Werkstoffentwicklungen und Produktinnovationen

Die F&E-Bereiche aller Divisionen entwickeln den Werkstoff Stahl weiter, designen neue Materialien wie z.B. Hybridwerkstoffe und schaffen Komponenten, die Langlebigkeit, Leichtigkeit, geringen Materialeinsatz und erhöhte Sicherheit gewährleisten. Leichtbau, Sicherheit und Komfort für den Anwender spielen dabei eine große Rolle.

Anwendungsbereich Automotive

Ein Schwerpunkt in der Unternehmensstrategie der voestalpine ist die Entwicklung innovativer Produkte für den Automobilbau. Der Trend geht hier in Richtung Leichtbau zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs und des CO2-Ausstoßes der Fahrzeuge. Gleichzeitig wird verbesserte Sicherheit gefordert. Komplexere Bauteile erfordern neue Werkstoffe und Verarbeitungsmethoden. Diesen Anforderungen begegnet die voestalpine mit der Entwicklung höchstfester Stähle sowie sicherheitsrelevanter Bauteile wie z.B. von Nahtlosrohren für Gurtstraffer, rotationsumgeformten Behältern für Airbags oder starken Leitschienensystemen für die Rückhaltung von LKWs auf Brücken.

Future Steel Vehicle

Die voestalpine engagiert sich seit Beginn in dem 2008 gestarteten Projekt „Future Steel Vehicle“ im Rahmen der WorldAutoSteel. 17 Stahlhersteller arbeiten daran aufzuzeigen, welches Leichtbaupotenzial moderne Stahlwerkstoffe aufweisen. Auch die Auswirkung von neuen Antriebskonzepten auf die konstruktiven Gestaltungsmöglichkeiten werden berücksichtigt. Im Projekt konnte bereits belegt werden, dass durch optimalen Einsatz moderner Stahlgüten und Verarbeitungstechnologien das Gewicht der Rohkarosserie eines Automobils um 35% gesenkt werden kann, was zu erheblichen CO2-Einsparungen führt.

AHSS HD (Advanced High Strength Steels High Ductility)-Stähle

Mit den neu entwickelten Multiphasen-Stählen für die nächsten Karosseriegenerationen (AHSS HD-Stähle) werden um bis zu 60 % bessere Umformeigenschaften erzielt. Diese bewirken bei der Kaltformung einen erheblichen Festigkeitssprung und damit erhöhte Sicherheit. Die höherfesten AHSS HD-Stähle sowie phs-ultraform (s.u.) sollen im festigkeitsrelevanten Bereich von Türen und Klappen sowie bei den sichtbaren Außenhautteilen (z.B. Seitenwänden) zum Einsatz kommen.

phs-ultraform (Press Hardening Steel)

phs-ultraform ist ein von der voestalpine entwickelter feuerverzinkter Karosseriestahl. phs-ultraform-Bauteile zeichnen sich trotz Leichtbauweise durch eine Reihe von Vorteilen aus, etwa durch höchste Festigkeit (bis 1.800 Megapascal), kathodischen Korrosionsschutz und die Möglichkeit, Platinen mit unterschiedlichsten Festigkeits- und Dickenkombinationen („tailored property parts“) zu verarbeiten. phs-ultraform leistet einen wesentlichen Beitrag zum Leichtbau und hat auch höchste Relevanz für Anwendungen im Bereich der Elektromobilität.

Schon 2003 fanden erste Versuchsreihen statt, 2008 gelang dem Entwicklungsteam der voestalpine der Durchbruch und es folgten die ersten Aufträge aus der Automobilindustrie. 21 Patentfamilien sichern das besondere Know-how der voestalpine zur Herstellung dieses innovativen Werkstoffs ab. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde phs-ultraform beim Genfer Automobil-Salon 2012 erstmals präsentiert.

