Die weltweite Wirtschaftsentwicklung war im Geschäftsjahr 2014/15 im Wesentlichen durch eine Fortsetzung der Trends der vorangegangenen Perioden gekennzeichnet. Während die Konjunktur in Nordamerika auf stabilem Wachstumskurs blieb, zeigte Europa nach anfänglich großem Optimismus im Jahresverlauf letztlich eine volatile und insgesamt einmal mehr sehr verhaltene Entwicklung. Von den wichtigsten Emerging Markets blieb lediglich China als weiterhin verlässliche Wachstumsregion übrig, wohingegen Russland in Folge des Ukraine-Konflikts in die Rezession abglitt, Brasilien aufgrund hausgemachter Probleme quartalsweise zwischen Rezession und Stagnation wechselte und in Indien das Bemühen der neuen Regierung um eine Belebung der Wirtschaft zwar spürbar wurde, aber noch zu keinen wirklich zählbaren Ergebnissen führte.
Wesentlichste überregionale Entwicklungen im abgelaufenen Geschäftsjahr waren zum einen erhebliche Verschiebungen im globalen Wechselkursgeflecht mit einem generell stärker werdenden US-Dollar und einer Abschwächung von Yen, Renminbi und Euro und zum anderen massiver Druck auf viele Rohstoffpreise, allen voran den Erz- und Ölpreis. Diese Entwicklung begünstigte zwar einerseits unerwünschte deflationäre Tendenzen, gerade der niedrige Ölpreis lässt jedoch auch andererseits weltweit positive Auswirkungen auf den Konsum und damit wirtschaftswachstumsstimulierende Auswirkungen erwarten.
Europa
Europa startete zunächst mit wirtschaftlichem Rückenwind in das Geschäftsjahr 2014/15. Zu einem in einer Reihe von Ländern sich verbessernden privaten Konsumumfeld kamen zu Jahresbeginn erstmals seit Langem wieder merkbare Belebungstendenzen im Bereich der Bauindustrie, die jedoch bereits im Verlauf der 1. Jahreshälfte zum Teil wieder verflachten. Über den Sommer kam es in der Folge nicht zuletzt aufgrund der Eskalation der Entwicklungen in der Ukraine mit den darauffolgenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen insgesamt zu einer deutlichen Abkühlung der europäischen Konjunktur. Im Herbst folgte eine Phase erhöhter konjunktureller Volatilität, die gegen Ende des Kalenderjahres 2014 in eine moderate Wachstumsbelebung überging. Getragen wurde diese positive Entwicklung in erheblichem Umfang einmal mehr vom privaten Konsum, während die Investitionstätigkeit in Europa – so wie alles in allem das gesamte Geschäftsjahr 2014/15 über – schwach blieb. Dies nicht zuletzt als direkte Folge der immer noch hohen Verschuldung der öffentlichen Haushalte einer Reihe von Ländern sowie anhaltend gedämpfter Exporte aufgrund einer schwächelnden Entwicklung in vielen ehemaligen Wachstumsregionen (Emerging Markets).
Gegen Jahreswechsel kündigte die Europäische Zentralbank ein erweitertes Programm zum Ankauf von Anleihen an („Quantitative Easing“), um der Gefahr einer zu langen Phase niedriger Inflation und damit sich verstärkenden deflatorischen Tendenzen zu begegnen. Diese wirtschaftsstimulierende Maßnahme wirkte sich unmittelbar positiv auf die Konjunkturentwicklung aus. In Verbindung mit einem gegenüber den restlichen Weltwährungen, allen voran dem US-Dollar, schwächer werdenden und damit exportfördernden Euro weist Europa damit in den letzten Monaten erstmals seit Längerem wieder einen an Momentum auf breiterer Front gewinnenden Konjunkturverlauf auf. Einzig Griechenland kann nicht an die mittlerweile merkbare Erholung auch an der südlichen Peripherie Europas anschließen, in der Spanien und Portugal zunehmend positive Wachstumsentwicklungen vermelden und sich auch Italien mittlerweile stabilisiert und die Rezession verlassen hat.
