas, auf dem die Division auch mit einem großen Produktionsstandort vertreten ist, konnte 2016 trotz leichter Aufwärtstendenzen gegen Jahresende die Rezession einmal mehr nicht abschütteln und zeigte eine entsprechend geringe Nachfragedynamik. In ergebnismäßiger Hinsicht konnte auch die High Performance Metals Division das Vorjahr deutlich übertreffen.
Die unterjährige Ergebnisentwicklung der Metal Engineering Division erscheint aufgrund sich ausgleichender interner Portfolioeffekte relativ stabil, wobei die Entwicklung der einzelnen Geschäftsbereiche durchaus unterschiedlicher Dynamik unterworfen war. Insgesamt gesehen konnte in dieser Division in ergebnismäßiger Hinsicht das Niveau des Vorjahres nicht erreicht werden, was einerseits auf einmalige positive Ergebniseffekte infolge von Konsolidierungsumstellungen in der Vergleichsperiode des Vorjahres zurückzuführen und andererseits eine Folge der anhaltend schwachen Entwicklung der Öl- und Gasindustrie im gesamten Verlauf der 1. Jahreshälfte ist. Im Bereich Eisenbahninfrastruktur verlief die Entwicklung in Europa praktisch gegengleich: Von hohem Niveau kommend verlangsamte sich die Nachfrage nach Schienen gegen Ende des Geschäftsjahres immer mehr. Im Bereich der Weichensysteme konnte diese Entwicklung durch die globale Aufstellung und insbesondere die hervorragende Nachfrage aus China kompensiert werden. Der Bereich Schweißzusatzwerkstoffe weist nach erfolgreicher Restrukturierung für 2016/17 eine deutliche Ergebnisverbesserung gegenüber dem Vorjahr aus, obwohl marktseitig noch wenig Dynamik spürbar war. Das Highlight im Geschäftsbereich Draht war die erfolgreiche Inbetriebnahme des neuen Drahtwalzwerkes; nachfrageseitig war dieses Segment von der anhaltend guten Automobilkonjunktur gekennzeichnet.
Die erfolgreiche Umsetzung der internationalen Wachstumsstrategie der Metal Forming Division spiegelt sich nicht zuletzt im kontinuierlichen Umsatz- und Ergebniswachstum wider. Damit konnte der Gewinn auch im Geschäftsjahr 2016/17 im Jahresvergleich neuerlich erhöht werden. Unterstützt wurde diese Entwicklung von einer ungebrochen starken Automobilkonjunktur insbesondere in Europa und Asien, wogegen der Markt in Nordamerika nach den Steigerungen der letzten Jahre – wenn auch auf hohem Niveau – in eine Seitwärtsbewegung überging. Der Bereich Warehouse and Rack Solutions war im abgelaufenen Geschäftsjahr von einer unverändert guten Projektlandschaft gekennzeichnet. Hervorragend verlief auch die Entwicklung im Bereich Precision Strip, der außer von einer starken Marktentwicklung vor allem von der kontinuierlichen Verbesserung seiner Marktposition profitierte. Im Geschäftsbereich Tubes and Sections hingegen verlief der Markttrend uneinheitlich. Trotz Brexit-Votums blieb die Nachfrage in Großbritannien robust, wohingegen in den westlichen europäischen Kernländern nur eine eher durchschnittliche Stimmung herrschte.
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