Wirtschaftliches Umfeld und Geschäftsverlauf

Das 1. Quartal des laufenden Berichtsjahres war weltweit und gesamtwirtschaftlich massiv von den Folgen der COVID-19-Pandemie geprägt. In den Medien wurde von der schwersten Rezession seit Ende des Zweiten Weltkrieges gesprochen. Der voestalpine-Konzern war in nahezu allen Marktsegmenten in allen Regionen der Erde mit deutlich abgeschwächter Nachfrage konfrontiert. Auch der Handel zwischen den Kontinenten bzw. den wesentlichen Wirtschaftsregionen kam weitgehend zum Erliegen.

In Europa wurde die Wirtschaft zu Beginn des 1. Quartals durch den staatlich verordneten Lockdown massiv in Mitleidenschaft gezogen. Während der April noch einem wirtschaftlichen Kollaps glich, begann im Mai eine langsame Erholung einzusetzen. Insbesondere der private Konsum zeigte nach Aufhebung des Lockdowns einen starken Rebound. Ganz anders gestaltete sich die Situation in der Industrie: Angesichts der Unsicherheit über nachhaltige Schäden in der Wirtschaft entwickelten sich die Investitionen auch nach dem Lockdown nur verhalten. Bei schwacher innereuropäischer Nachfrage sind auch die Exporte durch den Rückgang im Welthandel sowie die auferlegten Reisebeschränkungen eingebrochen. Die Automobilindustrie hat in Europa die Produktion im April komplett eingestellt und im Mai sukzessive wieder hochgefahren. Zu Ende des Quartals war das Produktionsniveau aus der Zeit vor dem Ausbruch der Pandemie bei Weitem nicht erreicht. Für den voestalpine-Konzern, der rund zwei Drittel seines Umsatzes in Europa generiert, bedeutet diese Entwicklung naturgemäß eine dramatische Belastung des konjunkturellen Umfelds. Vor allem der Stillstand der Automobilindustrie zu Beginn des Quartals, aber auch die generelle Schwäche im industriellen Bereich traf alle Divisionen. In der Folge musste an vielen Konzernstandorten die Produktion an die reduzierte Nachfrage angepasst werden.

Die Regierungen der Nationalstaaten reagierten rasch. Sie stellten unterschiedliche Unterstützungsprogramme für die Wirtschaft zur Verfügung, die von den europäischen Gesellschaften der voestalpine in Anspruch genommen wurden. Die wesentlichste Maßnahme aus Konzernsicht war die Einführung von Kurzarbeit in Österreich und Deutschland und ähnlicher Modelle in anderen Ländern, die eine Flexibilisierung der Personalkosten in Zeiten geringer Auslastung ermöglichte.

Auch die Europäische Zentralbank setzte weitere fiskalpolitische Stimulationsmaßnahmen in Kraft. Nach Ablauf der Berichtsperiode einigten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf ein Unterstützungspaket historischen Ausmaßes. Im Zuge dessen wurden auch die bisherigen Strukturen der nationalstaatlichen Verschuldung aufgebrochen, indem Europa erstmals gemeinsam Schulden aufnimmt und das Geld nach Bedarf zuweist.

In Nordamerika kam es im Verlauf der COVID-19-Pandemie ebenso wie in Europa zu Beginn des Geschäftsjahres zu einem deutlichen Abschwung der Wirtschaft. Gegen Ende des Quartals erholte sich der private Konsum schnell und nachdrücklich, zudem signalisierte auch der Arbeitsmarkt eine positive Entwicklung. Kapitalgüter dagegen zeigten nur eine sehr leichte Erholung und die Industrieproduktion blieb relativ schwach. Neben dem Einbruch im Welthandel herrscht zudem hohe Unsicherheit über die weitere gesamtwirtschaftliche Entwicklung.

Anders als in Europa gab es in Nordamerika keine direkte Unterstützung der Wirtschaft. Vielmehr reagierte die FED (Federal Reserve, US-Zentralbank) mit einer massiven Lockerung der Geldpolitik und der Implementierung von Notfallkrediten. Dementsprechend war zunächst der Anstieg der Asset-Preise stärker als die unmittelbare Belebung der Wirtschaft. Trotzdem blieben Stimmung und ökonomische Dynamik insgesamt besser als in Europa, weil es zu keinem kompletten Lockdown kam. Allerdings stellte die Automobilindustrie wie zuvor in Europa und China die Produktion für mehrere Wochen komplett ein.

Für die nordamerikanischen Standorte des voestalpine-Konzerns gestalteten sich die Auswirkungen dieses Umfelds nach Marktsegmenten unterschiedlich. Während die Automobilstandorte die Produktion an die reduzierte Nachfrage anzupassen hatten, waren konsumgüterorientierte Standorte weniger betroffen. Die Direktreduktionsanlage in Texas, USA, konnte die schwache nordamerikanische und europäische Nachfrage mit der Akquisition von asiatischen Kunden ausgleichen und ohne nennenswerte Mengenrücknahmen produzieren.

