Weltweit stand die Wirtschaft des 1. Halbjahres 2020/21 im Zeichen der COVID-19-Pandemie. Während es im 1. Quartal 2020/21 in den maßgeblichen Volkswirtschaften zu starken ökonomischen Einbrüchen kam, stand das 2. Quartal ganz im Zeichen einer raschen wirtschaftlichen Erholung. Global gesehen zeigten sich dabei durchaus unterschiedliche Verläufe.
Europa
Das 1. Quartal 2020/21 brachte einen wirtschaftlichen Schock, der Europa großflächig erfasste. Nahezu alle Staaten reagierten auf COVID-19 mit behördlich verordneten Lockdowns und schränkten das öffentliche Leben ein, um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen. Angesichts dieser „verordneten Wirtschaftskrise“ agierten die Regierungen rasch und brachten unterstützende Programme zum Einsatz, um eine breite Insolvenzwelle zu verhindern.
Der Aufhebung des Lockdowns gegen Ende des 1. Geschäftsquartals folgte umgehend ein starker Rebound des privaten Konsums. Zeitlich nachgelagert machte sich im 2. Geschäftsquartal auch in der Industrieproduktion eine deutliche Erholung bemerkbar.
Am stärksten von den Auswirkungen des Lockdowns betroffen war der Servicesektor. Hier ließen behördliche Einschränkungen bzw. die Angst vor COVID-19-Infektionen auch nach der Aufhebung des Lockdowns nur eine moderate Erholung zu.
Aufgrund der Unsicherheiten hinsichtlich nachhaltiger Schäden sowie der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung blieben die Investitionen über das gesamte 1. Halbjahr 2020/21 verhalten. Die Investitionsneigung sollte jedoch mittelfristig vom europäischen „Recovery Fund“ im Volumen von 750 Mrd. EUR profitieren, der auf europäischer Ebene installiert wurde.
Auch die europäische Zentralbank reagierte rasch und legte unter anderem neu ein Pandemie Asset Purchase Program (PEPP) auf, um für die Nationalstaaten trotz steigender Verschuldung finanziellen Spielraum zu schaffen.
Der Lockdown führte vielerorts zu Kürzungen oder – wie in der europäischen Automobilindustrie – auch zu wochenlangen Stillständen der Produktion. In diesem Umfeld musste der voestalpine-Konzern, der zirka zwei Drittel seines Umsatzes in Europa generiert, massive geschäftliche Einbußen hinnehmen. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen wurden in Anspruch genommen, unter denen sich insbesondere das Modell der Kurzarbeit als sehr effektiv erwies.
Zu Beginn des Sommers konsolidierte sich die Wirtschaft: Im Verlauf des 2. Geschäftsquartals belebten sich praktisch alle Märkte des voestalpine-Konzerns mit Ausnahme der Luftfahrt sowie der Öl- und Gasindustrie. Die für den Konzern primär relevante Automobilindustrie zeigte dabei einen unerwartet starken Rebound.
Nordamerika/USA
Auch in Nordamerika/USA führte die COVID-19-Pandemie im 1. Geschäftsquartal 2020/21 zu einer beispiellosen wirtschaftlichen Rezession. Anders als in Europa kam es jedoch nicht zu flächendeckenden Lockdowns. Ökonomische Stimmung und Dynamik blieben in der Folge etwas günstiger als in Europa.
Gegen Ende des 1. Quartals 2020/21 erholte sich der private Konsum relativ schnell und nachdrücklich, zudem signalisierte auch der Arbeitsmarkt eine positive Entwicklung. Kapitalgüter dagegen zeigten nur eine sehr leichte Erholung, die Industrieproduktion blieb vorerst relativ schwach.
Im Verlauf des 2. Quartals 2020/21 nahm die Erholung deutlich Fahrt auf. Insbesondere der private Konsum entwickelte sich weiterhin sehr dynamisch, gestützt von einem sich schnell erholenden Arbeitsmarkt. Auch die Bauindustrie und die Investitionen überwanden zügig ihre Tiefststände vom April.
Die direkte Unterstützung der Wirtschaft bewegte sich in Nordamerika im Vergleich zu den europäischen Kriseninterventionsprogrammen im überschaubaren Rahmen. Jedoch reagierte die FED (Federal Reserve, US-Zentralbank) mit einer massiven Lockerung der Geldpolitik, der Implementierung von Notfallkrediten und der Präsentation neuer Eckpfeiler ihrer Strategie. Neben Inflations- und Stabilitätszielen orientiert sich diese nun verstärkt auch an der Entwicklung des Arbeitsmarktes.
Für die nordamerikanischen Standorte des voestalpine-Konzerns gestalteten sich die Auswirkungen dieses Umfeldes nach Marktsegmenten unterschiedlich.
