Wirtschaftliches Umfeld und Geschäftsverlauf

      Europa

      Die europäische Wirtschaft war über die ersten neun Monate des Geschäftsjahres 2022/23 einer Reihe negativer Einflüsse ausgesetzt: dem Krieg in der Ukraine, den hohen Energiepreisen und hoher Inflation sowie logistischen Hindernissen und nach wie vor ungelösten Problemen in der Lieferkette. Nicht zuletzt als Folge dieser Unwägbarkeiten und der historisch starken Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank trübte sich die Stimmung im Verlauf des Geschäftsjahres zusehends ein. Im Herbst galt bei Ökonom:innen eine bevorstehende Rezession in Europa als unausweichlich. Die tatsächliche Wirtschaftsentwicklung verlor zwar im 3. Geschäftsquartal 2022/23 an Fahrt, erwies sich aber robuster als prognostiziert.

      Ungeachtet des insgesamt schwierigen makroökonomischen Umfelds sah sich die voestalpine zu Beginn des Geschäftsjahres 2022/23 einer sehr guten Nachfrage aus den meisten Marktsegmenten gegenüber. Nach der üblichen saisonalen Abschwächung über den Sommer zeichneten sich zu Beginn des 3. Quartals Rückgänge in der Nachfrage aus der Konsumgüter- und der Bauindustrie ab. Die Automobilindustrie, die immer noch mit Lieferkettenschwierigkeiten kämpfte, zeigte eine weiterhin gedämpfte, aber stabile Entwicklung. Unverändert gut stellte sich die Nachfrage nach Komponenten für die Schienenverkehrsinfrastruktur dar.

      Die Energieindustrie legte angesichts der hohen Energiepreise eine ungebrochen starke Dynamik an den Tag, was sowohl für den konventionellen wie auch den erneuerbaren Bereich galt.

      USA/Nordamerika

      Während den Beginn des Geschäftsjahres 2022/23 eine starke konjunkturelle Entwicklung bei annähernder Vollbeschäftigung prägte, trübten im Verlauf des Berichtszeitraums insbesondere die hohe Inflation und die Reaktion der US-Notenbank FED (Federal Reserve) die wirtschaftliche Stimmung.

      Die aggressive geldpolitische Straffung der FED mit steilen Zinsanhebungen führte zu einer breiten Verunsicherung. Die entschlossene Rhetorik, die Zinsen ungeachtet der Konjunkturentwicklung so lange anzuheben, bis die Inflation wieder in den Zielkorridor zurückkehrt, tat dazu ein Übriges. Historisch betrachtet hatten derartige geldpolitische Maßnahmen in den meisten Fällen eine Rezession zur Folge.

      Die Erwartung einer deutlichen Eintrübung der Wirtschaft drückte dementsprechend auf die Stimmung – nicht nur auf Seiten der Unternehmen, sondern auch im privaten Bereich, was sich in zurückhaltenderem Konsum ausdrückte.

      Dazu kamen das generell verlangsamte Wachstum der globalen Wirtschaft sowie anhaltende Probleme in den Lieferketten, die sich auch auf amerikanische Unternehmen auswirken.

      Die Performance der nordamerikanischen voestalpine-Standorte im Geschäftsjahr 2022/23 gestaltete sich auch in diesem angespannten Umfeld weitgehend positiv. Während im Konsumgüterbereich im Verlauf des Geschäftsjahres Abschwächungstendenzen spürbar wurden, entwickelte sich der Eisenbahnbereich anhaltend auf gutem Niveau. Die Nachfrage aus dem Öl- und Gassektor blieb im Berichtszeitraum ungebrochen hoch.

      Brasilien/Südamerika

      Seit längerer Zeit mit hoher Inflation und hohen Zinsen konfrontiert, entwickelte sich die brasilianische Wirtschaft über die ersten drei Quartale des Geschäftsjahres dennoch ungebrochen positiv. Sowohl die Binnenkonjunktur als auch die Exportaktivitäten zeigten sich auf gutem Niveau.

      Der Präsidentschaftswahlkampf über den Sommer hat im Zuge der großzügigen Verteilung von Unterstützungs- und Fördermaßnahmen den Konsum zusätzlich gestärkt. Nach der Wahl kam es zu keinen Tendenzen einer wirtschaftlichen Abkühlung.

      In diesem Umfeld haben die brasilianischen Standorte des voestalpine-Konzerns durchwegs gut performt. Dazu beigetragen hat insbesondere die starke Nachfrage aus dem Öl- und Gassektor, aber auch aus der Solarindustrie.

      China/Asien

      Das Wirtschaftswachstum in China hat sich im Verlauf des Geschäftsjahres deutlich eingebremst. Maßgeblichen Anteil daran hatte die „Null-COVID-Politik“, an der die chinesische Zentralregierung über weite Strecken des Geschäftsjahres festhielt. Strikte Lockdowns wurden weiträumig verhängt, um neue Ausbrüche der Pandemie zu unterbinden. In der Folge kam die Wirtschaft ganzer Regionen teilweise zum Erliegen. Diese Maßnahmen hatten nicht nur Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung in China selbst, sondern in weiterer Folge auch auf die weltweiten Lieferketten.

      Anhaltende Probleme im Immobiliensektor drückten zusätzlich auf das Wachstum, zudem bremste die sich abkühlende Weltwirtschaft die Exporte.

      Die chinesische Zentralregierung versuchte, mit wirtschaftsstimulierenden Maßnahmen entgegenzuwirken. Erst gegen Ende des Berichtszeitraums folgte eine 180-Grad-Kehrtwende in der COVID-Politik, verbunden mit der jähen Aufkündigung aller COVID-Schutzmaßnahmen. Die plötzliche Öffnung hatte eine massive Erkrankungswelle zur Folge, welche die Wirtschaftstätigkeit regional deutlich einschränkte.

      Die chinesischen Standorte des voestalpine-Konzerns waren im Berichtszeitraum von diesen Entwicklungen vor allem im Bereich Werkzeugstahl betroffen. Auch Eisenbahninfrastruktur-Projekte wurden zeitweise unterbrochen. Die Herstellung von Automobilkomponenten hingegen konnte eine gute Auslastung verbuchen.