Wirtschaftliches Umfeld und Geschäftsverlauf

Die Wirtschaftsentwicklung über die ersten neun Monate des Geschäftsjahres 2020/21 stand weltweit im Zeichen der COVID-19-Pandemie. Insbesondere im 1. Quartal waren die maßgeblichen Volkswirtschaften mit starken ökonomischen Einbrüchen konfrontiert. Trotz einer deutlichen zweiten Welle an COVID-19-Infektionen zeigte sich im weiteren Verlauf global ein Trend der wirtschaftlichen Erholung.

Europa

Das 1. Quartal 2020/21 brachte einen wirtschaftlichen Schock, der Europa großflächig erfasste. Nahezu alle Staaten reagierten nach dem Auftreten von COVID-19 mit behördlich verordneten Lockdowns und schränkten das öffentliche Leben ein, um die Pandemie einzudämmen.

Tatsächlich konnte mit diesen Maßnahmen das Infektionsgeschehen bis Sommer deutlich gesenkt und unter gewissen Einschränkungen nahezu zur Normalität zurückgekehrt werden. Es kam umgehend zu einem starken Aufschwung des privaten Konsums und zeitlich etwas nachgelagert auch zu einer deutlichen Erholung in der Industrieproduktion.

Der Herbst brachte einen neuerlichen Anstieg der Infektionszahlen, wobei diese „zweite Welle“ die Inzidenzen vom Frühling in vielen Ländern der Europäischen Union deutlich übertraf.

Wieder reagierten die meisten Länder mit behördlich verordneten Einschränkungen der sozialen Kontakte sowie der Schließung weiter Teile des Handels und der Freizeitindustrie. Die produzierende Industrie und die Bauwirtschaft wurden – anders als beim ersten Lockdown – von den Beschränkungen nicht erfasst.

Dementsprechend wurde der Servicesektor wirtschaftlich von der COVID-19-Pandemie ungleich härter getroffen als die Industrie. Diese stand im Lockdown zu Beginn des Geschäftsjahres großen ökonomischen Herausforderungen gegenüber, konnte dann im weiteren Verlauf aber von den Aufschwungstendenzen in vielen Kundensegmenten profitieren.

Angesichts dieser behördlich verordneten Einschränkungen mit erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen handelten die Regierungen rasch mit unterstützenden Programmen, um eine breite Insolvenzwelle zu verhindern. Auch die europäische Zentralbank reagierte schnell und legte unter anderem neu ein Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) auf. Für die Nationalstaaten sollte damit trotz steigender Verschuldung finanzieller Spielraum geschaffen werden. Um Investitionen anzukurbeln, wurde auf europäischer Ebene der „Recovery Fund“ im Volumen von 750 Mrd. EUR installiert.

Der voestalpine-Konzern, der etwa zwei Drittel seines Umsatzes in Europa generiert, hatte im 1. Geschäftsquartal massive geschäftliche Einbußen hinzunehmen. Der erste Lockdown führte vielerorts zu Kürzungen oder wie in der europäischen Automobilindustrie auch zu wochenlangen Stillständen der Produktion. In diesem Umfeld hat die voestalpine staatliche Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch genommen, unter denen sich insbesondere das Modell der Kurzarbeit als hoch effektiv erwies.

Zu Beginn des Sommers konsolidierte sich die Wirtschaft schnell und im Verlauf des 2. Geschäftsquartals belebten sich praktisch alle Märkte des voestalpine-Konzerns. Im Verlauf des 3. Quartals konnte die Dynamik der Nachfrage trotz neuerlicher Lockdowns in vielen Märkten noch weiter zulegen. Ausgenommen von dieser positiven Entwicklung blieben die Luftfahrt- sowie die Öl- und Gasindustrie.

Nordamerika/USA

Auch in Nordamerika/USA führte die COVID-19-Pandemie im 1. Geschäftsquartal 2020/21 zu einer beispiellosen wirtschaftlichen Rezession. Anders als in Europa kam es jedoch nicht zu flächendeckenden Lockdowns. Ökonomische Stimmung und Dynamik blieben in der Folge etwas günstiger als in Europa.