Stahl-Aluminium-Hybridplatine

Leichtbau wird unter anderem durch Mischbauweise (Hybride) erreicht. Der voestalpine gelang es, eine Stahl-Aluminium-Verbindung sowie einen an diese unterschiedlichen Materialien angepassten Korrosionsschutz zu entwickeln. Damit ist die voestalpine nun in der Lage, Stahl-Aluminium-Hybridplatinen zu fertigen.

Elektroband

Elektroband ist ein Funktionswerkstoff, der unter anderem für den Aufbau von Magnetkernen in elektrischen Motoren eingesetzt wird. Wesentliche Produktmerkmale sind dabei bestmögliche elektromagnetische Eigenschaften und hervorragende Stanzbarkeit. Die laufende Weiterentwicklung der Stahlqualität zielt darauf, die Ummagnetisierungsverluste, die sich in Form von Wärme im Magnetkern unerwünscht bemerkbar machen, weiter zu senken und damit die Effizienz des Motors zu steigern. Die bei der Herstellung der Elektrobandpakete eingesetzten Isolierlacke sind dank ständiger Weiterentwicklung in Zusammenarbeit mit den Lackherstellern völlig frei von toxischen Inhaltsstoffen und erfüllen alle relevanten Umweltrichtlinien.

Zink-Magnesium-Beschichtung von Stahlband und Profilen

Zinkoberflächen werden durch eine Zulegierung von Magnesium in ihrer Korrosionsbeständigkeit stark verbessert. Dadurch wird eine Reduzierung der Schichtdicke bei gleicher Schutzwirkung möglich, d.h. der Materialeinsatz sinkt. Die voestalpine arbeitet an einer Weiterentwicklung der bereits im Bausektor üblichen Beschichtung für den Einsatz am Automobil.

Anwendungsbereich Schienen und Weichen

Die Entwicklungsarbeit der voestalpine im Bereich Schienen und Weichen zielt darauf ab, höchsten Fahrkomfort bei höchster Sicherheit des Bahnfahrwegs zu ermöglichen. Das beginnt bei der Entwicklung des Schienenwerkstoffs, um die Verschleißbeständigkeit und Bruchsicherheit zu erhöhen.

So hat die voestalpine neben kopfgehärteten Hochleistungsschienen auch die Hochleistungsschiene DOBAIN entwickelt, die aus einem wärmebehandelten Hochleistungsstahl mit spezieller mikroskopischer Struktur („bainitisches Gefüge“) gefertigt wird. Damit werden eine höhere Lebensdauer und ein geringerer Wartungsaufwand der Schiene erzielt und insgesamt die Streckensicherheit verbessert.

Weitere Entwicklungen der voestalpine sorgen ebenfalls für kürzere Wartungszeiten, weniger ausfallbedingte Stillstände und dadurch für höhere Verfügbarkeit und Sicherheit im Schienenverkehr: der inspektions- und wartungsarme Weichenverschluss Spherolock arbeitet durch seine Bauweise äußerst zuverlässig und ist rasch und einfach zu montieren; steckerfertige Weichen werden sowohl im Eisenbahn- als auch im Straßenbahnbau eingesetzt; und verbesserte Mess- und Überprüfungseinrichtungen in Weichen und am Gleis arbeiten auch bei höchsten Geschwindigkeiten zuverlässig.

Leichtbau im Schienenverkehr

Im Sommer 2011 startete die voestalpine das Projekt „Innovativer Markteintritt in den Güterwaggonmarkt“, an dem die Steel Division, die Metal Engineering Division und die Metal Forming Division gemeinsam arbeiten. Ziel war, einen Prototyp für einen Schrottwaggon aus hochfestem Stahl zu bauen und zu testen, der durch Gewichtseinsparung eine höhere Zuladung erlaubt und so Kosten und CO2-Emissionen senkt.

