1.178 Millionen Euro – diesen Betrag hat der voestalpine-Konzern allein im Geschäftsjahr 2014/15 in Form von Investitionen in seine Zukunft gesteckt, mehr denn je zuvor innerhalb nur eines Jahres. Eine Ausnahme bildete dabei bloß das Jahr 2007/08, das durch die damals erfolgte 4,5-Milliarden-Euro-Akquisition von BÖHLER-UDDEHOLM einen Sonderfall darstellt.
1.178 Millionen Euro binnen zwölf Monaten für Investitionen in einem konjunkturellen Umfeld, das in Europa immer noch durch massive Nachwehen der Finanz- und Wirtschaftskrise als Folge von Lehman & Co. geprägt wird. Es ist nicht nur ein Zeichen von Stärke in einem wirtschaftlich volatilen und geopolitisch unsicheren Umfeld, sondern auch ein Zeichen von Vertrauen in die Zukunft – vor allem für unsere Kunden, unsere Mitarbeiter und unsere Aktionäre.
Anders als in der Vergangenheit ist es allerdings auch ein klares Signal dafür, dass künftig nicht mehr nur Europa unsere wirtschaftliche Heimat darstellen wird. Die voestalpine befindet sich heute vielmehr endgültig auf dem Weg von einem anerkannten europäischen Partner wichtiger Industriebereiche wie etwa der Automobilindustrie, des Maschinenbaus, der Öl- und Gasindustrie oder des Eisenbahnbaus zu einem in ihren Segmenten führenden globalen Spieler. Dies wird durch nichts besser untermauert als durch die Entwicklung der regionalen Allokation der investiven Finanzmittel über die letzten zehn Jahre: Gingen noch im Geschäftsjahr 2005/06 81 Prozent des Investitionsaufwandes an österreichische Standorte, nur 16 Prozent in die übrige Europäische Union sowie ganze 3 Prozent in andere Teile der Welt und lautete selbst 2009/10 noch das Verhältnis 75 Prozent Österreich, 20 Prozent übrige Europäische Union und 5 Prozent restliche Welt, so kam es über die letzten fünf Jahre im Zuge der strategischen Neuausrichtung des Konzerns zu einem nicht mehr zu übersehenden Paradigmenwechsel: 2014/15 erfolgte nur mehr rund die Hälfte der Investitionsausgaben in Österreich, 20 Prozent der Mittel gingen in andere Länder der Europäischen Union und fast 30 Prozent des Geldes für Investitionen flossen bereits in Länder außerhalb Europas. Dieser Trend zugunsten der internationalen Märkte wird in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen. Dies vor allem dann, wenn sich vor dem Hintergrund einer ständig restriktiver werdenden industriellen Standortpolitik in Europa, welche immer stärker die Züge einer – aus welchen Gründen auch immer – bewusst gesteuerten Entindustrialisierungsstrategie trägt, das Kostenbild einer europäischen Fertigung nicht mehr mit einer weltweit wettbewerbsfähigen Marktposition vereinbaren lässt.
Immer mehr Regionen Europas sind heute im globalen ökonomischen Spiel der Kräfte nicht mehr konkurrenzfähig. Überbordende Bürokratie, unsäglich lange behördliche Genehmigungsverfahren, eine konjunkturelle Erfordernisse negierende Arbeitszeitgesetzgebung und demotivierende Steuerquoten sind zentrale, aber keineswegs alleinige Gründe für diese Entwicklung. Noch nachdenklicher sollte stimmen, dass sowohl den politischen Entscheidungsträgern als auch generell den Menschen in Europa das Bewusstsein der Bedeutung und des Stellenwertes der Industrie als Rückgrat unseres Wohlstandes und zentralem Träger der Beschäftigung zunehmend abhandenkommt. Und es geht dabei nicht nur um die Industrie allein. Es sind vor allem die langen industriellen Wertschöpfungsketten – vom Rohstoff bis zu den Fertigprodukten in allen Lebensbereichen –, die auch für ein gesichertes Dasein vieler Dienstleistungsbereiche bis hin zu Handwerk und Gewerbe sorgen. Spediteure und Logistikunternehmen, Anlagenbauer, Zivilingenieure, Softwareentwickler, Montagefirmen, Mechatroniker … – wie viele von ihnen wird man noch brauchen, wenn die Industrie geht? Wer wird dann Forschung und Innovation tragen, Universitäten und Forschungseinrichtungen mitfinanzieren? Wer wird die Steuern zahlen, um das Dasein von Kindern und alten Menschen, die Erhaltung des Gesundheits- und Sozialsystems zu sichern, um sich Bildung und Infrastruktur, Staatsapparate und Politiker leisten zu können?
Warum sind wir in Europa nicht bereit, aus den – eingestandenen – Fehlern, die andere Länder vor uns gemacht haben, zu lernen, sondern sie vielmehr erst recht nochmals zu machen? Nicht aus den Fehlern Großbritanniens in den 1990er-Jahren, als man glaubte, mit der Geld- und Versicherungsindustrie alleine glücklich werden zu können, und nicht aus den Fehlern der USA in den letzten 20 Jahren, in denen man die traditionelle Industrie zugunsten von Internet, Smartphone und Social Media für verzichtbar erachtete. Beide Länder setzen inzwischen alles daran, den klassischen Industriebereich wieder zurückzuerobern – aus Gründen, die Stabilität, Beschäftigung, Wohlstand und Zukunftssicherung heißen.
Welchen Weg auch immer Europa letztlich gehen wird – wir sind derzeit dabei, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft der voestalpine auf Basis jedes denkbaren Szenarios zu schaffen. Sicher ist dabei jedenfalls eines: Der Weg kann nur über eine konsequente Fortsetzung unserer Strategie des wertsteigernden Wachstums auf Basis einer Top-Position in Bezug auf Innovation, Qualität und Technologie führen. Und an einem wird sich auch für die voestalpine in Zukunft nichts ändern:
Einen Schritt voraus!
Linz, 28. Mai 2015
Der Vorstand
Wolfgang Eder
Herbert Eibensteiner
Franz Kainersdorfer
Robert Ottel
Franz Rotter
Peter Schwab
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