Die Entwicklung der europäischen Stahlindustrie zeigte im Verlauf des Kalenderjahres 2018 ein zweigeteiltes Bild. War die 1. Jahreshälfte geprägt von einer exzellenten Nachfragesituation über praktisch alle wesentliche Kundensegmente hinweg, so zeigten sich in der 2. Jahreshälfte in einigen Industriesektoren deutliche Abschwächungstendenzen. Der positive Verlauf des 1. Halbjahres war geprägt durch zwei Effekte: Einerseits stieg die Stahlproduktion der europäischen Hersteller trotz unverändert hoher Importe gegenüber dem bereits sehr guten Niveau des Vorjahres nochmals leicht an, andererseits stabilisierten sich trotz rückläufiger Beschaffungskosten für Eisenerz die Stahlpreise am Spotmarkt auf hohem Niveau. Im Laufe des Sommers trübte sich die Stimmung jedoch zusehends ein. Ein wesentlicher Grund dafür war die stark nachlassende Dynamik im Automobilsektor, der insbesondere bei hochqualitativen Stahlprodukten eine signifikante Rolle spielt. Im Frühherbst wurden die Abrufe der Autohersteller als Konsequenz des neuen Abgastestverfahrens WLTP kurzfristig und teilweise sehr deutlich reduziert. Insbesondere die deutschen Autobauer mit ihrer traditionell hohen Modell- und Variantenvielfalt waren von den ab September 2018 gültigen strengeren Vorschriften massiv betroffen. Außer in der Automobilindustrie zeigten sich im Jahresverlauf auch – zum Teil erhebliche – Rückgänge bei Aufträgen aus der Hausgeräte- und Konsumgüterindustrie. In den für die Steel Division ebenfalls relevanten Segmenten Maschinenbau- und Bauindustrie verlief die Geschäftsentwicklung über das gesamte Geschäftsjahr 2018/19 hinweg auf zufriedenstellendem Niveau, wenngleich im Maschinenbau zum Jahresende einzelne Segmente ebenfalls erste Schwächezeichen zeigten. Zusätzlich zur im Jahresverlauf damit insgesamt herausfordernder werdenden konjunkturellen Entwicklung war die Stahlindustrie in Europa auch von kritischen handelspolitischen Entscheidungen betroffen. Mit dem Inkrafttreten von Importzöllen („Section 232“) zum Schutz der US-Stahlindustrie veränderten sich die internationalen Warenströme von Stahlprodukten. So wichen etwa türkische und russische Produzenten mangels ausreichend aufnahmefähigen Heimmarktes verstärkt auf den europäischen Binnenmarkt aus. Wie aus dem entsprechend hohen Einfuhrvolumen bis zum Geschäftsjahresende ersichtlich ist, zeigten weder die von der Europäischen Kommission Mitte Juli 2018 eingeführten vorläufigen, noch die endgültigen Schutzmechanismen („Safeguard Measures“) Wirkung.
Im 4. Geschäftsjahresquartal kam es zu einem signifikanten Preisanstieg bei Eisenerz mit der Folge zunehmenden Margendrucks. Grund war eine Angebotsverknappung nach einem Dammbruch bei einem brasilianischen Minenbetreiber einerseits sowie infolge eines Zyklons in Westaustralien andererseits. Gleichzeitig blieben die Auftragseingänge in der Folge in den ersten Monaten 2019 leicht unter dem sehr guten Niveau der Vorperiode.
Die Versandmengen in der Steel Division lagen im Geschäftsjahr 2018/19 aufgrund der umfassenden Erneuerung des größten Hochofens am Standort Linz, Österreich, etwas hinter dem Vorjahr zurück. Durch die mehr als dreimonatige Reparaturphase reduzierte sich die Rohstahlproduktion um etwa eine Million Tonnen. Die nachgelagerten Walzaggregate konnten mittels in den Vorperioden aufgebauten Vormateriallagern sowie externen Vormaterialzukäufen trotz erheblich komplexeren Betriebsabläufen gut ausgelastet werden.
Der Geschäftsbereich Grobblech zeigte im Geschäftsjahr 2018/19 trotz einer nach wie vor zögerlichen generellen Marktentwicklung vor allem aufgrund seiner starken Position im anspruchsvollen Segment der Tiefseepipelines eine ausgezeichnete Performance. Allerdings musste im 3. Quartal 2018/19 eine Rückstellung aufgrund möglicher negativer finanzieller Auswirkungen im Zusammenhang mit einem laufenden Ermittlungsverfahren des deutschen Bundeskartellamtes gebildet werden.
Die Direktreduktionsanlage in Corpus Christi, Texas, USA, konnte im Geschäftsjahr 2018/19 die überwiegend guten Marktbedingungen nur zum Teil nützen, da sich die Produktionsmenge infolge von Sondereffekten unter der Normalkapazität bewegte. Gründe dafür waren sowohl geplante Produktionsstillstände (programmgemäßer dreiwöchiger Wartungsstillstand im Juni) als auch ungeplante Produktionsunterbrechungen wie etwa der zweiwöchige Produktionsstopp aufgrund von Starkregen und Sturmfluten im September sowie ein kurz danach aufgetretenes Gasrohrgebrechen. Im Verlauf des 2. Halbjahres stabilisierte sich die Produktionsleistung dann zusehends.
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