In diesem Umfeld verlief die Geschäftsentwicklung für die voestalpine in Europa insgesamt durchaus zufriedenstellend, allerdings im Jahresverlauf durch erhebliche Volatilität geprägt. Während die Automobilindustrie als das wichtigste Segment des Konzerns von bereits gutem Niveau ausgehend noch weiter zulegen konnte (mit positiven Auswirkungen auf alle vier Divisionen), verebbte die anfänglich verbesserte Entwicklung der europäischen Bauindustrie im weiteren Jahresverlauf zusehends. Im Bereich der Verkehrsinfrastruktur kamen hingegen vom europäischen Eisenbahnmarkt zunehmend kräftigere Impulse, wogegen zunächst die Sanktionen im Zusammenhang mit der Eskalation der russisch-ukrainischen Auseinandersetzungen und in weiterer Folge auch der rasch verfallende Ölpreis in weiten Teilen des Energiebereiches zu einem massiven Konjunktureinbruch führten. Überwiegend schwächer, gegen Ende des Jahres 2014 aber doch mit gewissen Belebungstendenzen stellte sich auch der Maschinenbausektor dar, wogegen die Hausgeräte- und Konsumgüterindustrie das gesamte Jahr über eine weitgehend unauffällige Entwicklung genommen haben.
Nordamerika
Die Entwicklung in Nordamerika verhielt sich über weite Strecken gegengleich zu der in Europa. So hielt der positive Wachstumstrend über das gesamte Kalenderjahr 2014 an, erst mit Jahresbeginn 2015 kam es zu einer leichten Abkühlung, die aber im Wesentlichen eine Stabilisierung auf hohem Niveau darstellt.
So wurden unterjährig die Konjunkturprognosen noch mehrfach nach oben revidiert, die makroökonomischen Vorlaufindikatoren erreichten neue Höchststände und auch die Arbeitslosenrate sank kontinuierlich. In diesem Umfeld kündigte die FED (Federal Reserve, Notenbank der USA, Anm.) eine Nachdenkphase über ein mögliches Ende der Niedrigzinspolitik an. Die entsprechende Kommunikationslinie wurde gegen Ende des Kalenderjahres 2014 aber immer zurückhaltender und offener in den Interpretationsmöglichkeiten gestaltet. Der Grund dafür liegt neben den jüngst etwas gedämpften Wachstumserwartungen wohl auch in der relativen Stärke des US-Dollars gegenüber dem Euro und auch anderen Währungen seit Beginn des Kalenderjahres 2015, wodurch Exporte aus den Vereinigten Staaten zunehmend schwieriger wurden.
Die etwas gedämpfte Wirtschaftsentwicklung in den USA seit Jahreswechsel ist wohl auch geringeren Ausgaben der öffentlichen Hand und dem schlechten Wetter bzw. einem ungewöhnlich harten Winter in weiten Teiles des Landes geschuldet. Darüber hinaus hatte der weltweite Verfall des Ölpreises auf die Bundesstaaten mit intensiver Öl- und Gasförderung eine stark dämpfende Wirkung in Bezug auf die Explorationsinvestitionen.
In Summe wird das im 1. Kalenderquartal 2015 geringere Wirtschaftswachstum aber eher als vorübergehende Konsolidierungsphase denn als wirtschaftliche Trendumkehr gesehen und schon über den Sommer mit einer Rückkehr auf den seit einigen Jahren anhaltenden Wachstumskurs gerechnet.
Generell deutlich schwächer verläuft die ökonomische Entwicklung in Kanada, das aber auch in den letzten Jahren von den negativen Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise weitgehend verschont geblieben ist. Umgekehrt entwickelt sich die mexikanische Wirtschaft noch deutlich progressiver als jene der USA, getragen von einer in den letzten Jahren immer liberaleren Politik, was Mexiko derzeit zu einem echten „Hotspot“ auf der Investitionslandkarte vieler Industriebereiche macht.
Für die voestalpine bedeutete dieses nordamerikanische Umfeld eine hervorragende Startnachfrage nach Automobilkomponenten aus dem neu errichteten Werk der Metal Forming Division in Cartersville, Georgia, und eine solide Entwicklung im Bereich der Werkzeug- und Schnellarbeitsstähle der Special Steel Division, ebenfalls getrieben vom Automobilsegment, aber auch der Konsumgüterindustrie.
