der Fantasie in der Beschreibung der Konjunkturerwartungen werden derzeit von Quartal zu Quartal engere Grenzen gesetzt. Es wird immer schwieriger, dem Ausblick für die nächsten Monate Neues abzugewinnen. Zu schwer lastet in letzter Zeit das von immer wieder den gleichen negativen Themen geprägte politische und wirtschaftliche Sentiment sowohl faktisch als auch emotional auf der Konjunkturentwicklung. Dies gilt inzwischen nicht nur für Europa, sondern zunehmend auch für die Lage in anderen Wirtschaftsregionen der Welt.
Staatsschuldenkrise, Eurokrise, Wachstumskrise und Überkapazitäten sind die Schlagwörter, die die Beschreibung des aktuellen Zustandes der Wirtschaft nicht nur in Europa dominieren. Grundlegende strukturelle Probleme und nicht bloß die klassischen operativen Herausforderungen eines konjunkturellen Downturns sind es, denen sich Politik und Wirtschaft zu stellen haben. Und dabei wird es nicht mehr reichen, in bewährter – vor allem europäischer – Manier auf das Prinzip Hoffnung zu setzen.
Strukturelle Probleme sind nur durch strukturelle Veränderungen und nicht einfach durch Zuwarten und bestenfalls reaktives Verhalten lösbar. Das heißt letztlich, um bei Europa zu bleiben, möglichst rasch Klarheit darüber zu schaffen, ob Europa bereit ist, den Weg in Richtung Staatenbund, in Richtung „Vereinigte Staaten von Europa“ zu gehen oder nicht – mit allen Konsequenzen.
Genauso werden die USA zur Kenntnis nehmen müssen, dass Verschuldungsprobleme nicht mit immer mehr Schulden zu lösen sind (auch wenn dies das Credo noch so vieler Nobelpreisträger ist), und gleichermaßen werden die Schwellenländer akzeptieren müssen, dass überbordendes Wirtschaftswachstum, niedrige Inflation, billiges Geld und außenwirtschaftliche Stabilität ihrer Währungen konkurrierende Ziele sind, die einer gewissen Ausgewogenheit zueinander bedürfen.
Es geht hier nicht darum, als Unternehmen der großen Politik Vorschreibungen zu machen, aber sehr wohl darum, mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass der Stoff, aus dem die aktuelle Krisenentwicklung ist, den Nährboden für wachsenden Protektionismus und steigende Subventionsbereitschaft darstellt. Transparente Märkte und freier Wettbewerb auf globaler Basis bleiben damit auf der Strecke. Es geht auch darum, einmal mehr mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass die Industrie für ihre langfristigen Investitionen stabile und kalkulierbare Rahmenbedingungen braucht. Gibt es die nicht, werden früher oder später Arbeitsplätze, Wohlstand und sozialer Friede auf der Strecke bleiben. Und noch etwas sollte vor allem der europäischen Politik mit großem Nachdruck ins Bewusstsein gerufen werden: Nachdem bereits Staatsbudgets und Finanzsektor auf Jahre hinaus in hohem Maße Sanierungsfälle bleiben werden, sollte sie nicht die letzte verbliebene solide Säule ihrer Volkswirtschaften, die Realwirtschaft, durch ständig neue, die globale Konkurrenzfähigkeit immer stärker in Frage stellende Bedingungen und Auflagen in ihrer Existenz gefährden. Die konjunkturelle Entwicklung ist für die Unternehmen Herausforderung genug.
Linz, 7. August 2012
Der Vorstand
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