Im Rückblick bleibt zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2014/15 einmal mehr vor allem die Feststellung, dass sich die Erwartungen des Jahresbeginns – nämlich der Übergang der weltwirtschaftlichen Entwicklung vom inzwischen fünfjährigen Krisenmodus in einen erstmals wieder breiten Aufwärtstrend – neuerlich nicht erfüllt haben. Abgesehen von den USA und Mexiko, einigen südostasiatischen und einzelnen europäischen Ländern blieb die Realität am Ende wie schon in den Jahren davor deutlich hinter den ursprünglichen Hoffnungen zurück.
Die Einschätzung der Entwicklung aus Sicht der voestalpine an gleicher Stelle vor genau einem Jahr kam der Wahrheit letztlich ziemlich nahe: „Trotz eines sich verbessernden ökonomischen Umfeldes wäre es aber verfrüht, bereits von einer breiten globalen Konjunkturwende zu sprechen. Es könnte aber gelingen, 2014 die Voraussetzungen für eine mittelfristige Rückkehr zu einer wieder deutlicheren Aufwärtsentwicklung der Weltkonjunktur, als dies in den letzten Jahren der Fall war, zu schaffen.“
Auch wenn inzwischen die Ölpreisentwicklung und deutliche Veränderungen im globalen Wechselkursgefüge sowie eine weitere Verschärfung des Russland-Ukraine-Konflikts und eskalierende Auseinandersetzungen in einer Reihe von Ländern des Nahen und Mittleren Ostens aktuell nicht unbedingt für zusätzliche wirtschaftliche Entspannungssignale auf internationaler Ebene sorgen, sollte sich 2015 die konjunkturelle Gesamtentwicklung doch zumindest weiter stabilisieren. Erstmals seit mehreren Jahren ist dabei wieder ein positiver Beitrag Europas zu erwarten, wo die Sanierung des Staatshaushaltes in mehreren – vor allem südlichen – EU-Mitgliedsländern ebenso zu wirtschaftlichen Belebungseffekten führt wie die Konjunkturmaßnahmen von EU-Kommission und Europäischer Zentralbank. Zusätzliche positive Impulse auf globaler Ebene sollten von der geplanten weiteren Ankurbelung der indischen Wirtschaft kommen. In Nordamerika stellt sich die Entwicklung vor allem in Mexiko anhaltend ermutigend dar, wogegen der starke Aufwärtstrend der letzten beiden Jahre in den USA im Jahresverlauf an Dynamik etwas verlieren dürfte. Die Lage in China ist durch den schwierigen Übergang von einer durch staatliche Investitionen und Interventionen geprägten zu einer konsumgetriebenen Volkswirtschaft gekennzeichnet. Nichtsdestotrotz sollte auch 2015 neuerlich ein Wachstum in einer Größenordnung von 7 % möglich sein, wenngleich zunehmend überwiegend in anspruchsvolleren Wirtschaftssegmenten als in der Vergangenheit – China beginnt sich vom Commodity-Kapitalismus zu verabschieden. Unverändert positiv dürfte die Entwicklung auch 2015 in der Mehrzahl der südostasiatischen Volkswirtschaften verlaufen, anhaltend kritisch dagegen weiterhin in Brasilien, wo zu befürchten ist, dass die Lösung der hausgemachten Probleme noch mehr Zeit als die kommenden sechs oder auch zwölf Monate in Anspruch nehmen wird. Schwer abschätzbar bleibt auch die zukünftige Entwicklung im Russland-Ukraine-Konflikt. Unabhängig von dieser werden die globalen wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Auseinandersetzung aber weiterhin eher überschaubar bleiben.
Von den Nachfrageindikationen der wichtigsten Kundenbranchen gehen für die 2. Jahreshälfte 2015 sehr unterschiedliche Signale aus: Einer weltweit – zuletzt auch einschließlich Europas – weiterhin anhaltend sehr starken Entwicklung in der Automobilindustrie steht ein erheblich verunsicherter Energiesektor gegenüber. Allerdings wurde der Preisverfall der letzten Monate vor allem im Ölbereich jüngst durch eine Konsolidierungsphase abgelöst, was für den Rest des Jahres 2015 eine gewisse Marktberuhigung bedeuten sollte. Weitgehend stabil mit unverändert günstigen Aussichten stellt sich die Lage am Alternativenergiesektor dar, wogegen der Bereich der konventionellen Energieerzeugung als Konsequenz der „Energiewende“ immer weniger Zukunftsperspektiven bietet und damit nicht nur in Europa endgültig vor massiven strukturellen Veränderungen stehen dürfte. Eine regional unterschiedliche Entwicklung prägt derzeit die Bau- und Bauzulieferindustrie: Während sich dieser Industriesektor in Europa – unterstützt nicht zuletzt sowohl durch nationale als auch EU-weite Incentive-Programme – weiter beleben dürfte, erscheint der Peak des letzten Aufschwunges nicht nur in China, sondern auch in den USA inzwischen überschritten und es mehren sich wieder einmal die Signale in Richtung „Blasenbildung“. Generell weitgehend unspektakulär verläuft die Entwicklung in der Konsumgüter-, Hausgeräte- und Elektroindustrie, wogegen der Maschinenbau in den vergangenen Monaten nach einer überwiegend schwächeren Phase im letzten Jahr vor allem in Deutschland an Dynamik wieder zugelegt hat. Von unverändert starker Nachfrage geprägt bleibt auch 2015 der Luftfahrtsektor, ebenfalls anhaltend solide verläuft die Entwicklung in der Eisenbahn-Infrastruktur, getragen vor allem von einem auf breiter Front wieder auflebenden Bedarf in Europa, einem anhaltend starken Markt in Nordamerika und einer immer noch expandierenden Bahninfrastruktur in China.