Gegen Ende des 1. Quartals erholte sich der private Konsum relativ schnell und gewann über das Geschäftsjahr weiter an Dynamik. Erst im späteren Verlauf der Berichtsperiode – im November – schwächte sich der private Konsum wieder etwas ab.

Auch der Arbeitsmarkt begann sich ebenso gegen Ende des 1. Geschäftsquartals zu erholen und zeigte im weiteren Verlauf eine stetig positive Dynamik. Erst im Dezember 2020 zeichnete sich erstmals seit Einsetzen der wirtschaftlichen Erholung nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie ein neuerlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit ab. Besonders betroffen waren die Sparten Freizeit, Hotel und Gastronomie.

Insgesamt litt die Serviceindustrie wirtschaftlich unter der COVID-19-Pandemie deutlich stärker als der produzierende Sektor. Eine besonders robuste Entwicklung zeigte dabei die Bauindustrie.

In Nordamerika bewegte sich die direkte Unterstützung der Wirtschaft von politischer Seite – gemessen an den europäischen Programmen der Krisenintervention – im überschaubaren Rahmen und im Schatten des Präsidentschaftswahlkampfes. Erst gegen Ende der Berichtsperiode konnte eine Einigung über ein 900 Mrd. USD großes Unterstützungsprogramm erzielt werden. Die US-Zentralbank FED (Federal Reserve) reagierte hingegen frühzeitig und stellte auf Krisenmodus mit massiven Lockerungen der Geldpolitik und der Implementierung von Notfallkrediten um. Darüber hinaus präsentierte sie neue Eckpfeiler ihrer Strategie, in der neben Inflations- und Stabilitätszielen erstmals auch die Entwicklung des Arbeitsmarktes eine zentrale Rolle spielt.

Auf die nordamerikanischen Standorte des voestalpine-Konzerns wirkte sich dieses Umfeld nach Marktsegmenten unterschiedlich aus.

Die amerikanische Automobilindustrie stellte wie in Europa die Produktion im 1. Geschäftsquartal für einige Wochen komplett ein, fand allerdings im weiteren Verlauf des Geschäftsjahres schnell wieder ihre Dynamik. Keine Erholungstendenzen im Verlauf der Berichtsperiode zeigten die Bereiche Luftfahrt sowie Öl und Gas. An Konsumgütern orientierte Konzernstandorte waren von den wirtschaftlichen Turbulenzen über das gesamte bisherige Geschäftsjahr insgesamt weniger betroffen und entwickelten sich dementsprechend solide.

Südamerika/Brasilien

Brasilien als relevanteste Volkswirtschaft für den voestalpine-Konzern in Südamerika wurde zeitlich etwas nachgelagert von der COVID-19-Pandemie erfasst. Demgemäß waren die Wirtschaftsentwicklung insgesamt und auch die Auslastung der brasilianischen voestalpine-Standorte zu Beginn des Berichtszeitraums noch gut. Im Verlauf des 1. Quartals kam es auch hier zu einem Einbruch. Dabei zeigte sich die brasilianische Regierung beim Management der Pandemie bemüht, auf tiefgreifende behördliche Einschränkungen für die Wirtschaft zu verzichten. Unterstützungen von Regierungsseite für die Bevölkerung führten zu einer Abmilderung der Rezession. Im 2. Geschäftsquartal zeigte sich zusehends eine Belebung der Wirtschaft. Selbst auf die zu Ende der Berichtsperiode neuerlich stark ansteigenden COVID-19-Infektionszahlen reagierte die Politik eher mit regionalen Einschränkungen als mit flächendeckenden Lockdowns. In der Folge blieb die wirtschaftliche Dynamik auch im 3. Geschäftsquartal auf solidem Niveau.

Die brasilianischen Standorte des voestalpine-Konzerns waren von den Auswirkungen der Pandemie unterschiedlich stark betroffen und mussten zu Beginn die Produktion an die abgeschwächte Nachfrage anpassen. Die Auftragseingänge erholten sich jedoch nach dem Sommer und verbesserten sich sukzessive weiter bis zum Ende der Berichtsperiode.