Anhaltend günstig verläuft weiterhin die Entwicklung im Bereich der Eisenbahninfrastruktur (Metal Engineering Division) und der Luftfahrtindustrie, wo sich die Nachfrage sowohl für Komponenten der Special Steel Division als auch der Metal Forming Division unverändert stark darstellt.
Lediglich die rückläufige Explorationstätigkeit nach Öl und Gas stellt derzeit einen Schwachpunkt in der US-Konjunkturentwicklung dar. Sie wirkte sich gegen Ende des Geschäftsjahres dämpfend auf die Entwicklung der Nahtlosrohraktivitäten der Metal Engineering Division aus.
Brasilien / Südamerika
In Brasilien setzte sich im Geschäftsjahr 2014/15 die krisenhafte Wirtschaftsentwicklung mit hoher Inflation und hohen Zinsen fort. Neben internen Problemen tragen auch die weltweiten deflationären Entwicklungen im Bereich der Rohstoffpreise zu der insgesamt schwierigen wirtschaftlichen Situation der größten Volkswirtschaft am südamerikanischen Kontinent bei. Durch die Abschottung vom Weltmarkt im Wege von Importzöllen anstelle einer grundlegenden Veränderung der strukturellen Rahmenbedingungen ist mit keiner baldigen Besserung der Wirtschaftsentwicklung zu rechnen, auch wenn gegen Ende des Kalenderjahres 2014 die Rezession technisch verlassen werden konnte und ein rudimentäres Wachstum von 0,3 % im Quartalsvergleich ausgewiesen wurde. Insgesamt wird aber auch für 2015 und 2016 für Brasilien nur mit Wachstumsraten von 1 % bis 2 % gerechnet, was für eine „Emerging Economy“ eindeutig zu wenig ist und dem enormen wirtschaftlichen Potenzial des Landes in keiner Weise gerecht wird.
Die voestalpine war in diesem Umfeld in praktisch allen Marktsegmenten mit schwierigen Rahmenbedingungen konfrontiert, konnte aber durch eine verstärkte Exportorientierung und massive Effizienzsteigerungsmaßnahmen die Ergebnisentwicklung weitgehend stabil halten.
Auch die übrigen Länder Südamerikas stellen sich in ihrer ökonomischen Entwicklung bereits seit einiger Zeit fast ausnahmslos kritisch dar, was eine bewusst zurückhaltende Investitionstätigkeit zur Folge hatte.
China / Asien
Waren makroökonomische Vorlaufindikatoren wie der chinesische PMI (Purchasing Manager Index) im abgelaufenen Jahr in den Bereich unter 50 Punkte gefallen und wurden damit Befürchtungen über bevorstehende Konjunkturschwächen der größten asiatischen Volkswirtschaft genährt, konnte China 2014 dennoch letztlich wieder ein Wirtschaftswachstum von über 7 % ausweisen. Dies nicht zuletzt aufgrund des Eingreifens der Zentralregierung vor allem im Wege einer Lockerung der Geldmarktpolitik und über neue Konjunkturprogramme. Dennoch gingen zu Beginn des Jahres 2015 die Importe zurück und auch die industrielle Entwicklung fiel im Jänner und Februar 2015 überraschend verhalten aus. Für breitere Verunsicherung sorgen vor allem fallende Immobilienpreise verbunden mit einem Rückgang der Wohnbauaktivitäten, einem der stärksten Wachstumstreiber der Vergangenheit. Während das Land selbst kaum verschuldet ist, nähren Ängste über versteckte Kreditblasen aus dem Schatten-Bankwesen die wirtschaftlichen Unsicherheiten. Bei der Beurteilung der aktuellen Lage sollte allerdings nicht übersehen werden, dass China schon in der jüngeren Vergangenheit zumeist schwach in ein neues Jahr gestartet ist, um sich dann aber immer wieder zu erholen. Für 2015 rechnen Makroökonomen daher auch weiterhin mit einem Wirtschaftswachstum im Bereich von 6 % bis eher 7 %.
Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass sich viele Branchen weiterhin durchaus positiv entwickeln. So hat das Land die USA 2014 als weltweit größten Automobilmarkt abgelöst. Die Absätze der neu errichteten voestalpine-Werke für Automobilkomponenten (Metal Forming Division) stellen sich dementsprechend günstig dar und auch der Automotive-Umsatz der Special Steel Division in China (Werkzeug- und Schnellstahl) weist auf eine insgesamt solide Nachfragesituation hin. Die Investitionen in den weiteren Ausbau der Eisenbahninfrastruktur blieben ebenfalls auf hohem Niveau, womit sich die Region für den voestalpine-Konzern entgegen der allgemein eher verhaltenen Stimmung auch aktuell weiterhin sehr positiv entwickelt.
Die Länder Südostasiens zeigten 2014 eine überwiegend dynamische Wirtschaftsentwicklung, wohingegen Japan trotz seiner exportfreundlichen Währungspolitik deutlich hinter den ursprünglichen Wachstumserwartungen zurückblieb. Die voestalpine-Aktivitäten in dieser Region sind stark auf die Special Steel Division konzentriert. Sie zeichnen sich derzeit selbst im globalen Vergleich durch das stärkste Wachstum überhaupt aus.
Indien sollte durch den Regierungswechsel in den nächsten Jahren an wirtschaftlicher Dynamik zulegen können; 2014 war allerdings noch stark durch den Übergang von der bisherigen in die neue Regierungskonstellation geprägt. Sollten sich die – generell positiven – Erwartungen in den indischen Markt erfüllen, bietet er auch für die voestalpine-Gruppe erhebliches Zukunftspotenzial.
Geschäftsverlauf der Divisionen
Die primär auf den europäischen Premium-Stahlmarkt fokussierte Steel Division profitierte zwar von einer durchaus ansprechenden Nachfrage nach hochwertigen Stahlprodukten, war aber gleichzeitig aufgrund der deflationären Rohstoffpreisentwicklung mit rückläufigen Preistrends konfrontiert. Diese Entwicklung konnte allerdings durch Mengensteigerungen einerseits und erste positive Effekte aus den 2014 beschlossenen Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen andererseits mehr als ausgeglichen werden. Das Geschäftsjahr 2014/15 zeigte damit im Vergleich zum vorangegangenen Geschäftsjahr eine deutliche Ergebnisverbesserung, wenngleich das absolute Ergebnisniveau noch weit von Vorkrisendimensionen entfernt ist.
Die Special Steel Division profitierte aufgrund ihrer globalen Aufstellung von den positiven konjunkturellen Entwicklungen in Nordamerika und Asien, wo die Nachfrage nach hochqualitativem Werkzeugstahl und Sonderwerkstoffen in den meisten Industriesegmenten auf solidem Niveau lag. Gegen Ende des Geschäftsjahres zeigte sich auch in Europa eine Marktbelebung, wodurch sich das Geschäftsjahr 2014/15 für die Special Steel Division letztlich insgesamt gesehen auch ergebnismäßig von den vergangenen Jahren positiv abhebt.
Die Metal Engineering Division konnte ihre herausragende Entwicklung der letzten Jahre einmal mehr fortsetzen, auch im Geschäftsjahr 2014/15 vor allem getragen durch eine starke Nachfrage aus Nordamerika, Europa und Asien im Segment Eisenbahninfrastruktur, gleichzeitig aber kongenial unterstützt und abgesichert durch eine vergleichbare Ergebnisentwicklung auch in den Geschäftsbereichen Draht, Nahtlosrohre und Schweißzusatzwerkstoffe.
Die Entwicklung der Metal Forming Division war im Bereich der Automobilkomponenten weiterhin durch eine sehr gute Nachfrage in Europa, aber auch an den neu errichteten Standorten in Nordamerika, Asien und Südafrika geprägt. Die Aktivitäten in den Geschäftsbereichen Spezialprofile und Präzisionsstahlband („precision strip“) waren durch ein insgesamt zufriedenstellendes globales Marktumfeld gekennzeichnet, was der noch jungen Division auch insgesamt eine anhaltend solide Entwicklung über das gesamte Geschäftsjahr 2014/15 ermöglichte.
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