Die amerikanische Automobilindustrie stellte wie in Europa die Produktion im 1. Geschäftsquartal für einige Wochen komplett ein, fand allerdings im 2. Quartal schnell wieder ihre Dynamik. Keine Erholungstendenzen im Verlauf der Berichtsperiode zeigten die Bereiche Luftfahrt sowie Öl- und Gas. An Konsumgütern orientierte Standorte im voestalpine-Konzern waren von den wirtschaftlichen Turbulenzen über das gesamte 1. Halbjahr 2020/21 insgesamt weniger betroffen.
Südamerika/Brasilien
Brasilien als relevanteste Volkswirtschaft für den voestalpine-Konzern auf dem südamerikanischen Kontinent wurde zeitlich etwas nachgelagert von der COVID-19-Pandemie erfasst. Dementsprechend waren die Wirtschaftsentwicklung insgesamt und auch die Auslastung der brasilianischen voestalpine-Standorte zu Beginn des Berichtszeitraums noch gut. Im Verlauf des 1. Quartals kam es dann auch hier zu einem Einbruch, obwohl die brasilianische Regierung beim Management der Pandemie bemüht war, auf tiefgreifende behördliche Einschränkungen für die Wirtschaft zu verzichten. Unterstützungen von Regierungsseite für die Bevölkerung führten jedoch zu einer Abmilderung der Rezession und im Verlauf des 2. Geschäftsquartals zu einer Belebung der Wirtschaft.
Die brasilianischen Standorte des voestalpine-Konzerns waren von den Auswirkungen der Pandemie unterschiedlich stark betroffen und mussten zu Beginn die Produktion an die abgeschwächte Nachfrage anpassen. Erst gegen Ende der Berichtsperiode machten sich die Steigerungen im Verlauf des 2. Geschäftsquartals bei den Auftragseingängen bemerkbar.
Asien/China
In Asien wurde China als erstes Land bereits im vergangenen Geschäftsjahr 2019/20 von COVID-19 erfasst. Die politische Kultur des Landes erlaubte es, die Pandemie mit rigorosen Maßnahmen relativ schnell unter Kontrolle zu bringen, dies auch um den Preis massiver Einschränkungen der persönlichen Rechte der Bürger. Nach einigen Wochen kompletten Lockdowns in weiten Regionen konnte noch im vergangenen Geschäftsjahr 2019/20 damit begonnen werden, die Wirtschaft wieder koordiniert hochzufahren.
Darüber hinaus verstärkte die chinesische Zentralregierung staatliche Investitionsprogramme im Bereich Infrastruktur und Immobilienentwicklung und brachte damit die Wirtschaft rasch wieder auf Wachstumskurs. Dieser wurde auch von der chinesischen Industrie und von privaten Konsumenten umgehend aufgegriffen.
In diesem Umfeld erreichten die chinesischen voestalpine-Standorte bereits im 1. Quartal 2020/21 wieder Produktionsniveaus wie vor dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie und konnten im weiteren Verlauf des 1. Halbjahres 2020/21 weiteres Wachstum generieren.
Ein Folgeeffekt des umfangreichen Bau- und Infrastrukturprogramms war eine Rekordproduktion an Rohstahl durch die chinesische Stahlindustrie. Dementsprechend hoch war die Nachfrage nach Eisenerz am Weltmarkt. Als Folge stieg der Eisenerzpreis in einer Situation weltweit starker Rezession weiter. Diesen Trend verstärkte noch die Angst, dass es aufgrund der Pandemie zu Lieferausfällen in den Eisenerz produzierenden Regionen wie beispielsweise Brasilien kommen könnte, was sich im Verlauf der Berichtsperiode jedoch nicht bestätigte. Dementsprechend kam es gegen Ende des 1. Halbjahres 2020/21 zu einer leichten Entspannung am globalen Markt für Eisenerz.
In Summe ergab die globale gesamtwirtschaftliche Entwicklung ein ausgesprochen schwieriges 1. Quartal mit Umsatzeinbrüchen in fast allen Regionen und Segmenten. Es war gefolgt von einem 2. Quartal, das stark im Zeichen des ökonomischen Rebounds stand und in manchen Bereichen des Konzerns bereits wieder an normale Produktionsniveaus heranführte.
Einmal mehr erwies sich die breite Aufstellung des Konzerns mit dem Fokus auf technologische Nischenmärkten als Vorteil. So zeigte sich der Bereich Eisenbahninfrastruktur in der Metal Engineering Division ausgesprochen resilient. Die verringerte Frequenz der Züge während des Lockdowns wurde von den Bahnbetreibern zu Instandhaltungen genutzt.
Geradezu beflügelt hat der Lockdown den Onlinekonsum. Das Segment Warehouse & Rack Solutions, das schon bisher vom Trend zu E-Commerce profitieren konnte, erreichte neue Rekordwerte beim Auftragseingang und produzierte mit maximaler Auslastung.
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