Asien/China

In Asien wurde China als erstes Land bereits im vergangenen Geschäftsjahr 2019/20 von COVID-19 erfasst. Die politische Kultur des Landes erlaubte es, die Pandemie mit rigorosen Maßnahmen relativ schnell unter Kontrolle zu bringen, dies auch um den Preis massiver Einschränkungen der persönlichen Rechte der Bürger. Nach einigen Wochen kompletten Lockdowns in weiten Regionen konnte noch im vergangenen Geschäftsjahr 2019/20 damit begonnen werden, die Wirtschaft wieder koordiniert hochzufahren.

Darüber hinaus verstärkte die chinesische Zentralregierung staatliche Investitionsprogramme im Bereich Infrastruktur und Immobilienentwicklung und brachte damit die Wirtschaft rasch wieder auf Wachstumskurs. Diese Dynamik wurde auch von der chinesischen Industrie und von privaten Konsumenten umgehend aufgegriffen und so konnte China über den bisherigen Verlauf des Geschäftsjahres rezessive Tendenzen hintanhalten. Voraussichtlich wird das Land das Kalenderjahr 2020 trotz COVID-19-Pandemie insgesamt mit einem positiven BIP-Wachstum abschließen.

In diesem Umfeld erreichten die chinesischen voestalpine-Standorte bereits im 1. Geschäftsquartal wieder Produktionsniveaus wie vor dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie und konnten im Verlauf des Geschäftsjahres weiteres Wachstum generieren.

Ein Folgeeffekt des umfangreichen Bau- und Infrastrukturprogramms war eine Rekordproduktion an Rohstahl durch die chinesische Stahlindustrie. Dementsprechend hoch war die Nachfrage nach Eisenerz am Weltmarkt. Als Folge stieg der Eisenerzpreis in einer Situation weltweit starker Rezession zu Beginn des Geschäftsjahres 2020/21 weiter. Diesen Trend verstärkte noch das Risiko, dass die Pandemie zu Lieferausfällen in Eisenerz produzierenden Regionen wie Brasilien führen könnte. Diese Sorge hat sich in weiterer Folge jedoch nicht bestätigt. Dementsprechend kam es im Sommer vorerst zu einer leichten Entspannung am globalen Markt für Eisenerz, bevor im Zuge des neuerlichen Hochlaufs der Stahlindustrie in Europa und Nordamerika der Eisenerzpreis im 3. Quartal 2020/21 wieder stärker anzog.


Über voestalpine

Die voestalpine ist ein in seinen Geschäftsbereichen weltweit führender Stahl- und Technologiekonzern mit kombinierter Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Die global tätige Unternehmensgruppe verfügt über rund 500 Konzerngesellschaften und -standorte in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten. Sie notiert seit 1995 an der Wiener Börse. Mit ihren qualitativ höchstwertigen Produkt- und Systemlösungen zählt sie zu den führenden Partnern der Automobil- und Hausgeräteindustrie sowie der Luftfahrt- und Öl- & Gasindustrie und ist darüber hinaus Weltmarktführer bei Bahninfrastruktursystemen, bei Werkzeugstahl und Spezialprofilen. Die voestalpine bekennt sich zu den globalen Klimazielen und arbeitet intensiv an Technologien zur Dekarbonisierung und langfristigen Reduktion ihrer CO2-Emissionen. Im Geschäftsjahr 2019/20 erzielte der Konzern bei einem Umsatz von 12,7 Milliarden Euro ein operatives Ergebnis (EBITDA) von 1,2 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit rund 49.000 Mitarbeiter.

Fakten

50 Länder auf allen fünf Kontinenten
500 Konzerngesellschaften und -standorte
49.000 Mitarbeiter weltweit

Ergebnis GJ 2019/20

€ 12,7 Mrd.

Umsatz

€ 1,2 Mrd.

EBITDA

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