Mit dem Bau eines Prototyps für den „Schrottwagen light“ ist es bereits gelungen, das Gewicht des Waggons um 3.000 kg zu reduzieren. Die Zuladung des Waggons kann um eben diesen Betrag erhöht werden, was den Gütertransport insgesamt wesentlich effizienter macht. Vom Vormaterial bis zur Schweißnaht stammen alle Werkstoffe und Bestandteile des Prototyps aus dem voestalpine-Konzern.

Anwendungsbereich Energieerzeugung

Bei der Umsetzung der Energiewende – von fossilen hin zu erneuerbaren Energieträgern – spielt der Werkstoff Stahl eine tragende Rolle. In den Türmen von Windkraftanlagen kommt Stahl ebenso zum Einsatz wie in Trägerelementen für Photovoltaikanlagen oder Sonnenkraftwerke. Auch in Geothermie-Kraftwerken und konventionellen Wasserkraftwerken ist Stahl unverzichtbar. Darüber hinaus trägt die voestalpine durch die Weiterentwicklung ihrer Werkstoffe dazu bei, den Wirkungsgrad von konventionellen Kraftwerken, z.B. Dampfkraftwerken, zu erhöhen.

Windenergie

Im divisionsübergreifenden Projekt „voestalpine-Zukunftsmärkte“, zur Identifizierung und Nutzung innovativer Technologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Konzerns, wird eine Reihe von Neuentwicklungen für die Windkraft vorangetrieben. In Zusammenarbeit mit renommierten externen Partnern und Forschungseinrichtungen wurde der Prototyp eines wartungsarmen Gitterturms für Windkraftanlagen entwickelt.

Der Einsatz neuartiger Verbindungsverfahren und die Verwendung innovativer Spezialprofile sollen die hohe Wartungsintensität reduzieren, die Gittertürme bislang gegenüber anderen Bauweisen benachteiligten. Durch das neue Baukastenkonzept ergeben sich markante Vorteile in den Bereichen Transport und Logistik sowie erhebliche Materialeinsparungen, höhere Leichtigkeit, verbesserte Stabilität und eine insgesamt signifikante Erhöhung des Wirkungsgrades.

Photovoltaik

Das Photovoltaiksystem für Flachdächer iFIX wurde von voestalpine Polynorm nach intensiver Entwicklungsarbeit und dem positiven Abschluss der Testphase 2012 auf dem Solarmarkt eingeführt. Das System zeichnet sich durch optimale Bauform sowie geringsten Montageaufwand auf der Baustelle aus.

Kraftwerk 50plus

Der Wirkungsgrad von Dampfkraftwerken lässt sich durch eine Erhöhung der Betriebstemperatur und des Drucks signifikant erhöhen: Eine Steigerung um 10 % – etwa von 42 % auf 52 % – führt bei einem 750 MW-Kraftwerk zu einer Senkung des CO2-Ausstoßes um 700.000 t/Jahr, das entspricht dem Ausstoß von 350.000 dieselbetriebenen Mittelklasse-PKWs bei 15.000 km/Jahr.

Um den Wirkungsgrad der Anlagen zu steigern, sind neue, verbesserte Werkstoffe und Komponenten wesentlich, die den höheren Belastungen standhalten. Die voestalpine arbeitet seit Herbst 2010 mit der Technischen Universität Graz im Rahmen des Konzernprojekts „Kraftwerk 50plus“ an entsprechenden Entwicklungen. So werden etwa hochwarmfeste Stähle sowie Nickelbasislegierungen für den Einsatz bei Temperaturen über 700°C entwickelt. (Zum Vergleich: heute arbeiten die modernsten Anlagen bei rund 600° C.)

Acht Gesellschaften aus drei Divisionen arbeiten daran, Turbinengehäuse, Generatorwellen, Rohrleitungen und Turbinenwellen zu optimieren. Die voestalpine ist bereits in der Lage, diese hochwarmfesten Stähle prozesssicher zu fertigen. Das Material hat bereits die Schweißverfahrensprüfung bestanden, 600 MW-Generator- und Niederdruck-Wellen sind derzeit in Fertigung.

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