Bedingt durch die Konzentration auf anspruchsvolle Stahlqualitäten auf Basis modernster Technologie und unterstützt durch massive Kosteneinsparungs- und Effizienzsteigerungsprogramme zeichnet sich vor diesem konjunkturellen Hintergrund sowohl für die Steel Division als auch die Special Steel Division des voestalpine-Konzerns eine Vollauslastung der Kapazitäten bei stabilem bis tendenziell eher steigendem Preisniveau ab. Diese Entwicklung dürfte sich aus heutiger Sicht auch über die 1. Hälfte des Geschäftsjahres hinaus fortsetzen, sofern es an den aktuellen politischen Krisenherden nicht zu einer weiteren Eskalation kommt oder sich neue ergeben. Die sowohl von der Nachfrage als auch der Preisentwicklung her derzeit schwierige Lage im Öl- und Gasbereich sollte dabei in beiden Divisionen in hohem Ausmaß durch anderweitige Projekte weitgehend kompensiert werden können. In den nächsten Monaten etwas stärker davon betroffen dürften die mit Beginn des neuen Geschäftsjahres im Zuge einer grundlegenden Überarbeitung der wesentlichen Vertragsvereinbarungen mit dem US-Joint-Venture-Partner nicht mehr at equity, sondern voll konsolidierten – Ölfeldrohraktivitäten der Metal Engineering Division werden. Da sich an der traditionell hohen Stabilität deren übriger Geschäftsbereiche sowohl in Bezug auf Mengen als auch Preise, aber auch im neuen Geschäftsjahr nichts ändern sollte, werden die divisionalen Ergebnisauswirkungen dieser Abschwächung im Öl- und Gasbereich sehr überschaubar bleiben. Die überwiegend in der Automobilindustrie engagierte Metal Forming Division schließlich sollte im Jahresverlauf von der anhaltend starken Entwicklung dieses Industriesektors vor allem dadurch profitieren, dass die Vielzahl an Werksinbetriebnahmen an neuen internationalen Standorten durch den guten Konjunkturverlauf eine zusätzliche Unterstützung und Absicherung erfährt.
Vor diesem Hintergrund sollte der voestalpine-Konzern 2015/16 seine in den vergangenen Jahren erarbeitete führende Position sowohl in Bezug auf Technologie und Qualität als auch Effizienz und Ergebnis gegenüber seinen Wettbewerbern nicht nur verteidigen, sondern weiter ausbauen können. Dies insbesondere auch im Hinblick auf das Wirksamwerden von in den vergangenen Jahren getätigten Neuinvestitionen an einer Reihe von Standorten in allen Divisionen und die weitere konsequente Umsetzung des 900-Mio.-EUR-Ergebnisoptimierungsprogramms. Darüber hinaus führt die kompromisslose Umsetzung der seit inzwischen 15 Jahren verfolgten „Downstream-Strategie“ zur endgültigen Abkehr von den klassischen Ergebnismechanismen der Stahlindustrie zugunsten sowohl höherer als auch stabilerer Margen im anspruchsvollen Industriebereich. Für das Geschäftsjahr 2015/16 zeichnet sich auf Basis der aktuellen Konjunktursituation für den voestalpine-Konzern daher gegenüber dem abgelaufenen Jahr – jeweils vor außerordentlichen Effekten bzw. Konsolidierungsveränderungen – eine weitere Verbesserung sowohl des operativen Ergebnisses (EBITDA) als auch des Betriebsergebnisses (EBIT) ab.
Linz, 22. Mai 2015
Der Vorstand
Wolfgang Eder
Herbert Eibensteiner
Franz Kainersdorfer
Robert Ottel
Franz Rotter
Peter Schwab
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