Brasilien als relevanteste Volkswirtschaft für den voestalpine-Konzern auf dem südamerikanischen Kontinent wurde zeitlich etwas nachgelagert von der COVID-19-Pandemie erfasst. Dementsprechend waren die Wirtschaftsentwicklung insgesamt und auch die Entwicklung der brasilianischen voestalpine-Standorte zu Beginn des Berichtszeitraums noch gut. Im Verlauf des 1. Quartals kam es dann auch hier zu einem Einbruch. Obwohl ein landesweiter Lockdown ausblieb, zwangen die abgeschwächte Nachfrage und Vorgaben der Regierung zu einer Einschränkung der Produktion. Die massive Abwertung der brasilianischen Landeswährung Real zeigt die internationale Unsicherheit über den Weg der Krisenbewältigung durch die brasilianische Regierung.

In Asien wurde China als erstes Land bereits im vergangenen Geschäftsjahr 2019/20 von der COVID-19-Pandemie erfasst. Anders als in demokratisch regierten Ländern wurde durch rigorose Maßnahmen die Pandemie relativ schnell unter Kontrolle gebracht – auch um den Preis massiver Einschränkungen der persönlichen Rechte der Bürger. Nach einigen Wochen kompletten Lockdowns in weiten Regionen konnte noch im Geschäftsjahr 2019/20 damit begonnen werden, die Wirtschaft wieder koordiniert hochzufahren. Die chinesischen voestalpine-Standorte erreichten im 1. Quartal des laufenden Geschäftsjahres wieder Produktionslevels wie vor dem Ausbruch der Pandemie. Nicht nur die industrielle Wertschöpfung und die betrieblichen Investitionen erholten sich rasch. Deutlich angestiegene Konsumausgaben im 1. Quartal belegen auch die schnell zurückgekehrte Zuversicht der chinesischen Konsumenten.

Vom generellen Lockdown in China ausgenommen war die chinesische Stahlindustrie, die ihre Produktion selbst auf dem Höhepunkt der Pandemie nicht oder allenfalls nur geringfügig reduzierte. Dementsprechend hoch war die Nachfrage nach Eisenerz am Weltmarkt. Als Folge stieg der Eisenerzpreis in einer Situation weltweit starker Rezession weiter. Diesen Trend verstärkte noch die Angst, dass es aufgrund der Pandemie zu Lieferausfällen in den Eisenerz produzierenden Regionen wie beispielsweise Brasilien kommen könnte.

In Summe ergab sich ein ausgesprochen schwieriges 1. Quartal für den voestalpine-Konzern. Regional betrachtet bot lediglich Asien mit China Normalbedingungen, während die restliche Welt die schlimmste Rezession der letzten Jahrzehnte erlebte.

Selbst in dieser Ausnahmesituation entwickelten sich einige Segmente im Konzern klar positiv . Wie bereits im Konjunkturabschwung des letzten Jahres erwies sich der Markt für Eisenbahninfrastruktur in der Metal Engineering Division als ausgesprochen resilient. Die verringerte Frequenz der Züge während des Lockdowns wurde von den Bahnbetreibern zu Instandhaltungen genutzt. Dementsprechend präsentierte sich selbst das 1. Quartal mit guten Auftragseingängen und einer vollen Auslastung der Produktion.

Geradezu beflügelt hat der Lockdown den Onlinekonsum. Das Segment Warehouse & Rack Solutions, das schon bisher vom Trend zu E-Commerce profitieren konnte, erreichte neue Rekordwerte beim Auftragseingang und produzierte mit maximaler Auslastung.


Über voestalpine

Die voestalpine ist ein in seinen Geschäftsbereichen weltweit führender Stahl- und Technologiekonzern mit kombinierter Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Die global tätige Unternehmensgruppe verfügt über rund 500 Konzerngesellschaften und -standorte in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten. Sie notiert seit 1995 an der Wiener Börse. Mit ihren qualitativ höchstwertigen Produkt- und Systemlösungen zählt sie zu den führenden Partnern der Automobil- und Hausgeräteindustrie sowie der Luftfahrt- und Öl- & Gasindustrie und ist darüber hinaus Weltmarktführer bei Bahninfrastruktursystemen, bei Werkzeugstahl und Spezialprofilen. Die voestalpine bekennt sich zu den globalen Klimazielen und arbeitet intensiv an Technologien zur Dekarbonisierung und langfristigen Reduktion ihrer CO2-Emissionen. Im Geschäftsjahr 2019/20 erzielte der Konzern bei einem Umsatz von 12,7 Milliarden Euro ein operatives Ergebnis (EBITDA) von 1,2 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit rund 49.000 Mitarbeiter.

Fakten

50 Länder auf allen fünf Kontinenten
500 Konzerngesellschaften und -standorte
49.000 Mitarbeiter weltweit

Ergebnis GJ 2019/20

€ 12,7 Mrd.

Umsatz

€ 1,2 Mrd.

EBITDA

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