Wirtschaftliches Umfeld und Geschäftsverlauf

      Während der Beginn des 1. Halbjahres 2021/22 noch ganz im Zeichen starker Nachholeffekte im Zuge der Erholung von der COVID-19-Krise stand, hat sich das konjunkturelle Klima im weiteren Verlauf der Berichtsperiode auf hohem Niveau stabilisiert. Trotz unverändert guten Wirtschaftswachstums sorgten der regional unterschiedliche Impffortschritt sowie immer neue Mutationen des Coronavirus über den Sommer für Verunsicherung. Verwerfungen in den Lieferketten, die insbesondere die Automobilindustrie in Europa nach wie vor belasten, verlängern die Lieferzeiten für neue Autos. Zudem kam es gegen Ende des 1. Halbjahres 2021/22 global zu einem Anstieg der Energiepreise.

      Europa

      Von gelockerten COVID-19-Restriktionen in zahlreichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union profitierten zu Beginn des Geschäftsjahres 2021/22 insbesondere der private Konsum und der Servicesektor. Die dynamische Entwicklung in den industriellen Sektoren setzte sich weiter fort, wobei die Verknappung von Vormaterial – insbeson­dere von Halbleiter-Elektronikbauteilen – die Entwicklung in der Automobilindustrie stark einbremste. Die erwartete Verbesserung der Situation über den Sommer 2021 trat nicht ein und gegen Ende der Berichtsperiode stellte sich die Situation unverändert kritisch dar. Damit war die europäische Automobilindustrie nicht in der Lage, die aktuell hohe Marktnachfrage nach Automobilen vollständig zu bedienen.

      In diesem Umfeld konnte der voestalpine-Konzern an den positiven Aufwärtstrend anknüpfen, der bereits im letzten Geschäftsjahr eingesetzt hatte. Günstig entwickelten sich zudem erstmals seit Ausbruch der COVID-19-Krise die Auftragseingänge aus der Luftfahrtindustrie. Lediglich die Automobilindustrie zeigte aufgrund der Zulieferprobleme bei Bauteilen eine verhaltene Performance.

      Nordamerika

      In Nordamerika setzte sich der kräftige Aufschwung zum Ende des letzten Geschäftsjahres auch im 1. Halbjahr 2021/22 fort. Allerdings flaute die ausgeprägte Dynamik zu Beginn des Geschäftsjahres über den Sommer etwas ab. Das Auftreten neuer Coronavirus-Mutationen dämpfte die Entwicklung in einigen Servicesektoren. Insgesamt blieben aber sowohl die Industrieproduktion als auch der private Konsum und die Entwicklung am Arbeitsmarkt positiv. Anders als in Europa hat die US-Notenbank (Fed; Federal Reserve) angesichts steigender Inflation eine Verlangsamung der expansiven Geldmengenpolitik sowie steigende Zinsen in Aussicht gestellt.

      Der voestalpine-Konzern konnte in vielen Bereichen von der positiven Marktdynamik in Nordamerika profitieren. Dazu beigetragen hat, dass bis zum Ende des 2. Quartals die amerikanischen voest­alpine Automotive-Standorte deutlich weniger vom Halbleitermangel betroffen waren als die europäischen Standorte. Die steigenden Energiepreise führten zu deutlich verbesserter Nachfrage nach Material und Equipment für die Öl- und Gasindustrie. Das wirkte sich auch günstig auf die europäischen Produktionsstandorte der voest­alpine aus, wenngleich nach wie vor hohe Schutzzölle (Section 232) den Markt belasten.

      Südamerika/Brasilien

      Brasilien als bedeutendste Wirtschaftsregion für die voestalpine am südamerikanischen Kontinent konnte die insgesamt hohe wirtschaftliche Dynamik über das 1. Halbjahr 2021/22 beibehalten. Neben einer guten Inlandsnachfrage stützt auch die Entwicklung der brasilianischen Währung die wirtschaftliche Entwicklung.

      Die brasilianischen Standorte des voestalpine-Konzerns setzten in diesem Umfeld ihre positive Entwicklung fort.

      Asien/China

      China hatte die erste Welle der Pandemie bereits 2020 weitgehend überwunden. Auf neuerliche, wenn auch lokal beschränkte Ausbrüche im aktuellen Geschäftsjahr reagierten die chinesischen Behörden mit strikten Lockdown-Maßnahmen. Diese beeinträchtigten den privaten Konsum, insbesondere im Freizeit- und Servicesektor. Spürbar waren auch die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Dynamik, als China im 1. Halbjahr 2020/21 begann, die ökonomischen Stimulus-Maßnahmen aus der ersten COVID-19-Welle zurückzufahren.

      Probleme am chinesischen Immobiliensektor konkretisierten sich in der 2. Hälfte der Berichtsperiode. Sie belasteten nicht nur die Bauwirtschaft, sondern auch die damit verbundenen Industriesektoren wie etwa die chinesische Stahlindustrie. Trotz angekündigter Produktionsrücknahmen aus Gründen des Umweltschutzes lieferte die Stahlproduktion neuerlich Rekordwerte. In der Folge begannen die Behörden, über den Sommer Produktionskürzungen zu forcieren. Gegen Ende der Berichtsperiode wurden in den chinesischen Statistiken erstmals seit langer Zeit rückläufige Produktionsdaten für Rohstahl sichtbar. Mittelfristig sollte diese Entwicklung den globalen Stahlmarkt unterstützen. Zu erwarten ist, dass sich daraus stärkere Auswirkungen für die Entwicklung der europäischen voestalpine-Stahlstandorte ableiten als für die Verarbeitungsstandorte der ­voestalpine vor Ort in China.

      Energieknappheit sowie die dadurch bedingten temporär und lokal beschränkten Stromabschaltungen haben die Entwicklung der Wirtschaft in China gegen Ende des 1. Halbjahres 2021/22 beeinflusst. Davon waren zeitweise Kunden sowie vereinzelt auch voestalpine-Standorte im Automotive- und Welding-Bereich betroffen.

      Trotz der Verlangsamung der wirtschaftlichen Dynamik weist China auch in der 1. Hälfte des Geschäftsjahres 2021/22 ein positives Wirtschaftswachstum aus. Vor diesem Hintergrund verlief auch die Geschäftsentwicklung der chinesischen Standorte des voestalpine-Konzerns insgesamt erfreulich.