Washington, 31. Oktober 2013. Es ist der erste von zwei Tagen des erstmals stattfindenden „Select USA Investment Summit“. Dabei treten neben führenden Unternehmensvertretern auch die Spitzen der US-Regierung auf, von Handelsministerin Penny Pritzker über Finanzminister Jack Lew bis zu Außenminister John Kerry – und Präsident Barack Obama. Jeder einzelne Auftritt stellt für sich ein furioses Bekenntnis zum Wirtschafts-, insbesondere zum Industriestandort USA dar, motivierend, auf die eigenen Stärken und die eigene Zukunft vertrauend. Zum Beweis, dass dies nicht nur Lippenbekenntnisse sind, sondern gelebte Realität ist, führt der Präsident neben „US-Heimkehrern“ renommierte internationale Unternehmen an, die diese Stärken gerade in jüngster Zeit immer mehr zu schätzen wissen und daher in den USA investieren – auch europäische, auch die voestalpine.
Man kann zu den USA stehen, wie man will, gerade aus europäischer Sicht erscheint vieles diskussionswürdig – von zum Selbstzweck gewordenen Geheimdiensten über das Bashing der deutschen Wirtschaft ob ihrer Exportstärke bis hin zu zweifelhafter Lösungskompetenz in nationalen Grundsatzfragen wie der eigenen Staatsverschuldung –, aber eines kann man ihnen nicht absprechen: Konsequenz, wenn es darum geht, die eigene Position im globalen Spiel abzusichern, sei es auf politischer, militärischer oder eben wirtschaftlicher Ebene.
Und wie vergleicht sich Europa in diesem Spiel des bitteren Ernstes, das über die Zukunft der nächsten Generationen entscheiden wird? Politisch global bedeutungslos (allenfalls verfügen einzelne EU-Mitgliedstaaten noch über Restbestände längst verblichener Macht) und militärisch im Wege der NATO in hohem Maße fremdbestimmt, ist die Europäische Union unter ihrer aktuellen Führung am besten Wege, ihre letzte noch einigermaßen intakte Machtposition in der globalen Auseinandersetzung um die Zukunft, nämlich ihre Wirtschaftskompetenz, auch noch zu verspielen.
Einem konsequent um die Gunst von Investoren buhlenden Amerika, einem über „Abenomics“ erstmals wieder seit vielen Jahren auf breiter Front am globalen Wettbewerb teilnehmenden Japan und einem über – politisch erfolgreich gesteuerte – 7%ige Wachstumsraten immer selbstbewusster werdenden China steht eine Europäische Union gegenüber, die ihrem ökonomischen Rückgrat, der Realwirtschaft, immer weniger Raum für eine wettbewerbsfähige Zukunft lässt. Eine in immer mehr Bereichen das Machbare negierende Umwelt- und Klimapolitik, eine Energiepolitik, die diese Bezeichnung schwerlich verdient (ist doch jedes einzelne Mitgliedsland darauf erpicht, die „Klimawende“ nach eigenem Gutdünken zu definieren), Kosten der Staats- und Gemeinwesen, welche die im globalen Vergleich höchsten Durchschnittssteuersätze erzwingen – das ist nicht der Stoff, aus dem die Zukunft eines wirtschaftlich erfolgreichen Kontinents besteht. Wer allerdings glaubt, die Lösung liege in der Rückkehr zu europäischen Nationalstaaten und in einer Abschaffung des Euro, der raubt Europa von vornherein jede Zukunft – zu klein, politisch und ökonomisch zu verwundbar wäre jede einzelne Volkswirtschaft.
Viel Zeit, die weitere Entwicklung in die richtige Richtung zu lenken, besteht nicht mehr, aber noch lebt die Hoffnung, dass künftig doch wieder Menschen die Führung der Europäischen Union übernehmen, denen dieser Kontinent und seine Zukunft wirklich ein Anliegen sind.
Linz, 4. November 2013
Der Vorstand
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